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![]() Letztens ärgerte ich mich, nicht nur über mich selbst, sondern auch ganz allgemein. Es ging diesmal nicht um die Kinder (irgendwer rief letztens aus dem Hintergrund: "Hör auf, ständig deine Kinder zu erwähnen, interessiert doch keinen." und ich rief entgegen "Mach doch selber welche, kriegste mächtig Kohle ab dem nächsten Jahr und hast immer was zum labern."), sondern um das blogdings insgesamt. Das komische, verrückte, unpraktische an diesem blogdings ist nämlich, das ist vielleicht jetzt nur mein ganz persönlicher Trend, dass man etwas schreibt oder etwas liest und Tage später denkt man, ich hab doch da was geschrieben oder gelesen, wo war das denn nur? Natürlich gibt es diese hilfreiche soziale Software, wie del.icio.us oder furl oder die Bookmarks im Browser oder so, die einem netterweise auf Zuruf beim Abspeichern dieser speichernswerten Sachen behilflich sein können, erinnern mich irgendwie immer an Karteikarten und auf dem Reiter stehen die Stichworte, irgendwie fehlt mir da noch etwas. Etwas handfestes. Gern blättere ich gedankenverloren in alten, älteren oder uralten Büchern, manchmal finde ich auch irgendwo alte Zeitschriften, die ich dann auch brav durchblättere und dabei entdecke ich so manch schöne Sache, die ich irgendwo im Denkstübchen abgespeichert und trotzdem verlegt hatte. Oft lache ich dann oder weine oder beides gleichzeitig und freue mich über das wieder gefundene Glück. Blogs sind mir da zu umständlich, vielleicht bin ich in diesem Punkt nur altmodisch, aber mir fehlt diese handfeste Durchblätterfunktion, das Papier in meinen Händen, beschmiert mit kurzen Anmerkungen, dieses leise Rascheln der Seiten, der Ärger, wenn der Jüngste mal wieder dran gekaut hat. Natürlich kann ich mich durch unendliche elektronische Archive blättern, das Zeug ausdrucken, beschmieren, zusammen heften und irgendwo hinlegen, damit ich es Jahre später wiederfinden kann, das Papier vergilbt und die Schrift verblasst (im schlimmsten Fall ist sie ganz weg, wenn ich da an meinen Low-Budget-Tintenstrahldrucker von damals denke). Perfekter wäre aber so eine Art monatliche, vierteljährliche oder halbjährliche Sammlung der dollsten Geschichten in einer Zeitschrift, meinetwegen auch in einer Taschenbuchreihe, nicht fürs Bücherregal, sondern für den Kopf, für meinen oder mehr, das wäre endlich mal ein ordentlicher Trend. Könnte einer dieser komischen A-Blogger so etwas arrangieren oder vielleicht sogar das blöggende Fußvolk? Derweil könnte ich natürlich auch zu diesem komischen Blurb’s Blog Slurper greifen, aber ob das auf Dauer meine hohen Erwartungen erfüllen kann? Ich weiß, ich rede schon wieder zu viel. Den Link zu diesem Blurbdings hab ich hier gesehen.
Your personal trendscout - 24 Stunden im Dienst In den vergangenen Tagen habe ich nicht nur meine persönliche Zeitmaschine gefunden, sondern wurde auch noch von der Liebe zum Entdecken neuer Trends sozusagen angesprungen. Voll im Trend liegend, habe ich mir gleich ein paar Visitenkarten mit der Aufschrift "le bufflon - your personal trendscout - 24 Stunden im Dienst" gedruckt, natürlich trendy bunt, mit trendy Typographie. Das überzeugt jeden. Die ersten Trends, die ich entdecken konnte, habe ich, ohne mit der Wimper zu zucken, in meinem nagelneuen Notizbuch, das praktischer Weise so klein ist, dass es wunderbar in die Arschtasche der engsten Jeans passt, ohne auszubeulen - was soll ich denn mein riesiges Notebook mit mir rumschleppen, obwohl das ja vielleicht ein neuer Trend wäre, jedenfalls könnte ich ihn dazu machen, festgehalten und gebe sie hier, sozusagen als Arbeitsprobe, zum Besten. Interpretationen sind der Phantasie der Leser überlassen, bitte beachten Sie bei der Weiterverwertung der einmaligen und absolut trendigen Trendideen die Lizenzbestimmungen dieses Blogs. Also aufgepasst: Trend Nr. 1: Hüfthosen für Damen (jetzt nicht unbedingt die mit den Speckröllchen, die sind ja, das wissen wir alle seit Heid Klums Modelldingsbums, sowas von out), aus allen Stoffen, vorzugsweise Jeans, mit integriertem Arschgeweih. Das Killerfeature schlechthin. Trend Nr. 2: Jeanshosen für Männer, teilweise im traditionellen Baggystyle (ja ich weiß, gibt es schon, aber das Killerfeature kommt noch), deren Arschtaschen locker ein bis zwei volle Flaschen Bier aufnehmen können, ohne dabei unaufhaltsam in Richtung Boden zu rutschen. Interessante Randbemerkung: Können für verschiedene Zielgruppen entwickelt werden - Verzierungen im Graffiti-Style für die Gangster aus der Hood, Runen und nordische Fahnen für dämliche Zeitgenossen, die meinen, sie seien die Nachfahren germanischer Stämme (hier sollten die Hosen eher enger geschnitten sein, auf dem Einnäher sollte "Made in Germany" stehen, auch wenn es nicht stimmt). Trend Nr. 3: Softeis mit Marihuana-flavour, wahlweise auch als Milchshake oder besser: Iced Marihuana. Die farbliche Gestaltung ist dabei besonders interessant, alles ist möglich: Grün, Rot, Braun, Schwarz. Ein langer Spaziergang im Park offenbarte mir, dem frisch gebackenem Trendscout - immer auf der Suche nach dem Kick, einen Dauertrend, von dem ich überzeugt bin, dass er das Zeug zum Dauerbrenner hat. Nicht aus der Mode scheinen junge Damen im zarten Alter der Pubertät zu kommen, die sich gern in dunkle bis schwarze Sachen hüllen, die Haare ordentlich und regelmäßig mit Henna bearbeiten und offen tragen, barfuss, egal wie das Wetter oder die Bodenbeschaffenheit auch ist, und mit nervigen Glöckchen, die irgendwo am Körper oder mitgetragenen Utensilien, vorzugsweise Militärtäschchen mit revolutiönären Aufnähern, befestigt werden, klingelnd durch die Gegend springen. Meist halten sie sich dabei an einer Flasche Rotwein und einem besonders revolutionären jungen Herren, der mindestens drei Jahre älter sein muss und mit besonders revolutionären Parolen wie "Lasst uns mal den Nazi-Klub am Akazienwäldchen in Klump hauen." aufwarten kann, fest und zitieren dabei auswendig gelernte Sprüche von Simone de Beauvoir. Ob sie dabei immer noch "Die Skeptiker" hören, bezweifle ich zwar, aber Punk liegt ja im allgemeinen immer wieder irgendwie im Trend. Leider ist mir bis heute keine trendige Bezeichnung für diese besondere Art von Jugendbewegung eingefallen, vielleicht können hier die geneigten LeserInnen weiterhelfen. Sollten vereinzelte LeserInnen indiviuelle Trends für sich und andere entdeckt haben, dürfen sie sich natürlich hoffnungsfroh an mich wenden, aber bitte nicht mit Ideen wie diesen: Kleid über der Hose tragen. Das sieht doof aus.
Black hole Man sollte Beschriftungen wie "Black hole - Schwarzes Loch", "kann zu Orientierungslosigkeit führen", "Schwierigkeitsstufe schwarz" wirklich mehr Beachtung schenken. Schön aber, wenn das Angekündigte auch tatsächlich zutrifft, der Rutsch in die dunkle Hölle einem den Atem nimmt, genau so wie die stickige, feuchte Luft, wenn man von Links nach Rechts geworfen wird und tatsächlich die Orientierung verliert, man nicht so recht weiß, ob es jetzt rauf oder runter geht, man froh ist, wenn man drei Meter tiefer ein kurzer Licht entdeckt, bevor einem ein kräftiges "Muh" im Hals stecken bleibt und man am Ende, wenn man tatsächlich wieder oben von unten unterscheiden kann, als Adrenalinbombe aus dem angenehm warmen Wasser taucht. "Mehr?" "Na klar mehr, ich hab grad ne Zeitmaschine gefunden und bin noch nicht im richtigen Alter angekommen." Am Ende des Tages ist man so Kind, dass man glatt vier oder sechs Striche auf dem Tacho weglässt und aus Trotz die Sonnenblende oben lässt, warum gerade das verscheuchen, auf das man so lange gewartet hat?
Einkaufszettel - Selter - Eier (Kann man noch welche kaufen?) - Möhren - Milch Ach, schau mal, ab 2.5. gibts beim lokalen Lidl "Irokesen-Fan-Perücken".
Montag Ich nehme mal an, am nächsten Montag wird wieder der eine oder andere Stein die Hand eines vermummten oder, noch idiotischer, nicht vermummten Idioten in Richtung zerbeulter Polizeiwanne oder behelmten Polizist verlassen, die staatlichen Ordnungshüter werden das natürlich nicht auf sich sitzen lassen und ihrerseits, ach, das kennen wir doch alles schon. Ist ja irgendwie Tradition in dieser Stadt und warum das so ist, weiß wohl keiner mehr von denen. Anstatt die sich alle mal ein anderes Hobby für den 1. Mai suchen, wie wäre es denn mit Bäumeumarmen, Grillen im Tiergarten oder meinetwegen auch mit einer friedlichen Demonstration gegen irgendetwas, Themen, denen man sich widmen könnte, ohne Steine und dann später die Beine in die Hand nehmen zu müssen, gäbe es ja genug (muss ja nicht so wie damals sein, wo sie alle diesen alten Greisen zugewunken haben, die, wahrscheinlich mit Stützkorsett, auf einer Tribüne standen und geistesabwesend zurück winkten). Wahlweise könnte man sich ja zu einem Gesprächskreis treffen und, vielleicht bei einer Grillrunde im Tiergarten oder Friedrichshain, über die Umbenennung des "Tages der Arbeit" in "Tag der verschwundenen Arbeit" oder die zusätzliche Einführung eines weiteren Feiertags am 2. Mai mit dem Titel "Internationaler Kampf- und Feiertag der Arbeitslosen", quasi als Gegenbewegung, diskutieren. Und weil der Cabman sich das so gewünscht hat, nehm ich mal jetzt diese Nelke hier und papp sie mir ins Blog (gleich drei Mal, denn alle guten Dinge, na, Sie wissen schon). Bitte schön. ![]() ![]() ![]() PS: Ein kleiner Tipp noch am Rande: In der Nacht von Sonntag auf Montag sollte der Harz großräumig umfahren werden.
1 Der Film war dann doch leider nicht ganz nach meinem Geschmack, vielleicht muss ich den aber noch zwei bis drei Mal sehen. Nur den Christian Ulmen, den fand ich gut, schon vorher. Macht der eigentlich noch Radio? 2 Mir ist erst gestern aufgefallen, wie grün die Straße geworden ist. Plötzlich strahlen die Kastanien in diesem wunderbar satten Grün, man kann getrost den Anblick kahler Baumskelette für eine Weile vergessen. Nur die Birken, die könnten wirklich weg. Das sind schon komische Bäume, lassen bei so vielen Menschen die Augen tränen und heulen selbst noch ewig, wenn man von ihnen nur noch den Stumpf übrig lässt. 3 Hier muss noch ein Wort ergänzt werden: ... trägt sein schwarzes lockiges Haar ... 4 "Die haben den verprügelt, weil er 'n' Neger ist." "Ey, Neger sagt man nicht" - Die Welt zu Gast bei ganz vielen Freunden. Deutschland sollte sich endlich mal die richtigen Werte von der Leyen. 5 Diese Schuhe, mit den riesigen Luftpolstern hinten drin, die so aussehen wie billige Plastikfedern, kann man mit denen so richtig weit springen oder besonders schnell laufen? Wir leben nicht nur in einem besonders freundlichen, sondern auch in einem äußerst sportlichen Land, wenn ich die mir so ansehe. Und die Hosen haben sie sich auch schon mit einem Gummi hochgesteckt. Gehts dabei um die Schuhe oder die weißen Tennissocken? 6 Typen mit Brille, Birkenstock-Schuhen, brauner Cordhose und FDNY-Jacke sind mir suspekt. 7 Karl Marx im Miniformat, aus dem wird was: "Papa, der Henry wünscht sich Milliarden Milliarden Millionen Euro. Dann haben doch aber die anderen Menschen nichts mehr." 8 Danke für alles. Das ist bedingungslose Liebe.
Sie [die Frauen] sind ausgelaugt, müde und haben wegen ihrer permanenten Überforderung nicht selten suizidale Fantasien Danke, Schnitzel. Warum wird in dieser Woche eigentlich ständig auf den Frauen rumgehackt? Erst werden sie als gierig und faul beschimpft und nun auch noch von einer selbsternannten Antiemanzipatorin und Hobbypsychologin (und wahrscheilich auch noch von der Leyen-Fanin) schlecht gemacht. Ich frage mich ja ehrlich, woher die ihre Erkenntnisse hat. Lernt man das beim Fernsehen?
Die fast tägliche Fahrt mit der Straßenbahn hat tatsächlich etwas entspannendes, finde ich zumindest, inzwischen habe ich meinen Lieblingsplatz gefunden, meist ist er sogar frei, wartet nur auf mich, und für mindestens eine halbe Stunde kann ich mich einem guten Buch widmen oder einfach die Gedanken fliegen lassen. So wie heute, endlich mal mit Sonne in der Nase. Schon am Hackeschen Markt fiel sie mir auf, sie war nicht unbedingt eine Schönheit, sie hatte aber etwas Interessantes an sich, vielleicht war es dieses leise Lächeln oder der freche Pony. Ich fragte mich, ob, wenn ich heute noch Single wäre und das Bedürfnis hätte, sie unbedingt kennen lernen zu wollen, eine meiner ersten Fragen „Sach mal, haste eigentlich nen Blog?“ sein dürfte. Schließlich hätte ich keine Lust, in irgendeiner Weise blogosophisch verwurstet zu werden, schon gar nicht negativ. Wer weiß, was ich über mich lesen müsste: „Heute sprach mich so ein komischer Typ an. Er war ein wenig schüchtern und erinnerte mich in seiner Art an einen leicht unsensiblen Büffel.“ Und so weiter. Danke schön. Loben wäre allerdings erlaubt. Dann dachte ich aber daran, dass man sich, man muss das ja auch mal positiv sehen, in einer romantischen Stunde und in lauschiger Rotweinlaune, auf der Couch lümmelnd, gegenseitig aus den eigenen Blogs vorlesen könnte, und war in diesem Augenblick tatsächlich sicher, dass die Frage nach einem eigenen Blog ins Standardrepertoire dieser Kennenlernfragen gehören musste. Eigentlich wollte ich dieses Thema noch weiter vertiefen, doch am Alex stieg der S. in die Bahn ein und erkannte mich zu allem Unglück auch noch. S. versuchte sich früher einmal im Immobiliengeschäft, spielte aber in einer falschen Liga und verbrannte sich am Ende tüchtig die Finger. Nun war er dazu verdonnert, kleinere Brötchen zu backen, eine Tatsache, die ihm sichtbar auf den Magen geschlagen war. Ich hörte ihm nicht zu, sondern wunderte mich mal wieder innerlich über seine Abneigung gegen jegliche Körperbehaarung. Dass er seinen eigenen Körper täglich mit einem Rasierer bearbeitet, ist seine eigene Sache, schlimmer finde ich, dass er seine häufig wechselnden Damenbekanntschaften zu selbigen Handlungen gern ermahnte, sie regelrecht zwang, und bei ihm zu viel Körperbehaarung, an der einen oder anderen Stelle des Körpers, schon ein wichtiger Trennungsgrund sein konnte. Ich erinnerte mich dabei an meinen eigenen Winterpelz, der wirklich mal wieder bearbeitet werden könnte und dachte an die Büffelin, die doch letztens tatsächlich meinte: „Kuck mal, noch ne Woche und mein Bein sieht aus wie deins.“ Mit einem Schmunzeln verabschiedete ich S. Er musste schon wieder raus, zum Glück. Trotzdem kam ich nicht dazu, mich endlich wieder der Frage nach dem eigenen Blog, die ich so gern in der ersten Kennenlernphase stellen würde, wenn ich denn noch Single wäre, zu widmen, denn es betraten zwei Schränke die angenehm leere Bahn. Zwei Schränke ohne Haare, dafür jeder mit einer Bierflasche in der Hand und schrecklich bunten Tätowierungen auf der Haut. Ihre Anwesenheit hätte nicht wirklich gestört, doch leider mussten sie eine Unterhaltung führen, die zwar meine Aufmerksamkeit auf sich zog, von der ich allerdings, außer einzelnen Brocken, die größtenteils aus den Wörtern „Alter“, „Scheiße“, „Bier“, „Arschloch“ und „ficken“ bestanden, nicht viel verstand. Erst fragte ich mich, welche Sprache das denn wohl sei, später, nachdem ich die Fetzen des Gesprächs noch einmal gründlich analysiert hatte, ob Dummheit eigentlich körperliche Schmerzen b´hervorrufen könnte. Fragen wollte ich dann aber auch nicht, ich hätte mir damit die Antwort wohl selbst gegeben.
"Was, Sie schicken Ihr armes Kind in eine dieser stalinistischen Verwahranstalten, wo die immer nebeneinander auf dem Topf sitzen müssen und deswegen später zu Gewalttätern werden? Ihre Frau geht arbeiten? Die soll zu Hause bleiben und sich gefälligst um die Kinder kümmern, so war das schon immer und so muss es immer bleiben. Wo kommen wir denn da hin." O-Ton eines Mittfünfzigers vor knapp drei Jahren. Ich bin kein Familienprediger, der die Massen zur übertriebenen Reproduktion animieren möchte. Irgendwie erschreckend finde ich so etwas trotzdem. Und Überschriften wie "Deutsche Frauen sind faul und gierig" (wieder mal beim Bäcker gesehen - regionales Käseblatt) sind doch wirklich kontraproduktiv.
Angst Einsam saß sie auf der Türschwelle, draußen auf dem Balkon, und anstatt die letzten Sonnenstrahlen des Herbstes zu genießen, klammerte sie sich an ihre Zigarette. Für sie war es ein letzter Strohhalm, der sie vor dem Ertrinken bewahren sollte, die letzte Ablenkung die sie für sich noch finden konnte. Heute war es ihre vierte Zigarette, aus der zweiten Schachtel, zu viel für einen Tag und sie wusste genau, dass die Schmerzen in ihrer Brust davon noch schlimmer wurden, der Husten, die Halsschmerzen, alles. Sie war sterbenskrank, nur wusste das außer ihr niemand, die Ärzte belächelten sie nur, sagten, sie sei kerngesund und das man in ihrem Alter man noch nicht sterbenskrank werden könnte. Was sie nicht schon alles untersucht hatten: Das Herz war gesund, die Lunge war gesund, die Magenspiegelung, die sie vorgestern über sich ergehen ließ, war ohne Befund, das Blutbild in Ordnung. Doch sie wusste es besser, sie musste einfach krank sein. Wenn es nicht das Herz war, war es die Lunge und wenn es nicht die Lunge war, dann der Magen, oder Lymphdrüsenkrebs oder ein Gehirntumor. Und immer, wenn sie einen kleinen Schmerz in ihrem Körper verspürte, fing alles von vorne an: Ihr Herzschlag beschleunigte sich, kalter Schweiß stand auf ihrer Stirn, die Finger wurden ganz weich, sie bekam kaum noch Luft, sie geriet in Panik. Ging es ihr zwischendurch gut, hatte sie Angst vor der nächsten Attacke, inzwischen hatte sie schon Angst vor der Angst. Alles, was um sie herum geschah, nahm sie nicht mehr war. Sie konnte nicht mehr essen, sie hatte zehn Kilo in den letzten zwei Monaten abgenommen, die Wohnung wollte sie nur noch selten verlassen, sie fühlte sich hier zwar nicht wohl, doch draußen ging es ihr noch schlechter, er war ihr fast egal geworden, obwohl er für sie kämpfte, versuchte, ihr Kraft zu geben, sie zu stützen, Familie und Freunde gab es für sie nicht mehr. Diese unglaubliche Angst hatte sie fest in ihrem Bann, sie lauschte nur noch nach innen, konnte nachts nicht mehr schlafen, es gab kaum noch Momente, die ihr Kraft gaben, Glücksmomente gab es nicht mehr, das Glück hatte wohl einen langen Urlaub angetreten, war tausende Meilen entfernt. Nur wenn sie einsam auf der Türschwelle, draußen auf dem Balkon, saß und dem langsam aufsteigenden Rauch der Zigarette zusehen konnte, vergaß sie einen Teil ihrer Angst, fühlte sich einen Augenblick wohl, konnte klar denken. So konnte es nicht weiter gehen, das wurde ihr in diesem Moment klar, sie wollte die letzten Sonnenstrahlen des Herbstes genießen, sie wollte leben, sie wollte lieben, ohne Angst, ohne Panik, ohne Schmerzen. Sie drückte die Zigarette aus, öffnete die Tür, ging herein und spürte, wie sich sofort der Hals zuschnürte, dieser unerträgliche Kloß festsetzte, diesen stechenden Schmerz, der sich bis in ihren linken Arm erstreckte, sie hatte Angst.
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![]() ![]() (geborgt bei flickr)
Online seit: 08.02.2006
Letzte Aktualisierung: 03.06.2024, 07:57 Links: ... Home ... Blogrolle (in progress) ... Themen ... Impressum ... Sammlerstücke ... Metametameta ... Blogger.de ... Spenden Archiviertes:
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