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Alles ganz normal

Der Freitag ist immer ein besonderer Tag, egal ob mit oder ohne 13. Oder?

Na jedenfalls jetzt etwas mit Wecker, Dusche, mir und dem Hund, und die vielleicht mit Namen. (Einfach aufs Bild klicken.)


 
Fr, 13.10.2006 |  # | (1139) | 1 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Schreib mal wieder


bufflon   (13.10.06, 10:23)   (link)  
Freitags ist das beständige Klingeln des Weckers am unerträglichsten. Nein, es ist nicht mal ein richtiges Klingeln, wie das von meinem alten Wecker, der früher am Bett stand, als ich noch jung war und die Nächte in langweiliger Einsamkeit verbringen musste, ein metallener Wecker zum Aufziehen mit einer kleinen Mao-Figur auf dem Ziffernblatt, die lustig im Sekundentakt mit der roten Mao-Bibel einer scheinbar jubelnden Masse in diesen typischen chinesischen Uniformen zuwinkt. Der Mao-Wecker war ehrlich und direkt, er klingelte laut und aufdringlich und wenn ich verschlafen wollte, steckte ich dieses kleine, sich hecktisch hin und her bewegende Hämmerchen mit einem dafür vorgesehenen Haken aus Metall zwischen den beiden hell klingenden Glocken fest und hatte meine Ruhe. Nein, heute weckt mich ein ultramodernes Piepsen, umleuchtet von einem sterilen blauen Licht, vor dem man sich nicht einmal unter dem Kopfkissen verstecken kann, dieses stetig schneller werdende und alles durchdringende Piep-piep-piep, unerträglich, brutal digital. Der digitale Funkwecker von heute ist vor allen Dingen nicht mehr so leicht auszutricksen wie der Mao-Wecker von damals, mit seinen verschiedenen ultramodernen Snooze-Funktionen, unterschiedlich einstellbaren Weckzeiten und womöglich noch mit einer integrierten Verschlafgefahranalyse. Dieser moderne Wecker von heute passt wunderbar in den Überwachungsstaat.

Die fast vergangene Woche liegt wie eine dicke, undurchdringliche und zähe Schicht auf dem Körper, sie möchte mich im Bett festhalten, mich unter sich begraben und nie wieder ans Tageslicht kommen lassen. Tageslicht? Um diese Uhrzeit? Vergiss es. Der Wecker klingelt wieder nach weiteren fünf Minuten quälenden Halbschlafs, es wird Zeit, durch die Dunkelheit zu streifen, den Alltagsschlick im angenehm beleuchteten und warmen Bad vom Körper zu waschen und erfrischt in den Morgen hinein zu träumen. Das Wasser ist kalt. Es ist nach fünf Minuten immer noch kalt und nach weiteren zehn Minuten laufenden Wassers gebe ich auf. Kalt. Die Augen fallen immer wieder zu, es fällt schwer, klare Gedanken zu fassen, ich setze mich aufs Klo und frage mich, ob eine kalte Dusche tatsächlich wach machen würde, gleich werde ich mir diese Frage selbst beantworten können, denn irgendwie muss ich den zähen Schleim, der meinen Körper bedeckt und mich in den Abgrund ziehen möchte, loswerden, mich reinwaschen von den traumlosen, grauen Sünden einer viel zu kurzen Nacht.

Folter, das ist Folter, das kann nur Folter sein. Diese gnadenlosen Kälte des Wassers, ich wundere mich, dass dieses Wasser tatsächlich noch im flüssigen Aggregatzustand aus der bräunlich verkalkten Brause heraus kommt und nicht in kleinen, glitzernden Eisklümpchen, die wahrscheinlich einfach in der Haut stecken oder an ihr kleben bleiben würden und ich als eisbedeckter Schneemann in der Badewanne erfrieren müsste. "Mann beim Duschen erfroren" würde die Schlagzeile in der lokalen Klatschzeitung lauten, vielleicht mit dem Foto der vollständig mit Eis bedeckten Leiche, zusammengekauert und eingefroren in der eigenen Badewanne, daneben die traurige Familie und der Hausmeister mit unglaublich schuldigem Blick. Allerdings könnte man die kleinen Eisklumpen auch wunderbar für einen Caipirinha oder einen Mojito verwendet, das wäre wunderbar, einfach die Dusche anschmeißen und trinken. Aber nicht um diese Uhrzeit. Meine Lippen verfärben sich schneller blau, als ich gedacht hatte, die Fingerspitzen werden eiskalt und nicht nur die, alles zieht sich zusammen das Duschbad entwickelt bei diesen Wassertemperaturen nicht seinen wohligen und angenehm frischen Geruch, ich bin weder erfrischt noch wach, mir ist einfach nur kalt, saukalt und ich bin hundemüde.

Selbst der Hund knurrt mich um diese Uhrzeit an, ich schaue ihr kurz in die Augen, auch Hunde kneifen die Augen zusammen, wenn sie aus einem dunklen Raum ins Licht kommen, sie streckt sich, gähnt ausgiebig und knurrt am Ende noch einmal unzufrieden. Was willst du, denke ich mir, du kannst den ganzen Tag schlafen und tust es auch, ohne schlechtes Gewissen, also komm, hab dich nicht so. Ich sollte ihr einen Namen geben, wenn ich über sie schreibe, denke ich einem kurzen Moment, der 500Beine-Mann hat seine Frau Moll, ich hab meine Paris Hilton. Ich schnalle ihr das lederne Halsband um, es sieht schon ein wenig schäbig aus und beim Einhaken im letzten Loch fällt mir ein, dass wir mit ihr wieder zum Tierarzt müssten, bevor sie uns mit weißem Schaum vor dem Maul tollwütig im Schlaf überrascht und in tausend Stücke reißt. Müde gehen wir raus, leise durch den dunklen Hausflur, die Haustür knarrt immer noch, und dann verschwinden wir gemeinsam im nebligen, kalten Morgen, beide ein wenig zitternd, ohne große Lust.











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Letzte Aktualisierung: 02.04.2024, 15:05


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