Grundstimmung: melancholisch Wenn man morgens, so gegen halb sechs, am Fußball spielen ist, mit dem Miniknirps , beschleicht einen unweigerlich dieses komische Gefühl. Diese brennende Frage, die man ganz gern weit weg schiebt, die einen aber trotzdem nicht in Ruhe lässt: Warum? Ja, warum eigentlich? Warum spielst du Fußball, während andere noch friedlich in ihren warmen Betten schlummern? Und warum überhaupt alles. Alles kann man in Frage stellen. Wenn man nur will. Und dann fällt einem wieder das Gespräch mit der Kollegin ein: "Wie, du hast KindER? In deinem Alter?" "Ja. Ist das so ungewöhnlich? Ich finde das jetzt nicht irgendwie abartig oder besonders überraschend. Schließlich bin ich nicht 17 oder 18 oder 23, sondern knapp am Ende des dritten Jahrzehnts." "Aber mein Sohn, der ist fast genauso alt. Der denkt gar nicht an Kinder. Der will feiern." "Ich habe fast 10 Jahre lang gefeiert, und? Mach ich jetzt auch, nur anders, irgendwie. Also, ich tanz nicht mehr auf Tischen oder kotz die ganze Nacht das Klo voll." Ist es wirklich so ungewöhnlich? Kinder zu haben? Und dann denkt man an ihn, der so viel Spaß mit Kindern hat, die mit ihm fast alles machen können, ohne dass er am Ende oder zwischendurch genervt zusammenbricht. Er hat keine Zeit. Es gibt so viel zu tun, die Firma muss laufen, klar, und überhaupt gibt es noch so viel zu entdecken, zu erleben, zu tun, am Besten natürlich ohne Kinder. Der richtige Zeitpunkt wird schon kommen. Nur jetzt noch nicht. Oder sie, ja, auch sie liebt Kinder, nur hat sie nicht den richtigen Partner dafür. Die letzten Beziehungen endeten immer nach knapp drei Jahren, an einem Punkt, an dem man endlich dazu bereit ist, darüber nach zu denken. Über die Zukunft, seiner eigenen und der gemeinsamen. Kinder schränken ein, meinten sie alle zu ihr. Und nun wird es immer schwerer, den richtigen zu finden, der so lange bleibt, dass es sich wieder lohnt, über die Zukunft nachzudenken, der keine Angst vor der Zukunft hat, der so tickt wie sie. Muss man sich eigentlich dafür rechtfertigen, eine Familie zu haben? Es kommt einem so vor. Vielleicht trügt die eigene Wahrnehmung. Das geht schnell und noch schneller stellt man sich selbst in eine bestimmte Ecke. Aber was soll das Gemaule und demonstrative Augenverdrehen anderer, wenn man im Supermarkt an der Kasse steht, die Kinder zwischen vielen bunten Überraschungseiern und sonstigem süßen Gedöns, dass natürlich werbe- und verführungswirksam um die Kasse aufgebaut ist, unruhig werden. Und Kinder sind laut. Ja, sind sie. Es nervt auch manchmal sogar die Eltern. Man stelle sich das vor. Aber was solls, man kann sie nicht ausschalten, sie zum Flüstern zwingen, man kann ihnen die Grenzen zeigen, beibringen, wann Schluss ist. Aber das dauert, passiert nicht von jetzt auf gleich. "Warum habt ihr eigentlich Kinder?" "Wir folgten unserem natürlichen Fortpflanzungstrieb." "Nee, oder? Das ist doch kein Grund." "Ein natürlicher wäre es. Aber wir sind ja keine Tiere. Und trotzdem brachen wir unsere kleine Herde. Damit sich das Leben gut anfühlt. Unser Leben. Was andere machen, ist mir schnurz. Ich finde es nur schade, wenn Menschen auf diese Erfahrung verzichten. Bei manchen scheint es ja ganz gut zu sein, wenn sie drauf verzichten, Kinder in die Welt zu setzen. Muss ja niemand. Ist trotzdem schade, wenn nicht." "Herdentrieb fühlt sich gut an? Ich weiß ja nicht. Bin ja gern allein, in meinem Kämmerchen. Was ist mit Alterversorgung?" "Genau, ist ja DAS Totschlagargument schlechthin. Na klar, ich zeuge Kinder, damit mir, wenn ich mal ein alter Opa bin, jemand zuhört, wenn ich kleine Anekdoten ausm Leben erzählen will, mir irgendwann mal die Kinder den Löffel mit Haferschleim fürsorglich in den zahnlosen Mund schieben können und mir zu wunderbaren Ausfahrten im Rollstuhl verhelfen. Und um eure Rente zu bezahlen. Genau deshalb. Komisches Land, das. Wo man über alles reden muss, alles hinterfragen muss." Ende der Melancholie. Es ist, wie es ist. Ist ja auch mein Leben. Und der Ball rollt.
Wie wäre es denn mit dieser Theorie: Man setzt nur deshalb Kinder in die Welt, damit man hinterher mal Enkel hat. Wurde allen Ernstes seinerzeit von einem Prof. Dr. Ansonsten könnte man eine ganze Latte über grassierenden Infantilismus schreiben. Aber mach ich jetzt nicht. Bin selber kinderlos...
Benachteiligt?
Det sind wohl eher die kinderlosen in Deutschland. Zahlen mehr Steuern, zahlen mehr Sozialversicherungsbeiträge, kriegen im Krankheitsfall nochmal was vom Krankengeld abgezogen, müssen sich öffentlich als Kinderverweigerer denunzieren lassen - und werden dann noch angepöbelt, wenn sie sich darüber beschweren, dass der Papa und der 7jährige Sohn in der Nebenwohnung Samstagsabends auf dem voll ausgerüsteten Schlagzeug austoben ...
Es geht hier nicht um Benachteiligung, darüber muss man sich nicht streiten. Die einen sehen es so, die anderen so. Egal. Oder auch nicht. Nur auskotzen muss ich mich jetzt nicht darüber. (Obwohl ich gerade eine Tonne Mitleid über den armen, armen Löwen ausgekippt habe, der von dieser schrecklich kinderfreundlichen Gesellschaft derart geknechtet wird. Kipp.)
Es geht eher um dieses Gefühl, sich ständig gegenüber anderen für die Tatsache, dass man es tatsächlich gewagt hat, eine Familie zu gründen, rechtfertigen zu müssen. Ich wollts mir nur mal an die Klowand schreiben, wegen des besseren Gefühls. Grassierender Infantilismus, Herr Schnitzel? Geht es um Erwachsene die Kinder bekommen oder sich zu solchen rückentwickeln? Ich muss gestehen,
dass ich in den knapp 16 Monaten meines Daseins als Familienvater nicht ein einziges Mal das Gefühl hatte, mich für diese Lebensform rechtfertigen zu müssen. Kann ja alles noch kommen, aber das "schlimmste" war bisher, dass im vorigen Sommer paar Leute in nem Biergarten an den Nebentischen die Augen verdreht haben als unsere Kleine krähte. Vielleicht mag auch der eine oder andere gedacht haben, was schleppen diese Leute ihr Balg mit, aber hey, mir selber waren solche Gedankengänge früher auch druchaus nicht fremd. Von der vielzitierten Familien- oder Kinderfeindlichkeit habe ich bislang nicht viel mitbekommen. Vielleicht bin ich aber auch nur gut darin, sowas weiträumig auszublenden... ;-)
@Büffel: Meint ich anders. Gegen die Rückentwicklung zum Kind hätte ich ja gar nichts einzuwenden ("erwachsen werden und Kind bleiben").
Ich bin der Meinung, dass ein guter Teil der Menschlein sich schlicht weigert, erwachsen zu werden. Und wenn diese Menschen auch noch Kinder in die Welt setzen, wirds eben tragisch. Im besten Fall kopiert dann Mama noch den Kleidungsstil der pubertären Tochter. Tragisch finde ich aber die absolute Verantwortungslosigkeit und die Feigheit, die Sprösslinge zu erziehen. Dann sind so manche Kinder erwachsener als ihre Eltern. Sind nicht alle, aber so einige durchaus. Dazu gibts auch diese Woche einen Artikel im Spiegel... ...wird aber jetzt arg umfangreich...reicht das als Präzisierung?
@Mark: Ich kenne auch die andere Seite, die familienfreundliche, viele Freunde haben selber Kinder, insofern steht es so schlimm, wie es evtl. erscheinen mag, nicht um mich/ uns. Es war nur diese melancholische Grundstimmung, die mir das Thema aufgedrängt hatte. Ausblenden muss ich wohl noch üben, wird wohl ab dem nächsten Jahr leichter. ;-)
@Schnitzel: Verstehe und unterschreibe sofort, was du da sagst und wohl noch denkst. >> Kommentieren letzten mittwoch fand ich mich genau in der gleichen situation, mich rechtfertigen zu "müssen" - nur anders herum. warum ich denn keine kinder wolle. meine argumente wurden alle abgeschmettert und nach einer kleinen weile fiel mir auf, dass die anderen beiden frauen gar nicht interessiert an mir und meinen beweggründen waren. sondern sie wollten mich partout von ihrem standpunkt überzeugen. dann habe ich einfach nix mehr gesagt. das thema gewechselt. es gibt kein richtig und falsch. es gibt kein richtig und falsch.
Genau das unterschreibe ich mit - jedem tierchen sein pläsierchen.
warum soll man denn keine kinder haben dürfen? ich glaube, jeder, ob kinderlos oder mit kindern, bekommt im laufe seines daseins den vorwurf gemacht, warum um himmels willen er sich so und nicht fürs gegenteil entschieden hat.
klar kann man leuten zum vorwurf machen, dass sie kinder haben. mach ich auch, hin und wieder im stillen, wenn ich in meiner sozialwohnungssiedlung aus dem fenster sehe und übellaunige, dicke muttis in nylon-jogginganzügen mit ihrer fünfköpfigen rotzigen, kreischenden brut zum zigarettenautomaten schlurfen sehe, wo dann hartz-IV durch den schlitz rollt, weswegen für die kinder statt frischem obst und gemüse nur toast und chips bleibt. und dann sehe ich leute wie meine professorin, verheiratet mit einem münchner prof, wohlhabend, intelligent, geschmackvoll - und kinderlos. und denke mir: was hindert sie? sie könnten ihren kindern ALLES bieten. ich will das hier nicht schematisieren und behaupten, sozial schlechter gestellte leute seien automatisch schlechte eltern und alle gebildeten besserverdiener herzlose egomanen. aber es scheint so einen trend zu geben, den ich mit sorge beobachte... nevertheless: ich finde es mutig, kinder in diese welt zu setzen. meine hochachtung gilt jedem, der sich zuverlässig kümmert und sich erzieherisch mühe gibt. ich kenne dich nicht, aber vermutlich hat dein kind glück. ;)
@Morphin: Harald Schmidt hat das mal so umschrieben, dass sich heutzutage nur noch die "intellektuell nachhilfebedürftigen fortpflanzen würden".
Jetzt lasse ich mich doch dazu hinreißen, noch etwas mehr zu schreiben... Ganz dreist behaupte ich jetzt mal: Die richtig desaströsen Zustände herrschen oftmals in den klassischen Mittelschichtfamilien. Ganz einfach deshalb, weil die das Elend besser kaschieren können und da nicht das Jugendamt wöchentlich vorbeischaut. Und: Die Methoden sind subtiler und perfider. Dort ist die Zerstörung der klassischen Familie am weitesten fortgeschritten (die sozial schlechter gestellten Menschen können sich das z.t. ökonomisch schlicht nicht leisten) Nur mal zur Diskussion: Muss man Kindern denn immer was bieten? Muss man Kindern denn immer was bieten?
Liebe, Geborgenheit, ein offenes Ohr, Verständnis... M. E. alles MUSS. Und dafür braucht man nicht unbedingt viel Geld, eigentlich gar keines. Na ja, ab und an gehören auch materielle Freuden zum Leben.Ach ja, intellektuell bin ich gerne nachhilfebedürftig, wer will den schon auf Stelle treten. Insofern, ich kenne aber den Zusammenhang des Zitats nicht, denke ich, dass der Herr Schmidt das ein wenig überspitzt zynisch sieht. @Morphin: Den Trend beobachte ich auch, leider. Und ich hoffe, dass unsere beiden tatsächlich Glück haben. Richtig macht man wohl nie alles.
Das Schmidtzitat (der Mann hat ja selbst 4 Kinder) war die zynische Antwort auf eine Zeitungsmeldung. Hat einigen Wirbel gemacht und er hats dann wieder relativiert.
Mit dem "bieten" wollte ich eher drauf hinaus, als es den Trend zum "Projekt Kind" gibt, sprich: Wir setzen Kinder dann in die Welt, wenn wir ihnen etwas bieten können. "Bieten" meint hier ausschließlich materielle Dinge. Die armen Alibikinder (immer Einzelkind!) kriegen dann erstmal einen vollgepfropften Terminkalender, während die BMW-Cabriofahrende Mama die Zeit zwischen Fitneßstudio und Friseur totschlägt.
Alibikinder. Schreckliche Sache das, sind doch keine (Vorzeige-) Objekte.
Manchmal schon...
Übrigens: Klasse Diskussion. Wenn ich das mal so nebenbei einwerfen darf....
Das denke ich auch. Hätte ich nicht erwartet, also so rege Anteilnahme.
Es gibt kein einziges, wirklich schlüssiges Argument gegen Kinder. Die meisten merken das leider erst zu spät.
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