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Phase 2

Faserland

Ruhe. Bewegungslosigkeit. Zirpende Zikaden. Jetzt fühlt man, wie kaputt der Alltag ist, kaputt, weil man irgendwann nur noch funktioniert und aufhört zu denken, man selbst zu sein, Selbstaufgabe, du noch mehr als ich. Hier, wir! Erst du, dann ich, die Kinder, wir! Das Wasser umspült seicht die Füße, es ist salzig, unglaublich salzig, die Sonne brennt, erbarmungslos, trotzdem, die Steine knirschen unter den Füßen, sieh nur dort, ein Segelschiff und dort, die Fische im Wasser, setzt doch mal die Taucherbrillen auf, Jungs, wir tauchen ab, weg, weg von allem, kein Zuhause, wohltuende Fremde, frische Pfade, hahaha, wenn ich das hier alles so lese, wir sind ja so normal, auch kaputt, irgendwie, aber normal, das tut doch gut, sieh nur, die Fische, wie sie sich ein paar Leckerbissen aus dem aufgewirbelten Sand picken, Spatzen im Mittelmeer, das hier ist doch alles so einfach und trotzdem unendlich, neverending story, wir bleiben für immer hier, so fühlt sich das an, selten, das alles so gut passt. Zuhause? Wo soll das sein? Hier, oder? Abends der Mond über der Bucht, das Wasser schwappt immer ganz gemächlich ans Ufer, keine Hektik, mach mal keine Welle, die Schritte werden immer langsamer, was soll man denn auch verpassen? Wie kann man eigentlich leben, zusammen mit drei Millionen anderen Menschen, wie nur? Überall nur Menschen, die man nicht kennt und trotzdem nicht leiden kann und hier? Niemand. Man irgnoriert Tischnachbarn. Kein Telefon, kein Internet, kein Fernseher, nichts, ein paar Bücher und viel Schlaf. Haben wir jemals so viel geschlafen?

Kultur? Alte Steine, mal gesehen und trotzdem nichts draus gelernt. Ah und oh, hört man immer so oft, alles geschichtsträchtig hier, ein guter Intellektueller schaut sich stundenlang alte Säulen an, nich, den Touristenführer in der Hand, das ist alles so unglaublich wichtig, hat man steinerne Säulen gesehen, ist man furchtbar schlau, jeder Kiesel von Philosophen und Naturwissenschaftlern berührt, aber schaut doch hin, selbst wir, die wir hierher gekommen sind, nichts, wir sind doch nicht schlauer oder dümmer als vorher, wir sind gleichbleibend blind und hinter den Säulen liegt Plastikmüll. Im Schatten denken. Pro Stunde eine Story, interessiert keinen, aber egal, hab ich mir alles selbst ausgedacht, Herzblut, interessiert wirklich keinen, aber ich fühl mich gut, wie geht es eigentlich so einem richtigen Schriftsteller? Der davon lebt, zu träumen, Erzählungen, Romane, richtige Arbeit? Kotzt den das auch irgendwann mal an? Sicher. Baby, bringste mir noch nen Drink, ich meditiere grad, schreib nen imaginären Krimi, blutige Morde, Serienmörder, zerfetzte Leichen und verzweifelte Ermittler, was brauch ich Bücher, ich glotz Löcher in den wolkenlosen Himmel, denk mir billigen Schund aus, nur so für mich und wenn ich schwitze, spring ich ins glasklare Wasser und schau den Fischen zu. Beim stumm sein. Yes! Faserland? Na ja, auch malade.
 
Mi, 05.09.2007 |  # | (869) | 5 K | Ihr Kommentar | abgelegt: urlaub



 
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