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Lose Gedanken über die Liebe

Das Tagwerk ist vollbracht und am Ende bleiben nur noch lose Bruchstücke des Tages liegen, die man sorgfältig aufklauben und nach der bewährten Methode "Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen" in die mehr oder weniger vorhandenen Schubladen einsortieren kann. Der komische Sonnenaufgang, das mehr oder weniger nutzlose Gespräch am Mittag, dass nur zur Stärkung demotivierender Tendenzen beigetragen hat, die faden Gesichter in den Cafes rund um den Hackeschen Markt, lustlos am latte machiato schlürfende Trendsetter oder solche, die es werden wollen, die Tatsache, dass Kinder eben immer Kinder ihrer Eltern bleiben und das Kauzigkeit ein Problem fortschreitenden Alters ist und ganz am Schluss die Frage, ob für das leckere Essen beim Lieblingschinesen nun eine herumstreunende Ratte oder der letztens noch so nett mit dem Schwanz wedelnde Hund dran glauben musste, das ist natürlich nur ein Spaß. Hauptsache ordentlich Knoblauch. Übrig geblieben sind auch ein paar lose Gedanken über die Liebe. Auch gut.

Lose Gedanken über die Liebe
 
Di, 03.10.2006 |  # | (569) | 18 K | Ihr Kommentar | abgelegt: blogosophie


bufflon   (03.10.06, 01:54)   (link)  
Es gibt Lieder über die Liebe, Erzählungen, Romane, Gedichte, wissenschaftliche Studien, Definitionsversuche, wahrscheinlich Millionen davon, vermutlich produzieren täglich tausende Blogger vielschichtige Beiträge zum Thema Liebe und trotzdem lutscht es sich nicht ab, dieses Thema. Oder doch? Ganz ehrlich: Natürlich nicht, denn irgendwie treibt die Kraft der Liebe an, obwohl sie genau so gut zerstören kann, liebt man, kann man glücklich sein, oder unglücklich, das Leben wird von der Liebe bestimmt, immer und immer wieder. Ich habe bisher noch niemanden kennengelernt, der nicht in irgendeiner Form liebte. Frauen, Männer, Kinder, sie lieben platonisch, körperlich oder auch ganz und gar, mit Haut und Haar, Körper und Geist und selbst der coolste Brocken gibt in schwachen Momenten zu, dass er liebt, wenn vielleicht auch nur sich selbst.

Ich liebe. Ich liebe ganz verschieden. So fiel es mir letztens erst wieder wie Schuppen von den müden Augen, als ich auf der Couch lag und die Decke anstarrte, umschwirrt von lästigen Fliegen, die noch ekelhafter sind, wenn sie versuchen, sich einander zu fangen und in Knäulen um den Kopf herumschwirren. "Ach du Scheiße ist das geil, ich liebe." Ich hätte natürlich auch "Heureka!" rufen können, allerdings bin ich kein griechischer Mathematiker aus der Antike und nur meine Mutter rief mich gern einmal in vergangenen Kindertagen "Arschimedes", man beachte den Unterschied. Ok, vielleicht habe ich mich verbal nicht ganz so einfach ausgedrückt, ich sagte wohl eher gar nichts, wie immer, wenn ich mich nicht gerade mit mir selbst oder anderen unterhalte, aber das Gefühl, solche lebenswichtigen Dinge, die sowieso schon lange da waren, in kleinen Blitzmomenten zu erkennen, ist so wohl am besten zu beschreiben. Es klingt eben so unglaublich überraschend.

So überraschend war die Entdeckung allerdings auch wieder nicht, nur führt man sich selbst die wesentlichen Dinge des Lebens so selten vor Augen, ich jedenfalls. Der Alltag ist immer so furchtbar alltäglich, dass der wie am Fließband vorbei ziehende tägliche Trott, die wesentlichen Tatsachen und Gefühle unglücklicherweise überlagert und manchmal nur noch ein verschwommenes Bild erkennen lässt. Vielleicht irre ich mich aber auch und denke insgesamt viel zu wenig nach, über mich und andere und überhaupt, aber wenn ich den ganzen Tag nur noch nachdenken würde, würde ich wohl vor fehlender Liebe und vor Hunger und Durst in Einsamkeit sterben. Nein, so weit bin ich noch nicht.

Ich liebe sie. Ganz einfach. Ich sehe sie an und fühle es. Letztens erst, als wir auf dem Spielplatz waren und sich die Kinder unter die Gruppe der anderen herumtollenden Kinder mischte und sie nach dem rechten sah, während ich die Wohnung im obersten Stock des gegenüberliegenden Hauses begutachtete, eine wunderbare Dachterrasse da oben, Richtung Süden, vielleicht sollten wir dort hinziehen. Ich schaute ihr hinterher, schaute sie an, als sie wiederkam und das Gefühl war insgesamt unbeschreiblich. Nicht mehr so komisch prickelnd wie an diesem kalten Winterabend, als ich sie schüchtern in den Arm nahm, um sie gleich wieder loszulassen, nur um sie noch einmal demonstrativ in den Arm zu nehmen, der Abend, an dem wir uns nicht mehr losließen und später stundenlang im Auto saßen, redeten und uns küssten und dabei die Zeit vergaßen. Auch nicht ganz so prickelnd wie in dieser einen Nacht, als wir zusammen auf dem Balkon standen, andächtig den Fugees ("Killing me softly") lauschten und rauchten, bis der Nachbar kam und meinte, dass es wirklich sehr spät und Zeit für ein wenig Ruhe sei. Nein, nicht ganz so prickelnd, aber anders intensiv ist dieses Gefühl, es gibt nichts anderes, außer dieses eine unbeschreibliche Gefühl, ich muss es nicht in Frage stellen, es ist ganz natürlich, selbstverständlich und immer da und ich glaube daran, dass sie genau das gleiche fühlt, sonst wäre sie nicht bei mir und wir könnten nicht auf dem Spielplatz in der Sonne sitzen, schweigen oder reden und uns gut dabei fühlen.

Das alles ist noch viel zu wenig, es gehört mehr dazu, nur kann ich es so schwer beschreiben, es überrumpelt mich manchmal förmlich und trotzdem finde ich nicht die richtigen Worte, die richtigen Gesten und dann ärgere mich, weil es so schnell geht, dass der Alltag dieses Gefühl vernebelt und man es immer und immer wieder neu für sich entdecken muss, dieses einzigartige und unbeschreibliche Gefühl der Liebe. Lose Gedanken - Bruchstücke, die mir gerade so einfallen und wenn ich weiter darüber nachdenke, dann ist da noch mehr, viel mehr, denn auch die Liebe zu den Kindern fühlt sich ähnlich an, unbeschreiblich, und ist trotzdem ganz anders.

PS: An dieser Stelle ein kleine "Sorry." an all die gerade nicht liebenden oder unglücklich liebenden, aber ich konnte gerade nicht anders.


novemberregen   (03.10.06, 02:08)   (link)  
Und, liest sie das?


bufflon   (03.10.06, 02:09)   (link)  
Nö, aber sie weiß es.


novemberregen   (03.10.06, 02:10)   (link)  
Dann ist ja gut. Wäre sehr schade sonst :-)


bufflon   (03.10.06, 02:15)   (link)  
Stimmt, nichts ist nutzloser als eine Liebeserklärung, die nicht ankommt.


novemberregen   (03.10.06, 02:17)   (link)  
Hm. Ich denke gerade, dass vermutlich die Mehrzahl aller Liebeserklärungen nicht ankommt *bösen Moment hab*.


bufflon   (03.10.06, 02:22)   (link)  
Das könnte natürlich sein. Jetzt, da Sie das so vermuten, fallen mir da so ein paar Fälle ein.


bonafide   (03.10.06, 02:26)   (link)  
ach büffelchen, du liebendes. schön. wirklich.


nicodemus   (03.10.06, 02:19)   (link)  
Tja, welch Worte für beständig Vergängliches....

Auf das es immer so sei! Wünsch ich Ihnen so aus dem Inneren, mittigem Inneren...


bufflon   (03.10.06, 02:25)   (link)  
Beständig Vergängliches, wie wahr. Liebe, so scheint es mir manchmal, ist harte Arbeit, die man freiwillig auf sich nimmt, in der Hoffnung, am Ende mit vollen Händen dazustehen.


nicodemus   (03.10.06, 02:35)   (link)  
Herr Büffel, wenn Sie manchmal zwischendurch das Gefühl haben nur ein wenig von dem Wesentlichen in den Händen zu halten, so ist es unvergleichbar mehr als an irgendeinem Ende.

Lieben ist wie Leben: Gegenwart und leider vergessen das die meisten.


bufflon   (03.10.06, 02:38)   (link)  
Sie haben Recht, diese Liebe ist jetzt und sicherlich auch morgen und übermorgen und hoffentlich ohne Ende (das natürliche Ende ausgenommen). Also korrigiere ich mich: in der Hoffnung, immer mit vollen Händen dazustehen.


sillerbetrachter   (03.10.06, 20:09)   (link)  
wie schön du das beschreibst. wunderbar :-) mein sorry für all jene, die an liebe nicht mehr glauben können.


cabman   (03.10.06, 20:20)   (link)  
Halte es fest und bewahre es, so lange du kannst.
Wie immer schön geschrieben! Outstanding!


bufflon   (04.10.06, 08:55)   (link)  
Ich habs eingeschweißt und nehme täglich eine Prise davon, seit einer gefühlten Ewigkeit und es verändert sich täglich, dieses Gefühl, aber die Grundstimmung bleibt gleich. Komisch, aber schön.


schluesselkind   (03.10.06, 20:34)   (link)  
Ach, Büffelchen, ick könnt Dir knutschen.


c17h19no3   (03.10.06, 21:17)   (link)  
obwohl ich vielleicht gerade nicht zu den glücklichen gehöre, trifft es das, was ich schon erlebt habe: die staunende versenkung in dieses unbeschreibliche, das da strömt und zirkelt (wenn man glück hat ;)), wie eine macht von überall her, die einen zerdrückt und erhebt zugleich. man kann es nicht fassen, man wird einfach mitgespült wie in einer flut und sinn und ziel des ganzen ist eben dieses: darin sein.
da gibt´s auch ein kirchenlied: "ich bete an die macht der liebe"...


bufflon   (04.10.06, 09:00)   (link)  
Miss Schlüssi, das bewerte ich jetzt mal nicht über. ;-)

Morphinchen, ja, die Macht der Liebe, soll man sie wirklich anbeten? Es gab Zeiten, da verfluchte ich sie eher und heute lebe ich mit ihr und natürlich auch von ihr und kann so manches gar nicht (er-)fassen, weil es eigentlich unfassbar ist. Aber dieses "darin sein", dass ist schön, solange man darin ist, deshalb lasse ich mich mitspülen, solange es geht.











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