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Internet, Meckerbude und Produktjubelstube. Entweder die Menschen meckern ohne Ende oder sie feiern scheinbar wertvolle Produkte und verdienen dabei noch ne Mark. Oder zwei Euro. Aber das interessiert mich nicht. Mich interessieren Geschichten. Stories. Schicksale. Dabei ist es mir völlig egal, ob man das Kind "Netzliteratur" oder "Tagebuchexhibitionismus" (Oliver Jungen, FAZ) nennt. Auch das interessiert mich nicht. Bedeutungen, Schall und Rauch, Subjektivität. Dem einen bedeutet nur ein Thomas Mann etwas, der andere stirbt bei dem, vor Langeweile. So ist das. Nicht anders.

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Männer mit Pilotenkoffern. Je größer der Koffer, umso weniger Inhalt. Blicken gehetzt durch die Gegend, an den Haaren klebt noch Kopfkissen, am Kinn blutet ein kleiner Schnitt von der morgendlichen Rasur. Schnell, schnell, zur Tür gerannt, gehetzt, gespurtet, raus aus der Bahn, hinein ins Büro und abends nach Hause, den Koffer auspacken, wenn überhaupt etwas drin war.

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Wie man trotz Smartphone einen Geburtstag vergisst.

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Ich habe einen Freund, der ein Jahr lang Pfeife rauchte. Junge Menschen, die Pfeife rauchen, tun mir leid. Ich kann das ja verstehen, Nikotinsucht und ein Stengel, an dem man sich festhalten kann, keine Frage, aber junge Menschen die Pfeife rauchen? Tun mir leid. Nur alte Männer rauchen Pfeife.

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Der Mann, der einen Kaugummi ausschließlich mit den Vorderzähnen kaute, den Kaugummi immer wieder durch den Überbiss quetschend und mahlend, der Mann, der aus dem Kaugummi kleine Bläschen formte, die er immer und immer wieder platzen ließ und dabei Geräusche machte, die mich vom Lesen abhielten, der Mann, der Kaugummi kaute, mit platzenden Bläschen Leute vom Lesen abhielt und ständig auf dem Touchscreen des Smartphones herum wischte, als müsste er tonnenweise Fettschlieren des vergangenen Tages weg putzen. (Moderne Zeiten.)

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Nein, Geschenke ausdenken ist nicht mein Ding. Jedenfalls nicht, wenn es nicht im mich selbst geht. Egoist, wahrscheinlich.

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Wie unangenehm es dem unentspannten Menschen ist, wenn er irgendwie angeflirtet wird. Wie er versucht auszuweichen, zu entfliehen, nur weil er denkt: Die kann doch jetzt nicht mich meinen. Überhaupt: Ein Leben voller Verkrampfungen, wo kommt das her, wie wird man das los? Man kann sich ja nicht ständig betrinken.
 
Mi, 21.04.2010 |  # | (629) | 1 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging



 

Man kann nicht immer nur nett sein

Warum, fragte ich den Herrn, der im Joggingdress und Gartencloggs die sehr frühe Bahn betrat und versuchte, dem Fahrscheinautomaten einen Fahrschein zu entlocken, während ich nichts besseres zu tun hatte, als alle anderen Menschen mit morgendlicher Abscheu zu beobachten und zu bewerten, warum also betreten Sie diesen Ort der abscheulich intimen Enge in einem solchen, unglaublich hässlichen Outfit? Erklären Sie mir bitte, aus welchem Grund ich Ihren Kleidungsstil, den ich aus Kleinstgartenanlagenvereinen bereits zu Genüge kenne und aus zutiefst empfundener Abscheu selbst nie niemals nicht pflegen werde, hier und jetzt, an diesem öffentlichen Gefängnis, ertragen muss? Natürlich erklärte er mir nichts, denn er versuchte angestrengt mehrere Stationen lang eine Münze in den Fahrscheinautomaten zu stecken, die dieser aber immer wieder und wieder angewidert ausspuckte, ja, diesem Pflegel regelrecht vor die Füße spie, worauf er mit wehendem Jogginganzug die Bahn verließ und im modischen Niemandsland verschwand. Zum Glück.
 
Fr, 16.04.2010 |  # | (569) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: haltestellenkino



 

Die haben es gut

(Achtung, der folgende Text enthält ausschließlich positive Energien. Wenn Sie mit positiven Energien nichts am Hut haben, gehen Sie bitte sofort weiter. Danke.)

Der Hund hat es gut. Liegt den ganzen Tag faul herum, schnarcht, wackelt mit den Ohren, dann lauscht der Hund auch mal ganz kurz, wedelt mit dem Schwanz, freut sich über Kleinigkeiten, aber eigentlich liegt der den ganzen Tag herum und entspannt sich. Warum eigentlich, frage ich dann manchmal, wovon musst gerade du dich erholen? Von uns oder was? Kannste mal was erleben, du Hundetier, du. Vielleicht noch über die ausgiebigen Spaziergänge beschweren.

Der Mann hat es gut. Liegt den ganzen Tag faul herum, spielt mit seinem neuen Spielzeug, eine Art Weiterentwicklung des BS 3000, ja, Weiterentwicklung, denn dieses Gerät hat das Stadium des Reißbretts längst verlassen hat und ist Realität geworden ist. Das Ding, als Telefon getarnt, kann im Prinzip alles, außer Staubsaugen und Abwaschen, dafür benötigt auch der moderne Mensch des 21. Jahrhunderts noch herkömmliche, analoge Gerätschaften, alles andere geht natürlich virtuell. Freunde treffen, die man nicht kennt, Fotos von Freunden sehen, die keiner sehen will, Filme schauen, Zeitungen lesen, abhängen und dick werden. Geht alles, mit so einer Wunderapparatur. Der Mann kann endlich schauen, ob die dünnen Bretter, die er bohrt, auch in Waage sind, kann Himmelsrichtungen finden (ein unbedingtes must-have-feature, gar nicht mehr wegzudenken, im täglichen Leben), kann, kann, kann. Das Internet in der Hand - eine Welt des Könnens. Der Mann hat es gut, liegt den ganzen Tag herum, bis die Frau kommt und fragt: Wat machstn da?

Die Frau hat es gut. Arbeitet den ganzen Tag an ihrem ordentlich proportionierten Körper und hat auch noch Spaß dabei. Anders als Hund und Mann kann Frau nicht (nur) in der Horizontalen leben, sie muss raus, was machen, sich bewegen, Stillstand ist schlimm, Stillstand ist furchtbar, Stillstand ist Stillstand. Wat machstn da, sagt Frau zum faul herum liegenden Mann und hat in ihrer unendlichen Weisheit natürlich recht, denn fünf Kilo Winterspeck wollen ganz real den Körper verlassen, das geht nicht in der Virtualität, mit einem verkappten Telefon in der Hand. Sicherlich gibt es eine Kalorienzähler-App für jedes Smartphone, aber allein vom täglichen lutschen an einer wasserhaltigen Grünfrucht wird der ehemals straffe Körper auch nicht schöner. Die Frau hat es gut, denn sie hat soviel Motivation, dass es für Hund, Mann und die Kinder reicht, die sind nämlich unmotiviert, faul, ideenlos. Na gut, die Kinder nicht. Und der Hund auch nicht, ganz.

Die Kinder haben es gut. Rennen den ganzen Tag durch die Gegend, purzeln, tanzen, malen, spielen, schießen Bälle über Zäune und Sträucher, zum Ärger der Nachbarn, und werden abends erst müde. Manchmal. Während der Mann - sowieso - aber auch die Frau recht schnell, also meistens gegen Mittag, ihren Antrieb verlieren und ihn gern beim Mittagsschläfchen wieder herbei träumen wollen, erweisen sich die Kinder als Mitglieder der äthiopischen Marathonnationalmannschaft, heizen von früh bis spät durch die Gegend, entdecken dabei die Welt, die sie dann auch noch in Frage stellen, weil sie die Kraft, die Unbekümmertheit und die Zeit haben (wenn man sie lässt), den Dingen auf den Grund zu gehen und ihre eigene Welt zu entdecken.

Und wenn sie nicht gestorben sind - na gut, wollen wir es mal nicht übertreiben.
 
Do, 15.04.2010 |  # | (790) | 1 K | Ihr Kommentar | abgelegt: blogosophie



 

Mal schnell die Spinnweben entfernt

Ach ja, gibt ja noch das Blog.

Ist keine Verpflichtung, so ein Blog.

Ein total unkommerzielles Blog, ein Hobby. Hobbyarbeit. Hobbyarbeit ist das Gegenteil von professionell, weswegen dieses Medium "Blog" nicht ernst genommen werden muss.

Obwohl etwas drin steckt.

Gedanken, zum Beispiel. Deswegen sollte so ein Blog nicht so schnell abgeschrieben werden. Kopieren ja, abschreiben nein. Ich bin ja nicht die Musikindustrie, die habe ich abgeschrieben.

Man denke auch an eventuell vorbei streunende Kommentatorinnen und Kommentatoren. Sind ja nicht mehr viele.

Auch an solche Menschinnen und Menschen, denen man schon längst eine Mailantwort schuldig ist. Usw. Das Blog als Kommunikationsmaschine, im privaten Sinne. Auch nicht zu verachten.

Ist also doch nicht ganz so nutzlos, so ein Blog. Aber keine Verpflichtung.
 
Mo, 12.04.2010 |  # | (918) | 7 K | Ihr Kommentar | abgelegt: verstaendnisuebung



 

Zeitungslädchen

Etwas, das mich tatsächlich verwirrt, ist die neue Besitzerin des seit Jahren regelmäßig besuchten Zeitungsladens zwischen Bäcker und Fleischer, die so ganz anders ist, als die leicht intellektuell wirkenden Starkraucher, die vorher Zeitungswaren, Lottoscheine und Tabakprodukte über die Theke reichten und dabei immer ein bisschen mürrisch wirkten, als würden sie die Arbeit in ihrem eigenen Laden nicht mögen. Typisch berlinerisch. Jetzt steht dort eine solariumbraune Fastblondine mit schlecht lackierten Fingernägeln, Glitzerstein in Zahn und Dekolleté, die munter mit Selbstbauzigaretten und Boulevardzeitungen um sich schmeißt und dabei gar nicht mürrisch, sondern fröhlich, fast glücklich schaut. Verwirrende Veränderung.
 
Mi, 31.03.2010 |  # | (494) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging



 

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Dieses Zwischending, die gelangweilte Zwangsgesundung und die ständige körperliche Kränklichkeit, unvernünftig sich irgendwohin schleppen, statt noch ein paar Tage rumzuliegen und vor Langeweile fast zu sterben.

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Das Internet ist kein hirnloser Raum.

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Blutblasen nach der ersten Gartenarbeit des Jahres. Irgendeine Gartenweisheit gelesen: Gärtnern macht lebenslang glücklich, Frauen und Suff nicht. Oder so ähnlich. Kann ich nicht bestätigen, alle drei lebensbestimmenden Angelegenheiten machen glücklich oder auch nicht.

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Spontane Liebeserklärungen, die als Äußerungen schlechten Gewissens wahrgenommen werden. Offenbart wohl Gegensätze in den Bereichen Erwartung und Erfüllung.

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Wie gerne ich doch "In Treatment" schaue.

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Im Herzen ein Nerd. Und vor allem Informationsjunkie. Das entspricht voll und ganz dem Wesen eines Menschen, der gerne auch als Klugscheißer wahrgenommen wird, wenn er sich nicht zurückhalten kann, wenn er immer wieder korrigiert, ständig auf Dinge hinweist, einfach viel weiß. Wissen ist wertvoll, strengt aber oft an, den Wissenden (der sein Wissen immer wieder auffrischen und erweitern muss), genauso wie seine Umgebung, die immer wieder mit Wissen in Berührung kommt, das sie selbst nicht hat, das sie selbst nicht interessiert, von dem sie gar nichts wissen will. Der nerdige Informationsjunkie, am Ende ein einsamer Mensch.

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Wenn ich einmal reich wär: Millionen gewonnen, alles zerronnen / Träumen ist gut, planen ist besser / Die Idee von Eigentum und Reichtum / Wer träumt nicht einmal von einem ganz besonderen Beauty-Urlaub / Luxusmesse in Wien / Millionen füllen jeden Samstag in der Hoffnung auf einen Millionengewinn ihren Lottoschein aus. / Wie wir uns beim Reichwerden selbst im Wege stehen. / Geld. Hat man welches, macht es zwar nicht automatisch glücklich, aber es beruhigt doch meistens. etc. pp.

(Angaben sämtlich aus dem Internet, deswegen ohne Gewähr. Siehe auch: Ein Portal zum Thema Glücksspielsucht.)
 
Fr, 26.03.2010 |  # | (458) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: fragmente



 

Am Strand mit R. Goetz

Wir schnitten im Segelboot sitzend die Wellen, der Wind wehte weich, Stärke 4 oder 5, es war erträglich und außerdem warm und ab und zu rauschte salziges Wasser über unsere Köpfe, aber nur kleine Spritzer, keine dicken Brecher, die uns hätten von Bord spülen können, alles ganz sanft. Irgendwann fiel mir das iPhone aus der Hand, ich hatte es wohl die ganze Zeit fest umklammert, aber dann gab es einen Ruck, einen harten Stoß, eine Bö traf das große Segel und schon fiel mir das Ding aus der Hand, zersprang in fünf kleine Teile, war unbrauchbar. Zum Glück hatte R. Goetz am Strand eine kleine Hütte, in der er recht mürrisch Menschen empfing, die ihm zerfallene, zersprungene, zerbröselte Kommunikationsinstrumente vorbei brachten, die er für ein geringes Entgelt reparierte. Als ich ihm das zerbrochene iPhone in die Hand drückte musste er aber lachen: Ja, ja, sagte er dann, diesen chinesischen Schrott kann ich schnell für dich reparieren, hält mich kaum von meiner eigentlichen Arbeit ab. Und als ich ging, stellte sich R. Goetz an ein Stehpult und schrieb mit wilder Schrift und einem unglaublichen Tempo wirre Zeilen in ein Notizbuch und lachte dabei. Aufgewacht.
 
Mi, 24.03.2010 |  # | (927) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: auf der borderline nachts um halb zwei



 



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Letzte Aktualisierung: 03.06.2024, 07:57


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