Vereinfachung (Uups, der Sonntag ist schon längst vorbei? Egal.) Das Leben kann so einfach sein. So einfach, dass es nicht einmal stört, wenn der Sonntag um sechs Uhr morgens beginnt, wenn draußen ein kräftiger Regenschauer rauscht, wenn es noch dunkel ist und kalte Luft durch das offene Fenster in der Küche in die Wohnung strömt. Es riecht nach Herbst, es fühlt sich wie Herbst an, es ist Herbst. Der Weg zum Bäcker ist gelblich ausgeleuchtet, ein wunderbar warmes Licht, passender Kontrast zum kalten Wind, der gnadenlos durch die Bäume fährt und Blätter auf die Erde fallen lässt. Die Kastanien sind schon kahl, andere Bäume wandeln gerade ein kräftiges Gelb in ein dunkles Rot, ein in Gummisachen verpackter Wicht springt durch die Pfützen und lacht dabei, als hätte es nie einen Sommer gegeben, als müsste es nie andere Jahreszeiten geben, der Winter wird kommen und selbiger Wicht wird ihn ebenso lieben, wie den Herbst, den Frühling und den Sommer. So einfach ist das Leben. Ich habe keine Ahnung, stelle ich oft fest, ich spüre, fühle, manchmal denke ich sogar, ich denke: Das Leben ist schön, aber schwer oder kompliziert, wir machen es uns schwer und natürlich ist das alles eine Vereinfachung (mit gerade mal winzigem philosophischen Anspruch, dürfen Sie jetzt gerne sagen), Probleme türmen sich bedrohlich auf, riesige und dunkle Gebirge, die jeden Moment auf einen herabstürzen können, herabgefallene Brocken versperren den eingeschlagenen Weg, man muss ausweichen, Umwege gehen, nachdenken, reden, diskutieren, aus dem Weg räumen oder sich andere Richtungen suchen. Im Schatten der sich auftürmenden Felsen ist nichts einfach, nichts erscheint mehr leicht, kompliziertes Leben, schwierig zu meistern, ein ständiger Kampf, man muss immer wachsam sein, die Instinkte sind geschärft und man liegt auf der Lauer, die richtige Kleidung im Gepäck, für jede Wetterlage und auf jeden Fall festes Schuhwerk. Denken, oft denken wir uns angestrengt durchs Leben, finden keine Antworten und verzweifeln darüber, nicht denken zu müssen, kann eine Wohltat sein. Der gelblich leuchtende Weg beruhigt, das fröhliche Kinderlachen, der Blick, unverklärt und unbekümmert, einem Eichhörnchen hinterher schauend, staunen, sich an diesem schwierigen Wort versuchen, die Welt entdecken und sich einen eigenen Reim darauf machen. So einfach ist das Leben, wenn man es so nimmt, wie es einem begegnet, Wichte können das, sie sind unverdorben, unvoreingenommen, sie misstrauen nicht, leben in einer Mischung aus Realität und Phantasie, entdecken jeden Tag neues, an dem sie sich erfreuen können, stellen eigene Theorien auf, über Dinge, die ihnen so wundersam erscheinen, erscheinen müssen. Auch sie denken, aber direkt, nicht in verqueren Bahnen, ohne den Blick auf große Fragen, die wichtig sind, die einer Antwort harren, deren Beantwortung manchmal nach einem schmerzhaften Weg verlangt, stellt man sich neben die Wichte, tritt man zurück, entschleunigt, genießt, alles wird einfach. Ein Sonntag, an dem das Leben so einfach erscheint, tut gut, es kommt einem vor, als wäre man verreist, eine wichtige Auszeit, die dankend angenommen wird, wohlige Wärme und ein wenig Melancholie, um fünf wird es dunkel, Zeit für Kerzen in jeder Ecke, draußen regnet es wieder und drinnen riecht es nach Kaffee, später nach Essen, wir müssen uns keine Wunden lecken, wir können unbeschwert lachen, genießen, leben, Kraft sammeln, einfach nur leben, die Gebirge bleiben vorerst außen vor, morgen ist auch wieder ein Tag.
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(geborgt bei flickr)
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Letzte Aktualisierung: 03.06.2024, 07:57 Links: ... Home ... Blogrolle (in progress) ... Themen ... Impressum ... Sammlerstücke ... Metametameta ... Blogger.de ... Spenden Archiviertes:
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