... Ein Blogger machte tolle Fotos von den Kindern. Wir lebten in einer Holzhütte am Rande der Stadt, ein unglaubliches grünes Meer um uns herum, zum Mittag gab es Reis und ich arbeitete an einem Online-Magazin ohne Kommentare. Ich schaute aus dem Fenster, richtete meinen Turban und meine Galabea, während zwei FBI-Agenten den Cabman verhörten, irgendwann rief der Muezzin zum Gebet. Aufgewacht.
... [Mach mal heute was mit Sonne. Vielleicht auch das Plattencover der Erstveröffentlichung eines Typen namens a guy called bufflon, der es endlich schaffte, komisch anmutende Weblogeinträge in drei Minuten Songs full of seelentiefster Melancholie umzuwandeln. Leider war der geplante Name des Albums, made in the dark, schon von einer anderen Band besetzt und für eine Neuauflage von a pocket full of kryptonite fühlte er sich (noch) nicht stark genug.]
... Wien. Mit dem Flugzeug, nicht mit dem Zug, wie ich es mir erhofft hatte, wollte ich doch alle Folgen der Serie "Twin Peaks" während der Fahrt schauen, zum ersten Mal, bei Erstausstrahlung hatte ich ja alles verpasst und später interessierte es mich nicht mehr. Aber jetzt. Mit dem Rollköfferchen quer durch die Abfertigungshalle, unüblicherweise mit Krawatte und in edlem Zwirn, Gewichtiges lag also in der Luft. In Wien arktisgrauer Himmel, klirrende Kälte und Eisberge im Prater. Ein kleinerer Herr mit schwarzem Haar, aus dem der schon von weitem erkennbare negativ markante Joop-Herrenduft strömte, machte mich in rheinischem Dialekt darauf aufmerksam, dass ich am falschen Ort gelandet sei, ich doch eher nach Leipzig müsse und er schon die Fahrkarten für den Zug dabei habe. Kann man "Twin Peaks" auch auf dem iPod-Touch schauen, fragte ich ihn. Der Zug gehe erst morgen früh, sagte er verwirrt, vorher müsse ich noch auf eine wichtige Lesung. Ich würde gern etwas von Kid37 vorlesen, sagte ich, worauf er mich mit verwirrtem Blick darauf hinwies, dass es sich um eine Karnevalsveranstaltung handele. Darum ja, sagte ich. Aufgewacht.
... Seit Tagen nichts anständiges (oder unanständiges) geträumt (oder sogar erlebt). Wo soll da bloß der Blogstoff herkommen? Anekdötchen erfinden?
... Pornoproduktion. Wieso dies? Im Rollstuhl eine alte Frau mit Pornobrille. Ich trage Textfragmente vor, in einer Sprache, die niemand spricht. Im Hintergrund Wissende: So geht das aber nicht und so schon gar nicht, also wissen Sie, Sie hätten sich mal schlau machen sollen, bevor Sie hierher gekommen sind und jetzt sagen Sie mal bitte die Wahrheit. Was ist die Wahrheit? Welche Wahrheit von den vielen? Neben Maeve Binchy las sie das Buch von David Beckham, also die Biographie - Biographien lebender Menschen, nun ja - und fühlt sich eng verwandt mit Viktoria, den versteinerten Gesichtsausdruck, bloß kein Lächeln und wenn, dann nur künstlich, dieses proletenhafte Zurschaustellen von Reichtum, sie könnte das. Sekundenbetrachtung. Das Spiegelbild lügt nicht, nur die Interpretation des Sichtbaren ist problematisch. Bist du das wirklich? So freundlich der Blick, aber hinter der Fassade? Was ist da los? Unterdrückte Angst. Abscheu. Doch, ab und zu merkt man das. Die Welt, grau und grün, schwarz und weiß, bedrückendes Bild, aber ist es denn wirklich so schlimm? Jammer, nur um des jammern willens? Jeden Tag Feste feiern, fröhlich sein und trinken und lachen und essen, bis der Magen sich biegt, nur weil die Welt noch nicht in Trümmern liegt? Es gibt immer schlimmeres, arge Schicksale, gebeuteltes Leben, es geht dir gut, sagst du und ich sage: Na und? Kann es nicht etwas geben, das den Wohlstand auffrisst, wegbrennt, ätzt und reibt und alles mögliche in Frage stellt? Fragen wird man wohl noch stellen dürfen, bevor sich Zufriedenheit breit macht und das Denken nachlässt oder nur noch zur Aufteilung der erwarteten Lottomilliönchen eingesetzt wird . Ja, ja, ja, sagst du und schaltest das Radio ein, einfach könnte es sein, hören wir und draußen ist es dunkel und darum isses aber nich und am Ende sind wir einfach: Aufgewacht.
Als Songschreiber Die beiden unverwechselbaren Songs "angry young man with a gun in his hand" und "melancholie" sind als Aufmacher, Leitstücke, whatever, der neuen Platte einer Newcomer-Band, deren Mitglieder im Proberaum immer Unmengen billigen Bieres konsumieren und sich wirklich nicht benehmen wollen, gedacht. Ich bin nur durch Zufall dort hinein geraten, mein Interesse für die artistische Verdrehung von Buchstaben (als Laie) machte mich mehr oder weniger unfreiwillig zu einem im Hintergrund agierenden Popsong-Texteerfinder. Während also "die Jungs", verdammt gut aussehende Kerle mit unmöglichen Frisuren und den Manieren einer Horde Wildschweine im Vorgarten eines Reihenhauses im Berliner Umland, wild und gefährlich über die Bühnen dieser Welt hüpfen und in ausverkauften Tanzsälen vor tausenden schmachtenden Damen im Alter zwischen zwanzig und vierzig ihre Hemdchen aufreißen, um ihre unbehaarten Hühnerbrüste der wabernden Masse zur Schau zu stellen - ein Akt, der regelmäßig zu animalischen Schreiorgien bei den anwesenden Mädels (und auch vereinzelten Jungs) führt - sitze ich im stillen Kämmerlein, irgendwo hinter der Bühne oder zu Hause, auf der Couch und leide an meinem wenig bis gar nicht vorhandenen Talent zur Verdichtung von Inhalten, Verdichtung von Worten zu griffigen Pop-Texten, ein Song bitte nicht länger als dreieinhalb Minuten. Ich kann ja nicht mal ein Instrument spielen. Oft schau ich mir dann, mit Kopfhörern, um den infernalen Lärm der kreischenden Menge nicht aushalten zu müssen, die Aufzeichnung von Nirvana unplugged auf MTV an - Erinnerungen an die gute, alte Zeit, vor den Klingeltönen - und versuche, so leidend auszusehen, wie Kurt Cobain, bevor er sich seines Gesichtes beraubte. Leider passt mein Gesicht nicht zu seinem (weder davor, noch danach), genauso wenig wie der Rest von mir, ich bin kein Kurt, kein Pete, kein von Lotzow und kein Ullmann, ich bin ich, verdammt noch mal und die Jungs da draußen schreien meine mühsam aus dem Leib geschnittenen Silben in die Menge und werden dafür geliebt, als die sexieste und beste Band ever ever ever, man kann sie sich natürlich auch als Klingelton herunterladen. Die Songs. Bei MTV. Neid. Und jetzt verlangen sie auch noch, dass ich ein Foto für das Cover schieße. Aufgewacht.
In das Webmail-Interface den Button "Jetzt Vorratsdatenspeichern" hinein programmiert, das Ganze verziert mit einem dicken Stinkefinger und der kurzen Rückmeldung "Jetzt auf Vorrat Daten gespeichert. Alles was Sie speichern, kann und wird gegen Sie verwendet...". Aufgewacht.
Heute Nacht überrumpelte mich ein Traum: Ich, unterwegs als rasender Deutschlandreporter oder Weltreporter oder Irgendwoherreporter, die schönsten Plätze dieses Planeten besuchend, in der Hand eine unglaubliche teure Kamera, die ich wie ein Heiligtum behütete, weil sie mein Heiligtum war, mein Herz, mein alles und ich schoss Fotos, für die ich mich selbst bewunderte (Qualität!) und später schrieb ich im Stile eines erfahrenen Drei-Sterne-Kolumnisten ein fesselndes Manifest über die Lust und den Frust des Bloggens, das so unglaublich positiv rüberkam und mir drei Tage lang Besucherzahlen in fünfstelliger Höhe bescherte, was mich allerdings aufgeschreckt aufwachen ließ und mir klitzekleine Schweißperlen auf die krausgezogene Stirn zauberte. Vielleicht fiebre ich, ja, doch, ich glaube, ich muss in den Norden der Welt, Ebbe und Flut und frische Luft, na ja, Sie kennen das ja.
Wichtige Mitteilung Dr. No, der alte Bonker-Buster, hat es scheinbar geschafft. Teile des als Internetz getarnten Massively Multiplayer Online Terrorcamps (MMOTC™) scheinen lahm gelegt. Es wird vermutet, dass ein befehlstreuer F4-Phantom-Pilot der schnellen Bundesterroreingreiftruppe das bekannte Internetdingsdrehkreuz Frankfurt (nicht Oder), ein wahnsinnig, ja fast unglaublich gefährlicher Terrorknotenpunkt im weltweiten MMOTC™, mit einem gezielten Schuss aus der Bordkanone in Brand geschossen hat. Ein eindeutiger Fall von übergesetzlichem Notstand, so Dr. No in einer ersten geheimen Stellungnahme, schließlich hat ein inoffizieller Horchposten des obersten Terrorverhinderers eindeutige Kommunikation eines gewissen Osama al Viagr Ah mit einem seiner unglaublich vielen verbündeten und gut versteckten Terrorkumpanen in den USA feststellen können. O. wollte, so Dr. No in seiner ersten geheimen Stellungnahme, mehrere Tonnen eines bisher unbekannten Potenzmittels, das in einer ganz speziellen Menge zu einer ganz speziellen Uhrzeit an einem ganz speziellen Tag in Verbindung mit ganz speziellen, hochexplosiven Substanzen (womöglich auch radioaktiv und somit besonders schmutzig) vermutlich als Bombe verwendet werden könnte, an seinen Hintervordergroßonkelsneffen verkaufen. Äußerst gefährlich! Angesichts solch absolut konkreter, um mit den Worten des Dr. No zu sprechen "vor der Tür stehender" offensichtlicher Terrorgefahr, blieb dem äußerst korrekten und als gesetzestreuen "Mr. Antiterror" nichts anderes übrig, als die höchstrichterliche Entscheidung der höchsten Richter seines höchst komischen Landes höchstrichterliche Entscheidung sein zu lassen, den höchsten Richtern seines höchst komischen Landes den dicken Finger zu zeigen und einen erbarmungloses "Foierrrrrrrrrrrrrrrrrrrr" in den Äther eines Funkgerätes aus dem Jahre 1942 zu brüllen. Danke, Dr. No.! (Aufgewacht.)
Halb 2 Politiker wollen eine TV-Steuer einführen. Politiker warnen vor Ultramegaatombombenterror. Politiker wollen Flugzeuge abschießen, im Verdachtsfall. Gegiert und gedürstet, durch die düstere Stadt gerannt, gesoffen und gehurt, mit einem Kugelschreiber eine Geschäftspartnerin erschlagen. (Aufgewacht.)
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Letzte Aktualisierung: 03.06.2024, 07:57 Links: ... Home ... Blogrolle (in progress) ... Themen ... Impressum ... Sammlerstücke ... Metametameta ... Blogger.de ... Spenden Archiviertes:
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