Zwischenspiel, das fehlende Ende. Lesen Sie bitte zuerst hier, sonst könnten Sie verwirrt werden. Und ich will ja nicht, dass Sie so werden, wie ich. 3 Als ich nach einer Weile wieder erwachte, spürte ich einen pochenden Schmerz im Schädel. Ich wollte mir an den Hinterkopf fassen, doch konnte ich meine Arme nicht bewegen. Langsam schaute ich an mir herab und stellte erschrocken fest, dass ich in einem alten Ohrensessel saß, die Arme an den Armlehnen festgeschnallt, ebenso die Füße am unteren Teil des Sessels, offensichtlich ein furchtbar altes Stück aus dem vorletzten Jahrhundert. Wo war ich gelandet? Wer hatte mich hier festgeschnallt? Ich sah mich um, es war relativ dunkel und die Umgebung nur schemenhaft zu erkennen. Ich befand mich in einem Raum, der wie ein Internetcafé aussah, überall standen flackernde Bildschirme herum, angeschlossen an leise rauschende Computer, die unter den Tischen standen. Langsam erhellte sich mein Blickfeld, ich konnte schemenhaft Personen erkennen, die an den Computern saßen, manche hatten Kopfhörer auf, andere unterhielten sich, scheinbar nahm mich keiner wirklich war, jedenfalls schien ich nicht aufzufallen, niemand sprach mich an. Nach einer Weile erkannte ich mehr, allerdings fiel mir auf, dass ich scheinbar in einem schwarz-weiß Film gelandet war, die Bilder, die ich wahr nahm, waren jedenfalls ohne jede wirkliche Farbe. Ich ließ meinen Blick schweifen und erkannte nun in der Ecke ein DJ-Pult, an dem der Beetfreeq stand, mit Kopfhörern auf dem Kopf, er legte Platten auf, glaubte ich, jedenfalls kam aus dieser Richtung die Musik, die ich auf dem Hof nur gedämpft gehört hatte. Der Beetfreeq, schoss es mir durch den Kopf, wie geht denn das? Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Was war geschehen? War dies vielleicht nur ein Traum? Oder doch die Wirklichkeit? Nun erkannte ich weitere Einzelheiten, wie zum Beispiel den Fernseher, der in einer anderen Ecke stand. Es liefen die Tagesthemen, seltsame Nachrichten, gelesen vom Gorillaschnitzel, gerade ernannte er Tokio Hotel zu den Halbdackeln des gesamten Jahres 2006. Ein Stück weiter saß Frau Morphine auf dem Schoß vom Cabman und knutschte wild mit ihm rum, ab und zu schauten sie zu mir herüber, schienen sich aber nicht von meinem wirklich seltsamen Erscheinungsbild stören zu lassen. Miss Schlüsselkind saß vor einem PC, mit einem Headset auf dem Kopf und ärgerte sich gerade über ein unausgereiftes Programm zum Produzieren von Podcasts, daneben Frau Bona, die sich angeregt mit einem als wilden Schutzgeist verkleideten Mann über die richtige Pflege von Tulpen unterhielt, zwischen zwei Tischen stand ein kleines Minilabor, an dem der Biochomiker sich zu schaffen machte, überall standen kleine Gefäße mit brodelnden Flüssigkeiten herum und er murmelte ständig etwas vom Klonen von Bloggern. Die Szenerie erinnerte mich irgendwie an einen Hitchcock-Film, alles ein wenig gespenstisch, alles ein wenig skuril, andächtige Stille und wildes Treiben mischten sich zu einem beunruhigenden Geräuschteppich und ich fragte mich inzwischen, ob ich vielleicht in einer Parallelwelt gelandet war, gespeist von den Gedanken bloggender Menschen. Wen konnte ich wohl noch entdecken? Herr Engraver versuchte mit seinem neuen Tele einen alten Holzstuhl ins rechte Licht zu rücken, Frau Cosmo schlürfte den nach ihr benannten Drink und unterhielt sich mit mir unbekannten oder schwer erkennbaren Schatten, teilweise buntgestreift, ab und zu wurde das Gespräch von einem herzerfrischenden, gemeinschaftlichen Lachen unterbrochen, der Zampano hielt vor einer staunenden Menge einen Dia-Vortrag der etwas anderen Art über Dschibuti ab, die Bildershow und die Geschichten wurden ab und an von artistischen Übungen des Bären Farnstoff unterbrochen, gerade fuhr dieser auf einem Einrad über die Minibühne, daneben referierte Herr Kuhlumbus über den tatsächlichen Einfluss von Kuhabgasen auf das Weltklima. Alles irgendwie schön, aber skuril. Und warum war ich gefesselt? Inzwischen vermutete ich, dass ich in einem geheimen Quartier einer Bloggerloge oder so etwas ähnlichem gelandet war, hier trafen sie sich also, dachte ich, um unter dem Deckmantel von scheinbaren Banalitäten Großes zu planen, ich malte mir Verschwörungstheorien aus, hier wurde also die Übernahme der Weltherrschaft geplant, nichts war dran an der Vermutung, dass so manche das Bloggen als heimlichen Zeitvertreib am Arbeitsplatz benutzten oder einfach nur aus Spaß an der Freude ihre Zeit im Internet verschwendeten, diese sogenannten Onlinetagebücher waren mehr als nur sinnloses Geplänkel, diese Leute hatten Handfestes vor, sonst würden sie sich nicht auf diese komische Weise zusammenrotten und Unbescholtene wie mich mitten in der Nacht zu sich rufen. Hatten sie mich wirklich gerufen oder bildete ich mir das nur ein? Es wurde noch merkwürdiger, zu meinen Füßen stand ein Grammophon aus den zwanziger Jahren, darauf eine alte Schellack-Platte mit der Aufschrift „Opa Edi liest Gottfried Benn“, an einem Monitor direkt neben meinem Sessel machte sich ein unglaublich übel gelaunter Herr an einem furchtbar langen Text zu schaffen und gerade als erkennen konnte, worum es sich in dieser Kurzgeschichte drehte, es war, soweit ich mich erinnere, eine Story über einen komischen Kauz aus kaputtem Elternhaus, der einen unglaublichen Aufstieg in der Bloggerszene mitmachte und dann über sich selbst stolperte (die Notizen des übel gelaunten Herrn, ich konnte sie nur schwer erkennen, gingen noch weiter, aber er sagte ständig zu sich selbst: Das kann ich nicht schreiben, das geht zu weit, das ist viel zu schrecklich, außerdem ist es viel zu viel Text, sowas liest heutzutage keiner mehr.), erschien Herr Kid in der Szene, verkleidet als Franziskaner-Mönch mit einer Gitarre in der Hand und spielte einen selbstkomponierten Song namens Hallo, das bin ich und this is some of my music. Das war mir zuviel. Jetzt wollte ich nicht mehr, ich schrie, wie ich noch nie in meinem Leben geschrien hatte, ich schrie mir den letzten Funken Leben aus meinem Leib, ich schrie „Lüge, das ist alles Lüge, so ist es nicht, es ist alles ganz anders. Nein. Nein. Nein!“ und begann mich wie wild zu schütteln, versuchte mich zu befreien, hantierte mich wie ein Wahnsinniger und betete, dass dies ein Traum war, nur ein Traum, meilenweit von der Realität entfernt. Alle drehten sich zu mir um und lachten, eine Hand packte mich von der Seite und schüttelte mich, erst ganz zart, dann wilder und am Ende hörte ich jemanden rufen: „Papa. Papa? Papa! Paaapaaa!“ Ich öffnete meine Augen und fand mich in unserem Bett, in unserem Schlafzimmer wieder. Der Große schaute mich entsetzt und mit großen Augen an, ich schwitzte am ganzen Leib und das ganze Bettzeug war völlig zerwühlt. Was für ein Traum. Ich brauchte lange, bis ich wieder zu mir fand, lange hatte ich das Gefühl für die Realität verloren und dachte daran, dass dieser Traum irgendwie real gewesen sein konnte, in irgendeiner Form und erst als der Große sagte: „Papa, weißt du, ich bin immer noch aufgeregt. Auf nächstes Weihnachten, da müssen wir heute noch den Wunschzettel fertig machen, ja, und dann bin ich auch noch auf Silverster aufgeregt, wegen der ganzen Knallerei, vor der ich ja so ein bisschen Angst habe, also komm, steh auf und spiel mit mir, ja?“ war ich mir sicher, dass der Rest dieser Nacht nur ein dunkler, komischer Traum war, zum Glück nur in schwarz-weiß.
Oh, wie schön, wie schön :-)) Wirklich, sehr skurril und gleichzeitig real. >> Kommentieren Oh, da freue ich mich aber ganz besonders, als Bloggerlogenmitglied und für die Widmung. Vielen Dank für diese ganz großartige Geschichte und für die anderen schönen, die schon waren und noch kommen. Einen guten Rutsch in ein wunderbares 2007! >> Kommentieren at its best!
Ein Buch muss her! Danke, für alles so, du weisst was ich meine, auf ein weiteres Jahr. Gruss und das Beste, auch an die Minibüffel und die Büffelfrau!>> Kommentieren Spamming the backlinks is useless. They are embedded JavaScript and they are not indexed by Google. |
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