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Zwischenspiel im Zwischenspiel

Warum? Darum.

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In der Dunkelheit sah ich keinen Tunnel mit einem hellen Licht am Ende, das langsam näher kam, obwohl es wohl gepasst hätte. Nein, ich sah einen Bildschirm auf dem alten Sekretär meines Urgroßvaters, den er Ende der zwanziger Jahre irgendwie aus Posen nach Berlin gebracht hatte, schwach ausgeleuchtet auf einer sonst schwarzen Bühne, jedenfalls sah es so aus. Auf dem Bildschirm war ein Browserfenster geöffnet und es lief folgendes Video:



Lange konnte ich dieses Bild allerdings nicht genießen, irgendwann kam die Dunkelheit wieder. Und die unglaubliche Stille.
 
Do, 28.12.2006 |  # | (415) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: blogosophie



 

Zwischenspiel

oder Das Ende einer Spaßgesellschaft

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Was für ein Fest. Nein, nicht turbulent, aber auch nicht spektakulär, eher erkenntnisreich. Keine tiefgründigen Erkenntnisse, nein, überhaupt nicht, im Prinzip war es eher ein dumpfer Schlag, der das lang gehegte und gepflegte Brett vor dem Kopf entfernte, endlich, ein Ende der Spaßgesellschaft, im nächsten Jahr fahren wir vielleicht ganz weit weg. An die Ostsee, das wäre meine spontane Idee. Am Ende stolperte ich, den Gürtel ein Loch weiter gestellt, durch die kalte Nacht und drehte den MP3-Player auf volle Lautstärke. Endlich wieder ordentliche Musik, nicht dieses Gesäusel vom heiligen Abend, von der heiligen Nacht, endlich wieder ich, endlich wieder ein wenig Normalität. Selbst der Hund atmete wieder auf, nicht mehr diesen leckeren Gerüchen nachhecheln, darauf hoffen, dass etwas von der leckeren, fetten Gänsekruste vom Tisch fällt. Nein, das Fest war nicht schlimm, es war ok. Und gerade in diesem Moment sang Thees Uhlmann etwas von einem passionierten Mensch in einem mediokren Land und ich fragte mich, warum diesmal das Mittelmaß ausreichte, um trotzdem ein gutes Gefühl zu hinterlassen. Egal, ich sang laut mit und sprang herum, wie ein Verrückter, mir doch wurst.

In der Wohnung schliefen schon alle, selbst die Angebetete schnarchte süß vor sich hin. Ich stürzte mich hinein, in das wunderbar kühle Bett, tief schlafen, dies war mein einziges Ziel in dieser Nacht, tief schlafen, mehr nicht. Noch schnell ein paar Zeilen lesen, doch das Buch fiel mir schnell aus der Hand, die müden Augen zu, der Körper wurde ganz schwer. Komm zu mir Nacht, dachte ich und ließ mich fallen. Süße Schwere umfing mich, ein tiefer, bodenloser Fall, erst ein dunkles Nichts, dann wohlig warme Farben und doch stand ich irgendwann unvermittelt wieder auf, zog mir ein paar dicke Socken an und schaltete die wunderbar gelblich-warme Beleuchtung des Weihnachtsbaums ein. Ein kurzer melancholischer Blick auf die Geschenke unter dem Baum, die der Weihnachtsmann dort angeblich hinterlassen hatte und ich lief schleichend durch den Flur, nahm meinen Schlüssel und ging durch die Wohnungstür hinaus.

Der Hausflur war dunkel und kalt, jemand hatte die Tür zum Hof aufgelassen, immer wieder dasselbe, ärgerte ich mich, zog doch dann immer die kalte Luft in unsere Wohnung. Ich schaltete das Licht an und entdeckte an der gegenüberliegenden Wand eine Postkarte, die dort jemand mit durchsichtigem Klebeband auf den Fliesen befestigt hatte. Auf der Vorderseite war Albert Einstein zu sehen, er stand vor einer Tafel und auf deutete verschiedene Formeln, auf der Rückseite stand mit hecktischem Schriftzug der Spruch „Geist ist geil!“ Wer hatte diese Karte dort angebracht? Albert Einstein? Geist ist geil? Und warum war eigentlich diese verdammte Tür offen?

Ärgerlich ging ich zur Hoftür, um sie zu schließen, über die Karte konnte ich mir später noch Gedanken machen. Auf dem Hof hörte ich komische Geräusche, die eindeutig nicht zum normalen Geräuschpegel in unserem Haus gehörten. Es war ein wildes durcheinander von Stimmen, gedämpft, aber trotzdem hörbar, ein wenig Musik dazu und ich fragte mich, woher diese Geräusche wohl kamen. War etwa der DJ aus der dritten Etage im Hinterhaus wieder eingezogen und versorgte uns nun wieder mit den neuesten Klängen aus der Berliner Clubszene, zu jeder Tages- und Nachtzeit? Ich trat heraus auf den dunklen Hof, der Boden war feucht und kalt, alles andere als angenehm, aber ich war neugierig. Der gedämpfte Lärm kam nicht von oben, aus irgendeiner der Wohnungen im Hinterhaus oder den Nachbarhäusern, sondern eher von unten und mein Blick fiel augenblicklich auf die Kellertür, die komischerweise offen stand. Doch nicht nur dies war komisch, merkwürdigerweise leuchtete nicht das sonst übliche grelle weiße Licht der Kellerbeleuchtung aus dem Keller, sondern nur ein schummriges blaues Licht, das von dichten Nebelschwaden verschleiert wurde. Was war da los? Neugierig ging ich in Richtung Keller und versuchte, die Treppe herunter zu schauen und irgendetwas zu erkennen. Die Stimmen und die Musik wurden zwar deutlicher, doch ich konnte nicht in den Keller hineinschauen, überall hingen die dicken Nebelschwaden, beleuchtet von diesem kalten, blauen Licht. Ich trat auf die Schwelle zu Kellertreppe und wollte auf den Schalter für die Kellerlampen drücken, als der Boden unter meinen Füßen nachgab und ich mit einem heftigen Ruck nach unten rutschte. Ich fiel mit dem Rücken auf den staubigen Boden des Kellers, konnte meinen Kopf kaum halten und schlug hart mit dem Hinterkopf auf dem kalten, bröckeligen Lehmboden auf. Das blaue Licht verwandelte sich schlagartig in tiefe, schwarze Dunkelheit, die Stimmen und die Musik verschwanden sofort und plötzlich wurde es unheimlich still.
 
Do, 28.12.2006 |  # | (792) | 1 K | Ihr Kommentar | abgelegt: blogosophie



 
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