In die große Stadt geschaut Einen Tag lang blauer Himmel, ganz weit in der Ferne sah man eine einzelne, verwaiste Wolke ziehen, wolkenloser Sommerhimmel und dazu ein warmer Wind, der, wäre ein See in der Nähe gewesen, das Wasser gekräuselt und leichte Schaumkämme in sanften Wellen ans Ufer getragen hätte. Am nächsten Morgen dann wieder Weltuntergangsstimmung, dunkelgraue bis dunkelblaue Wolken, in der Bahn eine leichte Schwüle - Mensch und Material immer noch vom Vortag erhitzt - und draußen tobt der düstere Sommer. Vielleicht gibt es mal wieder ein schönes Gewitter? Überhaupt: Die Bahn. Seitdem die S-Bahn nicht mehr fährt, muss man in der sonst so angenehm stillen und verlassenen Tram stehen, mit ständig schrumpfendem Platz auskommen, in irgendeiner Ecke, sich irgendwie festhaltend im Stehen lesen. Jeder bleibt in seiner eigenen Welt und während andere an Seen leben, entspannen und bei Torte und Tee über die bessere Gesellschaft philosophieren, sitzen wir hier und beugen uns dem Los der zur Gehaltsarbeit verdonnerten Schichten, stehen pünktlich an der Haltestelle, um ja nicht die Bahn zu verpassen, man würde ja schief angeschaut, von den oberen Zehntausend aus der Chefetage, täte man den Kampfplatz für das Wohl der Unternehmung zu spät erreichen, das wäre skandalös. Es ist auch gar nicht schlimm, ein öffentliches Nahverkehrsmittel zu besteigen, zu normalen Geschäftszeiten tut es nicht weh, natürlich ist es voll und eng und man muss seine Atemluft mit Menschen, mit denen man üblicherweise nichts zu tun hat, teilen, aber es geht vorüber. Sicher ist eine Tour im offenen Coupé angenehmer und vor allem auch erholsamer, aber was soll man tun? Der Weg nach oben ist lang und beschwerlich und, nun ja, niemand bekommt etwas geschenkt und niemand ist etwas besseres. Abgründe hier und dort, da bin ich mir sicher. In der Bahn sitzt kaum jemand, der als Werbeträger in Frage kommen würde, keine roten Irokesen, keine iPhoneaddicts, niemand weiß hier, was der Appstore ist, hier brauchen nur die Damen mit den gefährlichen Fingernägeln teure Superflatrates, um vom Alexanderplatz bis zum S-Bahnhof Marzahn mit Tina zu telefonieren, um über heiße Nächte mit Sowieso berichten zu können, der Rest schweigt und erträgt die tägliche Last des öffentlichen Nahverkehrs. Und morgen wieder werde ich auf mein Rad steigen und die frische Luft, die Kühle, den Fahrtwind genießen, werde in die Pedalen treten und frei sein, frei vom Fahrplan, frei von der stickigen Luft, frei von den vor sich hin starrenden Menschen, nur für diesen einen Tag, denn übermorgen sind wir wieder alle gleich, die Straßenbahnmitfahrer der Linie M6. (Und was es noch so gab: Passen Sie auf Ihre Überweisungen auf. - Vergessen Sie nicht die reale Welt. - Überlegen Sie genau, wo Sie Ihren Dienstwagen abstellen.)
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