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Ein Ruck in der Speckschicht

Der Blick in den Spiegel verrät alles. Selbstdisziplin war noch nie meine Stärke und das der Bauchumfang den Brustumfang langsam überholt, ist nur ein äußerliches Zeichen dafür. Ich arbeite mich durch das Fotoarchiv, sehe diese unglaublichen Bilder und denke mir "Du Arsch, reiß dich mal zusammen, das Leben besteht nicht nur aus Streuselschnecken und Gummibärchen. Du sollst ja nicht in Askese leben, aber diese Völlerei ist doch nicht mehr gesund. Wie sieht das überhaupt aus, wenn ihr da so nebeneinader sitzt, sie strahlend, mit ihrem leuchtenden Haar und du, mit wabbelnder Speckschicht?" Der Kopf schmerzt, die Lunge fühlt sich an, als hätte ich in der Nacht ein ganzes Kopfkissen voll kleiner Federn eingeatmet, in der Straßenbahn eine weibliche Jugend-Handballmannschaft irgendwo aus der Provinz, sie kreischen schrill durch den ganzen Wagen, es nervt fürchterlich und ich muss mich bremsen, in Gedanken, die ich kaum zu fassen bekomme. Irgendetwas muss ich tun. Ohne Körper wird der Geist nicht lange über die Runden kommen. Es gab Zeiten, da habe ich mich im letzten Viertel über das Feld gequält, bin trotzdem noch höher gesprungen, habe gerempelt und geschoben, mit schweißnassen Hemd und trockenem Mund, bis zum bitteren Ende. Bin gerannt, lange Runden um den Flugplatz, bin geschwommen, Fahrrad gefahren, kaum etwas wabbelte an mir herum, ich musste nicht keuchen, wenn ich mal nach der Bahn gerannt bin. Es geht nicht darum, ein Adonis zu sein. Es geht nicht darum, irgendwelchen Fotohengsten nachzueifern, die kommen bei der Herzensdame sowieso nicht gut an. Es geht um die eigene Zufriedenheit, das schlechte Gefühl, dass weg muss. Es muss ein Ruck gehen, durch die Speckschicht.
 
Fr, 22.09.2006 |  # | (703) | 17 K | Ihr Kommentar | abgelegt: le bufflon


kuhlumbus   (22.09.06, 12:12)   (link)  
Kann
ich nachvollziehen. :o) Obwohl es aus meiner Langstreckler- und Fußballer-Karriere nicht allzuviel Fotos gibt. So bleibt mir einiges an Melancholie erspart.

Diverse Essenseinschränkungsundumstellungspläne sind dann immer an irgendetwas gescheitert. Aktuell an einer attraktiven und sympathischen Verkäuferin. Am Hähnchenstand im Supermarkt. Als ich letzte Woche, nach beiderseitigem Urlaub, wieder von ihr bedient wurde, lächelte sie schon von weitem und begrüßte mich mit den Worten: "Hey, ich dachte, Sie wollten nach der Fußball-WM mit ner Diät anfangen." Die anderen Leute am Stand guckten an mir herunter und nickten verständnisvoll. Mist.
Gestern hat sie schon die Tüten bereitgelegt, als sie mich nur gesehen hatte. Und sie hat sich nicht geirrt. Solange diese junge Frau am Stand bedient, werd ich sie wohl nicht enttäuschen können.
Einzige Lösung: Sie muss ihr Angebot erweitern. Gedünstete Broccoli zum Beispiel. Ess ich auch sehr gern.
Zumindest, wenn sie nach dem Dünsten kurz in Butter angebraten werden ... ;o)


bufflon   (22.09.06, 15:40)   (link)  
Meine Essenseinschränkungsundum-
stellungspläne
scheiterten bisher immer am Hunger. Heißhunger, um genau zu sein. Und dann isst man, es schmeckt wunderbar, man greift zu und noch einmal und noch einmal und am Ende platzt man, fast. Ich rieche gerade förmlich das gebratene Hühnchen und nur die Vorstellung triefenden Fettes hält mich davon ab, sofort los zu rennen und mir eines zu besorgen. Gedünstete Broccoli sind da eine wunderbare Alternative. Gestern landete auch ein leckerer Blumenkohl im Einkaufswagen. Es besteht also die reale Chance, der "Fettlebigkeit" zu entkommen.


-amigo-   (22.09.06, 16:03)   (link)  
rauchen ist da die loesung. zum modebewusst-ausgemergelten superstar wird man dann naemlich. das kann ich sagen.
dem keuchen ist damit allerdings leider nicht nachhaltig beizukommen. das kann ich auch sagen.


bluetenstaub   (22.09.06, 22:50)   (link)  
Als Raucherin sieht man nicht zwangsläufig aus wie Kate Moss, glaube ich. ;)

Aber auch das Keuchen auf dem Weg zur Bahn bleibt bei mir glücklicherweise noch aus. Vielleicht sind das einfach die Vorteile eines Nicht-Schreibtisch-Jobs. Nach einem regulären Arbeitstag muss ich abends nicht mehr joggen gehen, um mich wenigstens einmal am Tag "zu bewegen", und ich kann genüßlich essen, wonach mir gerade ist.


bufflon   (25.09.06, 10:40)   (link)  
Hab jahrelang geraucht und nichts hat sich getan. Allerdings wollte ich auch nie wie Kate Moss aussehen oder gar wie ihr bemerkenswerter Freund, na gut, der hat ja auch noch ein anderes Schlankheitsrezept. Jetzt landet nur noch ab und zu, zum puren Genuss, ne Fluppe zwischen meinen Lippen, wenn grad mal nicht anständiges zu Beißen in der Nähe ist.


c17h19no3   (22.09.06, 23:00)   (link)  
wir können ja eine wg gründen. sie als speck-teddy und ich als medikamentenaufgeschwemmter zombie (hätte nie gedacht, dass schmerzmittel fett machen). und dann gehen wir zum schönheitskontest. *g*


bufflon   (25.09.06, 10:42)   (link)  
Au ja, Schönheitskontest, aber nur, wenn du mich endlich duzen tust. ;-)


cosmomente   (23.09.06, 20:12)   (link)  
Sollte ich an dieser Stelle besser nicht erwähnen, dass ich um heute 9 Uhr morgens mit einer Freundin in der Schwimmhalle im Becken Bahnen gezogen habe? ;-)

und dass wir uns noch vor der Halle gefragt haben, wie wir eigentlich auf die bescheuerte Idee kamen uns an einem Samstagmorgen zum Schwimmen zu verabreden...es aber dann doch Spaß gemacht hat?


kuhlumbus   (23.09.06, 22:09)   (link)  
Warum
nicht erwähnen? Wegen des nicht tot zu kriegenden Aberglaubens "Fett schwimmt immer oben"? :o)
Oder wegen der Bewegungstherapie? Oder wegen des frühen Aufstehens?


cosmomente   (24.09.06, 14:28)   (link)  
wegen der Kombination aus "Bewegungstherapie" und "frühem Aufstehen".. ;-)


bufflon   (25.09.06, 10:44)   (link)  
Schwimmen. Schwimmen. Ja, in den letzten Wochen dachte ich auch daran, ich tat es sogar, allerdings unter warmer Sonne, in entspannter Atmosphäre. Im schnelllebigen Alltag müsste ich mir schon meine Schwimmhalle in den Keller bauen. Muss ich mal überlegen.


jeamuc   (24.09.06, 11:33)   (link)  
Streuselschnecken ...
Was für ein süßer Klang in einem ausgehungerten Exil-Berliner(innen)-Ohr. Meine Familie nutzt dieses Gebäck schon, um mich seelisch zu maltträtieren. Indem sie mir verbal welche voressen. Aber wenn ich mal heim komme, warten schon welche der leckersten auf mich ;o) ... So etwas scheint es in diesem ganzen großen Bayern nicht zu geben. (Bis auf einen einzigen Bäcker, den ich jetzt in München entdeckt habe. Gut, dass der nicht mehr in meinem direkten Einzugsgebiet liegt!).

Wenn Sie wirkich ernsthaft an dauerhafter besserer Ernährung interessiert sind, lieber Herr Bufflon, versuchen Sie's mal hiermit. Nachdem ich vor Jahren begriff, dass Diäten mit Reduktion und Verzicht der absolut falsche Weg sind und ich diese Methode für mich auf Lebenszeit ausschloss, war ich lange fast am Verzweifeln. Aber dort habe ich den m. E. absolut richtigen Weg gefunden. Kein Hungern, kein Verzicht, kein Heißhunger. Statt dessen lernen, die richtigen Dinge zu essen, in den richtigen Mengenverhältnissen, sein Verhalten zu korrigieren. Sowohl das Essverhalten als auch das allgemeine. Und noch einiges mehr. Schauen Sie mal rein in den Link, geben Sie mal links Ihre PLZ ein und gehen Sie unverbindlich zu einer Schnupperstunde. Ich hab im letzten Jahr – vor meiner Schwangerschaft – fast 25 Kilo ohne Quälerei abgenommen, und werde ganz sicher nach der Schwangerschaft auf diesen Weg zurückkehren. Denn er ist der einzig sinnvolle, der mir je begegnet ist.


bufflon   (25.09.06, 10:51)   (link)  
Streuselschnecken. Streuselschnecken. Ja, lecker. Schon allein wenn ich dieses Wort schreibe, könnte ich losziehen und mir so ein Teil besorgen. Ich kenne da einen Bäcker, da sind die riesig, tellergroß und lecker. Allerdings dürfte so ein Ding der Wochenration der Weightwatchers entsprechen. Ich kenne jemand, der dort mit macht, ihr tut es sichtlich gut, für mich wäre das allerdings wohl nichts. Sicherlich werde ich nie das für mich perfekte Bild erreichen, schon allein wegen der Tatsache, dass obige Ausfälle im Vierteljahrestakt stattfinden und ich ansonsten das Leben genieße. Klar, ich denke über meine Gewohnheiten nach, ändere ein paar Kleinigkeiten, so dass der Zufriedenheitsfaktor stetig gleich bleibt. Aber mit solch organisierten Veranstaltungen stehe ich immer noch auf mentalem Kriegsfuß. Und wegen fünf Kilo muss man ja auch nicht gleich so ein Heckmeck machen, zu den 25 zoll ich allerdings Respekt. Das zeugt von Willenskraft.


jeamuc   (25.09.06, 15:30)   (link)  
naja, wenn es sich
wirklich nur um 5 Kilo handelt, ist das wohl wirkich nicht so tragisch. Und wenn mit "Ausfälle" eher die Unzufriedenheit mit sich selbst gemeint ist, ist das okay. Die Dinge in Phasen immer mal wieder zu hinterfragen, ist ja auch eher gesund ;o) Ich schreib auch gleich noch eins tiefer weiter ...


lilly-charlotte   (24.09.06, 13:16)   (link)  
Oh ja, der innere Schweinehund und die phasenweise Erkenntnis..;-)
Das Problem ist in meinem Fall die eben auch genau jene Phasenhaftigkeit. Gesunde Ernährung und viel Bewegung - das ist löblich und eben drum stehe ich das dann auch ein paar Wochen durch.
Aber dann...dann kommt der Genussmensch in mir doch meist wieder zum Vorschein und kiebitzt mal nach einem Glas Rotwein oder Pasta oder was auch immer.
Und dann kommt die "Ach, ist doch egal, so lange die Hosen passen"-Phase. Bis es denn wieder von vorne losgeht...;-)


bufflon   (25.09.06, 10:51)   (link)  
Wir sollten einen Club aufmachen.


jeamuc   (25.09.06, 15:41)   (link)  
... Fortsetzung ;o)
Ja, aber genau das ist ja der Unterschied von WW zu Diäten! Es gibt im Grunde keinen Verzicht auf Genuss!!! Und daher kann man es auch gut "durchhalten". Weil alles erlaubt – ja sogar erwünscht – ist und man einfach im Endeffekt (u. a.!) nur über Menge und Häufigkeit und Verteilung im Gesamtkontext nachdenkt, gibt es keine Attacken mehr. Z. B.

Und das Aber mit solch organisierten Veranstaltungen stehe ich immer noch auf mentalem Kriegsfuß ist ja nur am Anfang so organisiert. Irgendwann geht einem diese Art des Lebens in Fleisch und Blut über und wird ganz normal und selbstverständlich. Wie lange das bis dahin dauert, hängt natürlich ganz davon ab, wie tief und gefestigt man in den alten Bahnen war.











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