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Soccer+

Die Frauen verweisen gern darauf, dass sie sich nicht mit den Männern vergleichen lassen wollen und vielmehr eine andere Sportart betreiben, sie hat sogar einen eigenen Namen, Frauenfußball. Das ist schon ein bemerkenswertes Alleinstellungsmerkmal. Niemand spricht von Frauenleichtathletik oder Frauenvolleyball. Aber auch im Frauenfußball beträgt die Spielzeit zweimal 45 Minuten, der Strafraum wird von weißen Kreidelinien markiert und am Ende gewinnt die Mannschaft, die mehr Tore geschossen hat als der Gegner. Natürlich spielen Frauen das gleiche Spiel wie die Männer, sie spielen es nur nicht so schnell, nicht so körperbetont, technisch nicht so anspruchsvoll, kurzum: Sie spielen nicht so gut.

Man erkennt das Unbehagen - Tagesspiegel

Bisweilen versammelt sich minder- bis volljähriges Fachpublikum zum Anstoß am zentralen Empfangsgerät, man diskutiert, schaut hin, feuert an und isst Chips, wie das so ist, in Fußballdeutschland. Die vermeintlich Intellektuellen unter den Anwesenden reden dabei gern von Rasenschach, echte Fußballrüpel fordern auch mal eine Blutgrätsche, ab und zu fällt ein Fachkommentar zur Arbeitskleidung des balltretenden Personals, die anwesenden Bundestrainerinnen und Bundestrainer kennen sich also aus.

Ob nun Rasenschach oder Blutgrätsche, dämliche Fangesänge oder intelligente Spielanalysen, die Weltmeisterschaft 2011 (der Frauen) ist eine Weltmeisterschaft zum abgewöhnen. Seit mehr als einer Woche versucht das erwähnte Fachpublikum dem Geschehen gelegentlich zu folgen, doch leider blieb das bisher Gesehene und Gezeigte ganz weit unter dem Wahrnehmungsradar. Schnarchige Taktiken aus dem Mittelalter der Fußballwelt, Quoten für erfolgreich gespielte Pässe im einstelligen Bereich, blindes Schiedsrichter- und unqualifiziertes Moderationspersonal, das alles - und noch viel mehr - lockt niemanden wirklich auf die Couch, das Fachpublikum wendet sich gelangweilt ab, widmet sich anderen, wichtigeren Tätigkeiten (Vorgarten-tikki-taka, Kartoffeln schälen, Fotoalben basteln) und erinnert sich wehmütig an das letzte große Ereignis der glitzernden Fußballwelt, das in jeder Hinsicht Lichtjahre von dieser Weltmeisterschaft 2011 entfernt liegt.

Und natürlich mangelt es nicht an Respekt vor den Akteurinnen, aber auch hier ist es wie immer: Große Verpackungen wecken große Erwartungen. Werden die nicht erfüllt, ist das kleine Kind nun einmal taurig. Ist doch ganz einfach, diese Welt.
 
Di, 05.07.2011 |  # | (615) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging



 

Ist auch noch da

Berufswünsche der Kinder ernten: Lehrer der eine, zweitbester Fußballsspieler nach Messi der andere. Okay.
Flughafen Tegel wie er dingt und dongt. Ein Mario Barth fragt tatsächlich nach Flüssssischkaitähn. Wahnsinn.
Das Hertha-Spiel gegen Paderborn war eigentlich ganz langweilig, aber die Bäume fangen an zu blühen und Blumen duften und man schwitzt wieder so richtig und das nicht nur, weil man eine dicke Jacke an hat, mit Schal und Mütze. Sich auf das Positive konzentrieren.
Und Excel-Tabellen.
Musik ist natürlich auch nicht mehr die, die sie mal war. Dann zufällig eine CD im Auto hören. Bruno Mars. Gut. Im Fernsehen werben die Guano Apes für ein neues Album. Kennste die? fragt der Nachwuchs. Ja. Man schaut dann mal bei youtube, dem Jederzeitfernseharchiv für alle, der kostenlosen Erinnerungskiste für damals™. Sandra wird auch immer geiler.
Es steht mir der Sinn nach Endzeitromanen.
In einer nicht mehr abonnierten Popkulturzeitschrift wirft jemand Modern Talking und New Order in einen Topf, na ja, Popkulturisten müssen das wohl. An Häuserwänden wirbt Grönemeyer für Schiffsverkehr. Ein alter Mann, den keiner mehr kennt. In der Waldbühne habe ich mal eines seiner letzten Konzerte gesehen. Es gewitterte furchtbar und tanzen kann der wirklich nicht. Jahre her, Mensch, waren wir nass. Überhaupt: Immer wenn wir die Waldbühne enterten, gewitterte es. Auch eine Erkenntnis.
Statistiken, Durchschnitte. Man schneidet viele Daten durch und zerlegt sie solange, bis keiner mehr weiß, woher sie überhaupt kamen, wohin sie gehen, was man eigentlich wollte. Hauptsache, die Formeln stimmen.
"Machense doch ma Internet, da steht allet drin."
Wissen, warum Versicherungsvertreter mit Waffengewalt fernzuhalten sind.
Das nächste große Ding planen. Das nächste große Ding ist rosa, haha, ein Witz, den nur ich verstehe. Und Frau B.
Und eine Treppe bauen. Warum nicht auch mal eine Brücke? Brücken verbinden, auch so eine Metapher.
Kirschblüten fotografieren. Löwenzahn sammeln. Sich erden und mit Homöopathie beschäftigen. Vor Jahren noch irgendwas Hypergroßes im Sinn, heute den Rasen mähen. Auch ein Leben. Das Große versteckt sich im alten Sekretär des Urgroßvaters, der vorübergehend nicht mehr ins Konzept passt. Der Sekretär, Urgroßvater kenne ich nicht. Irgendwann, später packen wir dann die großen Dinge des Lebens wieder aus. Man muss sich ja noch etwas für dieses Später aufsparen.
Die Nachbarin zieht aus, der Nachbar bleibt zurück. Alle begleiten den Umzug mit schmerzverzerrten Gesichtern. Verständlich. So ist das Leben, sagen, so ein Blödsinn, denken. Das Leben kann ein Arschloch sein, an Zeiten zurück denken, da einem nicht die Sonne auf den Kopf schien und man viele Herzen brach. Auch das eigene. Diesen Schmerz sollte man nicht vergessen.
Vom eigenen Zähneknirschen aufgewacht. Gibt wohl viele Baustellen.
 
Di, 19.04.2011 |  # | (944) | 4 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging



 

if we don't, remember me.



“Los Angeles, November 2019” - Blade Runner (1982)

Vielleicht auch die Zeit, sich von Illusionen zu verabschieden, für die am Ende ähnliches gilt, wie für Visionen: Wird man von ihnen heimgesucht, sollte man schleunigst einen Arzt aufsuchen (frei nach H. Schmidt - Kettenraucher).

Jeder macht Fehler – im Umgang mit Atomkraft kann ein Fehler fatale Folgen haben. Der wohl berühmteste AKW-Mitarbeiter ist ein fiktiver Charakter: der instabile, genusssüchtige, aber sympathische Familienvater Homer Simpson. Alle paar Folgen kommt es aufgrund von Homers Aufmerksamkeitsdefiziten oder Schlampereien zu kleineren Katastrophen. So karikiert die Serie implizit und doch nebenbei, quasi in Fußnoten, den Größenwahn, mit dem sich die Gesellschaft anmaßt, über eine Technologie zu verfügen, in der normales menschliches Versagen Einzelner fürchterliche Folgen für sehr viele andere nach sich ziehen kann.

Atomenergie - Ein Zeitalter wird beerdigt
 
Fr, 18.03.2011 |  # | (640) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging



 

Sicher ist sicher

Nachdem das anfängliche Entsetzen über die Katastrophe von Tschernobyl abgeklungen war, fanden Befürworter der Kernenergie wortreiche Erklärungen. Die Havarie in Tschernobyl rechtfertige keineswegs ein tiefes Misstrauen in die Technik. Im Grunde habe nicht der Reaktor versagt, sondern der Mensch, der unsachgemäß in die Abläufe eingegriffen habe. Die Technik sollte ihr glänzendes Image behalten. Jetzt, in Japan, hat sie ihre Unschuld endgültig verloren. Denn selbst den glühendsten Verehrern dämmert, dass Technik von Menschen gemacht wird. Nichts ist wichtiger für die Sicherheit im Kernkraftwerk als die Kühlung. Und genau die ist ausgefallen, weil der Mensch nicht mit einem derart starken Beben rechnen konnte – oder besser: wollte.

FAZ - Die Gefahr kommt aus heißem Reaktorherzen

Die Rente ist sicher. Atomkraftwerke sind sicher. Die Erderwärmung ist nur statistisch herbeigeredeter Quatsch und E10 umweltschonendes Benzin. Sicher ist sicher. Und am sichersten, mit Sicherheit: Der Mensch ist ein Esel.
 
Di, 15.03.2011 |  # | (576) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging



 

Auf ein Neues

Walking in a winter wonderland. 2010 endet wie es begonnen hat: Mit Schneeschippe in der Hand. Dem Vater will auch keiner mehr helfen, wenn er mit roter Nase und gefrorenem Schweiß auf der Stirn durch die Gegend heizt und Schnee von hier nach da schiebt, faule Bande. Hallo 2011, man preise das Tauwetter und wünsche sich Sonne und grüne Wiesen.

Unter der Last des weihnachtlich gemästeten Vaters brach der Schlitten, jedenfalls so, dass er nur noch von den Jünglingen benutzt werden konnte, die aber lieber einem Hüttengaudi namens Alpenufo den Vorzug gaben, ein Stück Plastik, das jederzeit zu Bruch gehen könnte, vor allem unter dem Gewicht des Alten. Kinder. Ein paar hippe Jungs - Anfang Dreißig, so wie ich, nur irgendwie anders - peitschten ihre Hartholzschlitten den Hügel hinab und schossen dabei Fotos, die sie gleich bei facebook uploadeten: Hey, friends, lookt mal hier, we are in ze Volkspark Prenzl'Berg, kann man voll gut rodeln. <3. Wer hätte gedacht, dass wir an einem Volkspark wohnen, ich kannte das Ding nur als Trümmerberg.

Für 2011 nichts vorgenommen. Kommt alles von allein. Oder doch, eine wichtige Sache: Spätestens am 31.12. das einsame Gehöft in der Uckermark beziehen und sich dem ländlichen Leben im vom Aussterben bedrohten Brandenburg widmen: Nazis vertreiben, Wölfe füttern, Wildschweine streicheln, melancholische Romane schreiben, so etwas. Klingt unglaublich spannend. Nur Frau B. weiß davon noch nichts, die wird Augen machen. Darauf in der Silvesternacht, gegen eins, gleich zwei Pfannkuchen (Berliner) gegessen. Irgendwer legte dann gegen halb zwei "Verlieben, verloren, vergessen, verzeihen" auf. Genau, so ist das Leben, ob 2010, 2011 oder 2012. Wird alles schon, auf ein Neues.
 
Di, 04.01.2011 |  # | (724) | 2 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging



 

Kap der guten Hoffnung

Als wir die Stadt verlassen, murmle ich leise "Oh happy day" in mich hinein, stocke aber an der Stelle, an der Jesus zu waschen beginnt. Was auch immer Jesus jemals gewaschen haben sollte, es ist mir egal. Seelen, alte Socken, Eselskarren, einerlei, ich glaube nicht, ich möchte wissen.

Auf der Autobahn. Ein Ort, an dem man aufhört zu denken. Man lauscht dem watteweichen, nichtssagenden Mix aus Gedudel und Geblödel aus der Radiokonserve (Antenne Brandenburg, Antenne Mecklenburg-Vorpommern, Antenne Niedersachsen, überall Antennen), dem Rattern der Räder, wenn sie über Teerspalten im Beton rasen (langsam verschwindend, denn man experimentiert mit ultramodernem hyperporigen Megaasphalt) und hält sich selten an die Straßenverkehrsordnung. Irgendwer hat mich schon früh darauf programmiert, mindesten zwanzig, besser dreißig km/h schneller als erlaubt zu fahren. Deshalb glaube ich auch, regelmäßige Geschwindigkeitsübertretungen gehören zur deutschen Leitkultur, an die sich alle (ALLE!) gefälligst zu halten haben. Leider reisen wir trotzdem noch zu langsam und werden von noch mürrischeren Zeitgenossen als mir freundlich von Spur zu Spur geschubst. Scheiß doch auf "Kinder an Bord", freie Fahrt für freie Bürger.

Irgendwann kommen wir trotzdem an, sind zumindest äußerlich gesund. Auf der Fahrt haben wir das Wort "Arschwasser" kennen und lieben gelernt, es ist so wunderbar, wohlerzogene Kinder zu haben, ja, wir sind die bessere Gesellschaft. Leider darf der P. nicht dazu gehören, denn der ist ganz unten. Jeden Tag bekommt er aus Gründen der Erziehungsvereinfachung zu jeder Mahlzeit ein Hartz-Menü vorgesetzt und erklärt später, Pommes frites und Kartoffelchips würden nichts mit Kartoffeln zu tun haben, die esse nämlich gar nicht. Interessant in diesem Zusammenhang sein derzeitiger Berufswunsch: Bauer. Wenn es nicht so traurig wäre, man könnte über dieses arme Wesen wenigstens lächeln. Aber wie gesagt, wir sind die bessere Gesellschaft, also lassen wir das.

Es gibt nichts schöneres als eine warme Decke auf dem Schoß des sitzenden und ruhenden Leibes. Derart eingepackt und auf die Maisernte starrend sitzen wir so vor uns hin und verschwenden Zeit, an diesem Nachmittag in Norddeutschland, der T. und ich. Hühner gackern, Bier fließt aus kleinen Flaschen in den Rachen, denn hier in Norddeutschland trinkt man nur aus solchen, das wurde mir jedenfalls so gesagt. Der T. berichtet aus seinem Leben als fahrender Manufakteur und von anderen traurigen Sachen, die so passieren, in dieser melancholischen Einöde, zwischen Viehweiden und Maisfeldern, Bauernhöfen und Windrädern. Das Meer haben wir schon wieder nicht gesehen, nur die Elbe. Und die Weser.

Kommt man hier an, will man bleiben, fährt man dann wieder, ist das auch ganz okay. Der Großstadtindianer kann mit der Dorfgemeinschaft und ihren geheimen Ritualen (Schützenverein) nichts anfangen, die Weite des Landes und des Himmels erschrecken ihn, auch die ungewohnte Dunkelheit macht ihm Angst, jeden Abend überzieht sie das Land und wird nicht vom Schein tausender Laternen, Häuser, Autos vertrieben, steht dunkel und erschreckend vor Tür und Fenster. So bewegen wir uns also wieder über Autobahnen in Richtung Hauptstadt, Heimat, ignorieren schon wieder sträflich das schöne Hamburg, von dem ich glaube, dass ich es angenehm, heimatlich usw. finden könnte, würde ich es nicht immer ignorieren und links liegen lasse, na ja, rennt ja nicht weg, aber wer weiß, was noch alles passiert?
 
Fr, 22.10.2010 |  # | (722) | 3 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging



 

Wolkenkuckukcksheim

Ach, wunderbare Stille. Was soll man auch sagen, nach so vielen Tagen? Nur Intimes gäbe es zu berichten, Dinge, die ich in mein kleines rotes Buch geschrieben hätte, das verschlossen im Schrank liegt, hinten links, irgendwo, hätte ich etwas aufgeschrieben. Habe ich aber nicht. Im Prinzip nichts anderes getan, als Vier zu sein. Versteckt, hinter den sieben Bergen, bei sieben netten kleinen Zwergen, sogar ein Schneewittchen hat sich mit uns versteckt, eine Prinzessin, hübsch anzusehen, aber gefährlich, wie schöne Frauen nun einmal sind. Fragen Sie mich, ich weiß Bescheid, in einer Festung habe ich die Eine versteckt, denn auf die Eine muss man ganz besonders aufpassen, sonst kommt sie noch abhanden.

burg schönstein am mittelsten meer

Schön war es, in Wolkenkuckucksheim, im Geheimversteck der Familie B., farbenfroh, warm und abgeschieden, weit weg von Gut und Böse, nicht einmal die Bild schaffte es dorthin, nur ein paar versprengte Gestalten aus der fernen Heimat, die Unvermeidlichen, mit denen der Zugang zum Meer geteilt werden musste, dazu noch ein paar ausgehungerte Katzen, zirpemde Grillen nach Sonnenuntergang, ein paar Mücken, sonst nichts. Sternenhimmel, brechende Wellen, ein bisschen Wein, ein bisschen Weib, ein bisschen Gesang, liegen, lesen, lachen, ach, war es nicht schön, in Wolkenkuckucksheim?

irgendwonirgendwo

Und ab jetzt wieder alles anders. Wie gehabt.
 
Mo, 30.08.2010 |  # | (694) | 1 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging



 

Zeit, dass sich was dreht

Ende im Gelände. Endlich wieder Zeit. Fotos machen und im Schatten liegen, ab und zu mit einer Schöpfkelle kaltes Wasser über die Beine gießen, schlummern, träumen, lesen. Mal wieder den Kindern zuhören, feststellen, dass auch du da bist und schön, viel zu schön für dieses Wetter. Nachts schweißgebadet aufwachen, das hat auch seine Gründe. Meer, wir brauchen Meer, und weichen Wind, abends dann herumsitzen, zwischen Blüten und Meer und lachen und nichts mehr feststellen müssen, alles wissen können, leben.
 
Mo, 12.07.2010 |  # | (558) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging



 

Viertelfinale WM-Splitter

Niederlande vs. Brasilien, 2:1

Die erste Viertelstunde verpasst, damit auch das Tor nach einem Traumpass, was solls. Man kann nicht alles haben. Genauso schauten auch die Niederländer drein, außer Arjen Robben, wenn er italienisch litt, sobald er umgetreten wurde und das war oft. Brasilien spielte effizient, sie hatten ein Tor geschossen und nach der ersten Halbzeit stand für mich fest, dass Brasilien im Endspiel auf Argentinien treffen wird, so orakelte ich jedenfalls netzerhaft in die Hitze des Raums. In der zweiten Halbzeit blieben die Brasilianer in der Kabine und die Niederländer wollten im Endspiel gegen Deutschland spielen, wofür ihr kleinster Mann zumindest teilweise auch sorgte, mit seinem ersten Kopfballtor nach Ecke von Robben, der Rest war Selbstdemontage seelenloser brasilianischer Freunde und Brüder (O-Ton Julio Cesar). Am Ende fuhr ich los, um eine niederländische Fahne zu besorgen, alle ausverkauft, dann ebend nicht. Und Brasilien? Keine Ahnung.

Uruguay vs. Ghana, 5:3 n. E.

Baghana, Baghana, was hätte ich Ghana den Triumph gegönnt. Aber es ist schon ein Unterschied, ob der Druck eines ganzen Kontinents auf dir lastet oder der Druck eines Landes mit der Einwohnerzahl Berlins (billiger Fußballerspruch). Außerdem zeigte das phasenweise zerfahrene Spiel wieder einmal, dass zwischen Recht und Gerechtigkeit höchstens ein seidener Faden hängt, wenn überhaupt. Ein Stürmer, der auf der Torlinie steht, hat sich eher die Arme abzuhacken, als den Ball in die Hand zu nehmen, es sei denn, Gott führte seine Hand, was ich aber für ausgeschlossen halte. Nun ist es, wie es ist: Die eher unsympathischen Südamerikaner sind weiter, Ghana hat Geschichte geschrieben, wenn auch keine schöne, Afrika weint.

Deutschland vs. Argentinien , 4:0

Meine größte Sorge war die Geburtstagsfeier, auf die das große Kind geladen wurde und von dort natürlich auch wieder abgeholt werden musste. Man beruhigte mich: Erst abholen, wenn das Spiel zu Ende ist. Zum Anpfiff rechnete ich vor, wieviele Zilliarden Euro europäische Klubs für diese argentinische Mannschaft ausgegeben haben und damit nicht ganz unschuldig an der Finanzkrise sind, die deutschen Spieler sind dagegen Schnäppchen. Hier spielte also Kik gegen Esprit, Aldi gegen Kaisers, Opel gegen Ferrari, wenn man so will und das Ende ist weitläufig bekannt. Wir beerdigten spontan ein Messi-Trikot und tragen fortan nur noch: Müller! Was für ein hysterischer ähem historischer Sieg, ich finde das alles unheimlich, ich habe Angst. Sollte Deutschland wirklich ins Finale einziehen, gehe ich am Sonntag in den Wald und komme erst wieder raus, wenn es knallt.

Paraguay vs. Spanien , 0:1

Noch vom nachmittäglichen Spiel gepusht einen Hammer erwartet und nur ein bisschen Abkühlung zur Nacht bekommen. Mittelfeldfußball, langweilig. Ich hatte Spanien anders in Erinnerung und hätte ihnen vieles gegönnt, wären sie nicht so langweilig in diesem Turnier. Außerdem ist David Villa ein angeberischer Poser. Nach momentanen Kenntnisstand wäre der Einzug des spanischen Teams ins Finale völlig unberechtigt, ob der Fußballgott das auch so sieht, bleibt abzuwarten. Gerechtigkeit war bisher nicht so seine Stärke bei dieser Weltmeisterschaft. Und Paraguay? Fährt nach Hause, was sonst.
 
Mo, 05.07.2010 |  # | (553) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging



 

Sonntag, vor dem Spiel

Blauer Himmel, durchs Hinterland radeln, Geheimnisse entdecken. Was es nicht alles gibt. Überhaupt, das Fahren mit dem Rad. Eigentlich nicht der perfekte Tag zum Radeln, aber rollt man erst einmal, strengt es kaum noch an und dann weht einem der Wind um die Nase: Fabelhaft. Man tritt und rollt und schaut dabei übers Land, trifft Menschen die einen freundlich grüßen, mehr aber auch nicht. Muss auch nicht. Auf der Piste gibt es keine Verkrampfungen, im Gegensatz zu Autobahnen, die man klimatisiert und schwanzvergleichend berast, ich geb Gas, ich geb Gas. Der Mensch braucht das doch gar nicht. Wie so vieles. Eigentlich.

Und dann noch Fußball spielen mit Kindern. Vor Jahren noch, als die Stirn keine Falten und der Bauch keinen Schatten warf, rannte man wie jüngst der junge Müller übers Feld, jedenfalls könnte man meinen, dass es wenigstens so aussah, jetzt aber lässt man sich von neunjährigen Kindern überrollen und sieht hinterher aus, als hätte man gerade einen Marathon hinter sich gebracht, naja, was solls. Langsam radelt man nach Hause, um kluge Sprüche zu reißen und einen lustigen Hut aufzusetzen, vielleicht singt man still noch das eine oder andere Lied ("Ihr könnt nach Hause fahrn, ihr könnt nach Hause fahrn"), setzt sich später dann, nach der großen Schlacht, unter der untergehenden Sonne zu Ruhe, Beine hoch, ein kaltes Bier in der Hand, und merkt, dass das anstrengende Dauerfußballverrücktsein sich dem Ende zuneigt, jedenfalls behauptet das der Spielplan.
 
Di, 29.06.2010 |  # | (516) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging



 

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(geborgt bei flickr)


Online seit: 08.02.2006
Letzte Aktualisierung: 02.04.2024, 15:05


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