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Leid, triefend

System, krank.
Welt, krank.
Auch das Auto ist nicht mehr ganz neu.
Zu jung für eine Abwrackprämie.
Die Wege aufgeweicht, man kann nichts tun.
Umwelt, krank.
(Gehört aber auch irgendwie zur Welt.)
Das ist eine globale Krankheit.
Ein Riesen-Rettungspaket muss her: Am besten "Tempo plus".
Im Big Pack.
Leid, trieft aus allen Löchern,
dort oben wird noch der letzte Schampus ausgesoffen
und dann "Licht aus, wir gehen."
Man sollte noch einmal alle Plätze besuchen,
an denen Liebe und Leid statt fand.
Und danach noch schnell in den Baumarkt.
Bretter für die Fenster, die zugenagelt gehören.
Leid trieft also aus allen Poren,
hier jetzt gerade auch.
Selbst
mit
leid.
Ich, krank.

(Wer immer alles ernst nimmt, ist selber schuld.)
 
Fr, 06.02.2009 |  # | (480) | 1 K | Ihr Kommentar | abgelegt: melancholie



 

Bis ans Ende der Welt

Jetzt ein Schiff besteigen, ein ehrwürdiges altes, aus dunklem Holz und drei langen Masten, mit ächzenden Planken und stinkenden Kajüten, ein paar Fässer mit Wasser darauf und ein Vitamintabletten, der neuzeitliche Spaß gegen Skorbut und kalte Winde, Schiffszwieback und Rum in großen Krügen, geflickte, graue Segel, frisch getakelt im kalten Wind, die schäumende, dunkle See drum herum, wütende Wellen brechen am Bug und in der Ferne verschwindet das Land, die Häuser, die Menschen und das ganze Tohuwabohu. Kein Bling und kein Bläng, keine Zeitung, kein Blog und auch sonst gar nichts mehr, nichts kaufen müssen und auch nichts besorgen, für diesen und jenen und auch für sich selbst, nichts, gar nichts, nur Salzwasser auf den Lippen und blutige Hände, vom Reffen der Segel im aufziehenden Sturm.
 
Mi, 28.01.2009 |  # | (659) | 11 K | Ihr Kommentar | abgelegt: melancholie



 

Und weil alles so ist, wie es ist, gibt es heute ein Foto

Morgenstund
 
Di, 18.11.2008 |  # | (447) | 2 K | Ihr Kommentar | abgelegt: melancholie



 

Kein Waldspaziergang

Was fehlt, ist ein Waldspaziergang. Ein Waldspaziergang, begleitet von viel Zeit und die tief stehende Herbstsonne strahlt durch die hohen Kronen der Kiefern, die Wege sind matschig, aufgeweicht vom Herbstregen, unter alten Bäumen breiten sich grüne Moosteppiche aus, weich und voller Wasser, das herausquillt, sobald man auf ihnen geht und darüber braunes, welkes Gras, in dem sich Tautropfen und der Regen der vergangenen Tage gesammelt haben, das Kreischen eines Eichelhähers, das Hämmern eines Spechtes, in der Ferne flüchten Rehe und irgendwo streift ein Fuchs durchs Unterholz, auf der Suche nach Mäusen, Kaninchen, ein wenig Aas.

Schorfheidenromantik, Pilzsuchererlebnisse, auch Wanderungen im Harz, die Kälte des morgendlichen Waldes, die Einsamkeit zwischen den dunklen Stämmen der Kiefern, leichter Nebel liegt über allem, dann kommt die Sonne hervor und man setzt sich auf das, was gerade da ist, ein Baumstamm, ein Baumstumpf, ein alter Stein aus rötlichem Granit, trinkt heißen, dampfenden Tee, isst andächtig ein Brot und um einen herum ist Stille, nur ein paar ferne Geräusche vielleicht, das Bellen eines Hundes auf einem versteckten Gehöft und ganz weit weg ein wenig befahrene Straße, aber sonst die reine Stille. Mehr braucht es nicht.

[Bilder aus der Schorfheide]
 
Mo, 17.11.2008 |  # | (448) | 4 K | Ihr Kommentar | abgelegt: melancholie



 

Vereinzelt

Zapping. Eine fette Frau, um die 400 Kilo, irgendwo im fernen Amerika, wo das Geld verbrannt und auch alles andere gigantisch in den Abgrund gerissen wird, inklusive dem Rest der Welt, sie liegt in einem überdimensionalen Krankenhausbett und wird künstlich beatmet. Sie hat keinen Hals mehr und auch der Rest des Körpers ist frei von Konturen, alles wabert und bewegen kann sie sich natürlich nicht. Menschen stehen rum und schauen betroffen. Wie viel muss man fressen, um diese Dimensionen zu erreichen? Das Herz, das Herz, denke ich, was muss das für eine Maschine sein. Sie wird operiert, später stirbt sie, der Sarg ist riesig, die Familie weint, Betroffenheitsfernsehen, man schmeißt auch gleich die Chips weg. Und die Erdnüsschen im Teigmantel.

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In der Bankfiliale an der Ecke ist alles ruhig. Kein Ansturm der Anleger, Sparer, Geldbesitzer, hier herrscht Stille, ein Geldautomat ist defekt, der Ansturm bricht wohl erst später los, allerdings woanders, das Hartz-IV-Amt macht erst um neun Uhr auf oder um zehn oder gar erst am Nachmittag, Aktien, Immobilien, Spekulationen mit Milliarden, sogar Billionen, das kennt hier keiner oder kaum einer, der eine da, der dahinten wohnt, vielleicht, aber der Rest? Unrasiert und schlecht riechen, in der Nähe macht eine weitere Filiale vom KiK auf, Hauptsache billig. Das Möbelhaus, der Supermarkt, der Billigbaumarkt, der Elektronikladen, alles geschlossen, jemand schrieb Insolvenz mit w. Wenn man schon weit unten ist, wie tief soll man dann noch sinken? Hauptsache, das Geld reicht noch für Bier und Döner, da ist es gut angelegt.

#

Schriebe ich einen Herbst-es-fallen-die-Blätter-Song, hörte sich das an, wie eine Mischung aus Bloc Party und 2-Raumwohnung. Glaube ich.

#

Um mich herum mag man Mario Barth. Ich mag Mario Barth, wären da nicht die Zuschauer. Na ja, nicht alle. Und die Schwämme der Ed-Hardy-T-Shirts. Komm März, klingt wie Kommerz, nur viel besser. Lebensziel: Differenzierung. Lass den Kamm in der Tasche. Im Bekleidungsgeschäft ein junger Russe mit seiner Frau, ein Kind. Er redet streng, ein wenig verstehe ich sogar. Das Kind schaut nach unten, er geht mit Siegerlächeln, stellt sich vor einen Spiegel, kämmt sich die Haare. Die Frau habe ich sofort als Russin erkannt. Kultiviertes Schubladendenken.

#

Bei Ikea stehen Menschen, viele Menschen, mit nassen Sachen, die Luftfeuchtigkeit liegt bei 80 oder 90 Prozent, draußen feuchtkaltes Herbstwetter, Blätter wirbeln im Eingang hin und her, es riecht nach Hackbällchen mit Soße. Ein Mann steht vor mir, er knurrt und droht den um ihn herum stehenden Menschen mit einem zusammengefalteten Schirm in seiner Faust, auf dem Schirm perlt immer noch Regenwasser ab. Diese Massen, stöhnt er aggressiv, warum bist du hier, aber natürlich frage ich nicht.
 
Di, 07.10.2008 |  # | (527) | 6 K | Ihr Kommentar | abgelegt: melancholie



 

838

Es gab auch schon Tage, an denen ich Sade hörte. Die gibt es immer wieder. Oder so ähnlich. Wenn zum Beispiel der Himmel grau verschleiert ist, obwohl noch gestern die Sonne zum Zwinkern zwang. Ja, solche Tage gibt es immer wieder.

[Man sollte einfach auch mal im Bett bleiben und alles alltägliche verweigern.]
 
Mo, 26.05.2008 |  # | (377) | 6 K | Ihr Kommentar | abgelegt: melancholie



 

Abfall für jeden

Dass S. in der gestrigen Nacht im volltrunkenen Zustand ins Bett gefallen sei, stellte sich am Ende nur als Gerücht heraus. Natürlich hatte man ihm dies ohne weiteres zugetraut, dachte man doch immer noch an diesen einen Abend vor genau zehn Jahren zurück, ganz bewundernd ob der Trinkfestigkeit und Respektlosigkeit gegenüber dem eigenen Körper, jugendliche Grenzenlosigkeit. Diese Zeit war aber längst vorbei und S. nun ein ganz anderer Mensch. Nachts stand er nicht mehr auf, um sich Zigaretten anzustecken und den angespannten Körper zwecks Energieaufladung in die laue Sommernachtsluft zu stellen, nein, inzwischen stand er nachts auf, um Kopfschmerztabletten in kaltem Wasser sprudelnd aufzulösen und eine Sammlung spröder Gedanken zu vervollständigen. Hallo, Leben.

Für ihn selbst war das ein Anschlussprojekt zum Jahrhundertbestseller "Abfall für alle" von Rainald Goetz, das er natürlich "Abfall für jeden" nannte. Ein Arbeitstitel. Er hatte sich vorgenommen, proletarische Alltagslyrik mit einem spezialintellektuellen Überbau zu versehen und so eine schwer verständliche Kryptik entstehen zu lassen, die den gesellschaftlichen Verfall des Alltags spiegeln und zum grundlegenden Denken anregen sollte. Eine künstliche Idee. Schnell stellte er dabei fest, dass Menschen nur noch in zwei Kategorien einzuteilen sind: Dumm und weniger dumm. Das verunsicherte ihn, den Menschenfreund, zutiefst, vor allem auch, weil ihm gesammeltes Unverständnis für seine Ideen entgegenschlug. So zog er sich in seine einsame Gedankenwelt zurück, innerlich verlassen, äußerlich allerdings recht sexy, eigentlich. Trotzdem konnte er nicht mehr so ohne weiteres Grinsen, Körperlichkeit war ihm nur noch manchmal wichtig und überhaupt Sex völlig übertrieben aufgeladen, vor allem medial, aber verständlich, überlagerte dieser ursprünglichste Trieb doch das Elend des Alltags, beim Orgasmus vergaß man sozialen Verfall und die Boshaftigkeit von Macht, alles reduzierte sich auf ein paar hübsche Bilder im Kopf und den Austausch von Körperflüssigkeiten, alles ganz Prima, eigentlich.

Hallo, Leben, sagte darauf hin die K., die ihn zurück ins Bett zog, in das er sich, entgegen anderslautender Gerüchte der Gemeinde, nun völlig nüchtern und ernüchtert, hinein legte und sich der Liebe hingab, die ihn den ganzen Mist, der ihm das Hirn zerkochte, weil er das alles gar nicht wirklich fassen konnte, diese triefende, stinkende Gedankesuppe, vergessen ließ, für eine gewisse Zeit zumindest, bis er wieder aufstand, gegen halb vier vielleicht, um eine Kopfschmerztablette in kaltem Wasser sprudelnd aufzulösen und wieder ein paar Gedanken in sein bereits zur Hälfte mit unsauberer Handschrift gefülltes Notizheft zu schreiben. Abfall für jeden.
 
Mi, 23.04.2008 |  # | (393) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: melancholie



 

Made in the dark

Heute ohne Stimmung. Das begann schon gleich nach dem der Hahn laut krähte und setzte sich fort, nachdem ich den letzten Sitzplatz in der Bahn erwischte.

Ich habe mich kurz gefragt: Können Straßenbahnen überholen? Nein, natürlich nicht. Man hätte Überhol-Schienen an die bestehenden Schienen anflanschen, dafür also Straßen aufreißen und den gesamten Verkehr lahm legen müssen. Dann kann ich die drei Minuten wohl beruhigt warten.

Ohne Stimmung kann Mensch natürlich nicht sein, ich bin doch keine Maschine. Deswegen erdachte ich einen längeren Aufsatz über die Liebe, während ein paar Blogger an mir vorbei zogen, die zu einer Konferenz wollten. Ein sinnloses Unterfangen. Dieser Aufsatz. Man fängt groß an und wird dann kleiner und kleiner und noch kleiner, bis man das alles nicht mehr greifen kann, der Nanobereich erreicht ist - hier sollte man übrigens investieren - aber nö, in Sachen Liebe führt das zu einem relativen Nichts.

An mir vorbei strömen Touristen, hauptsächlich Japanerinnen und Italienerinnen, natürlich eine subjektive Wahrnehmung, auf andere achte ich gar nicht. Dies nun also ist Berlin, denke ich. Eine komische Ansammlung von allem möglichen, bunt zusammengewürfelt, dazwischen Menschen, darüber dunkle Wolken und Sonne, ich sollte mich beeilen, um schnell zur nächsten Haltestelle zu kommen, aber was treibt mich eigentlich?

Nacht senkt sich hernieder, die Zeiten ändern sich, Knospen treiben aus, Blüten öffnen sich, das ist der Lauf der Zeit. Zeit. Man hat davon nicht viel und verschwendet viel zu wenig, alles ist immer so funktional, sinnvoll, berechnet und wendet man sich ab, verlässt den Strom, die Masse, wird man schief angeschaut und dann ziehen sie weiter, ignorieren, vernachlässigen, vergessen.

Schnell noch etwas geschrieben, von dem man meint, es erbaue einen selbst, aber was ist das schon für eine Erbauung, die man mit niemandem teilen wird? Ist das nicht sinnlos, ohne Sinn, verschwendete Zeit? Was hätte man sonst getan? Gelebt und geliebt und noch ein wenig dem Verfall zugearbeitet, Verfall, jaja, der ist ja sowieso unaufhaltsam.

Gute Nacht.
 
Fr, 04.04.2008 |  # | (394) | 2 K | Ihr Kommentar | abgelegt: melancholie



 

Und dann

Und dann, am Ende, nur noch ganz weit weg, weg von allem, hin zu dem einen Ding, von dem man nie, und das meine ich wörtlich, nie für möglich gehalten hätte, dass es einen so überrumpeln könnte. Und gut, dass es dort kein Internet gibt, keine Ablenkung, kein Geschwätz. Nur das Meer.

Am Meer

[Das topic sollte 'alles alles alles' heißen. Aber was heißt das schön. Melancholie, das ist immer wieder ein Anker. Warum auch immer.]
 
Fr, 28.03.2008 |  # | (497) | 10 K | Ihr Kommentar | abgelegt: melancholie



 

Grün am Donnerstag

Assoziationskommando, auf der Spur. Nachts nicht schlafen können, ungewohntes Drama. Kalter Wind um rote Nase, man kommt sich ja vor, wie ein Clown. Die Disziplin lässt wie immer zu wünschen übrig, ein Verdrängungsartist. Die eine da, dreiundzwanzig, hasst Kinder und möchte einen wohlhabenden Mann, die Frage nach der Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern kann sie nicht beantworten, Hessen nicht, Sachsen-Anhalt nicht, dafür Jura-Studium, StudiVZ, aber bitte, man soll das alles nicht so ernst nehmen und von Zukunft reden wir hier nicht. Berufswunsch: Politik, SPD, na, da sind Sie ja ganz richtig gelandet, ich ja eher nicht. Nicht hinein passen wollen, können, aber Tocotronic ist bekannt, ist das der Lichtblick?

Ich weiß nicht, wieso ich euch so hasse, ein Anflug von Misanthropie oder so, ich würde mich gern anmelden, bei EinzelVZ, lasst mich alle in Ruhe und dann klingelt es schon wieder an der Tür, dann das Telefon, haut alle ab, Fresse halten, Berliner Akzent, dazu in feiner Zwirn und tolles Hemd, Hülle und Inhalt, Differenz, noch ein Stück Brötchen (Schrippe) in der linken Gesichtshälfte kleben, im Wedding fühlte er sich plötzlich ganz wohl. Das rutscht jetzt ab, in diese Psychoschiene, dabei fühle ich mich doch pudelwohl, fast und das Nachtprogramm bei Arte ist auch ganz okay. Dass ich nicht mehr rauche, beschäftigt mich aber immer noch. Wozu braucht man dann noch einen Balkon? Ach so, ja, zum drauf sitzen an lauen Sommerabenden, den Großstadt-Geräuschen lauschend plauschen, Händchen halten, lächelnd, träumend, romantisierend, Rotwein trinkend oder Bier, ja, klar, jetzt fällt es mir ein.

Und dann feinen Sand unter den Schuhen und salzige Wasserspritzer in der Luft, glatt auf der Unterlippe gelandet, vergiss ja nicht deinen Labello! Oho, aha, ich bin ja inzwischen sogar neidisch auf mich selbst und manchmal fallen mir so kleine Sätze ein, die ich mir nicht aufschreibe und wieder vergesse, ich sollte sie wahrscheinlich sofort twittern. Twitterowsky, ein geschwätziges Wesen, im nächsten Jahr auf der Leipziger Buchmesse und der Lottmann macht mich dann zum Popliteraten der nächsten Generation, next generation, next big thing und dann kauf ich mir nen Haus am Meer, schaue den ganzen Tag aus dem Fenster und warte auf den nächsten Sturm. Bis dahin: Frohe Ostern.
 
Do, 20.03.2008 |  # | (582) | 4 K | Ihr Kommentar | abgelegt: melancholie



 



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Online seit: 08.02.2006
Letzte Aktualisierung: 02.04.2024, 15:05


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