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Was, frage ich mich jedes Mal, was, um Gottes Willen, bringt Menschen dazu, sich kurz nach dem Anhalten eines Flugzeugs den Gurt vom eingepressten Leib zu reißen, mit zittrigen Fingern in die Tasche des Jackets zu langen, das allgegenwärtige mobile Telefon zu zücken und wilde Gespräche zu führen. Ist das ein Reflex, ein neu in die Gene der Menschen hinein evolutionierter Reflex, ein Reflex des neuen, postmodernen Menschen, der niemals abgeschnitten sein will von seiner peer group? (Wahlweise auch Twitter, Facebook, Mails, SMS.) Ich wünsche mir dann immer, es riefe mich jemand aus, während diese ganzen an ihren mobilen Faustkeilen herum hantierenden Menschen mit wippenden Füßen auf ihr Gepäck warten, eine freundliche Flughafensprecherinnenstimme riefe: Herr Bufflon bitte an Schalter 7, Herr Bufflon bitte an Schalter 7. Für Sie ist ein Telegramm eingegangen. Für Sie ist ein extrem wichtiges Telegramm eingegangen, das sofort gelesen werden muss. Vielen Dank.

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Schön wäre ja auch ein reitender Bote.

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Bis dahin noch niemals das Gefühl gehabt, vom Alltag völlig weggetreten zu sein. Aber wenn man dann plötzlich genau dieses Gefühl plötzlich bekommt (somewhere over the rainbow) und man auf ein paar Stunden, Tage komprimiert, sein Gehirn absichtlich mit völlig abwegigen Eindrücken überlastet, mit einer quitschenden Buntheit, einer Fülle von Verrücktheiten, dann beginnt man ganz leicht zu schweben, sich leicht zu fühlen, ganz weit weg. Dumm nur, dass auch diese bunten Pillen schnell wieder ihre Wirkung verlieren und man den grauen Tatsachen wieder ins Gesicht schauen muss. Kann. Darf.

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Tagesthemen angemacht, Tom Buhrow berichtet über irgendwelche Koalitionsverhandlungen in einem Land far far away. Man möchte lachend weinen oder weinend lachen, wenn man diese komischen Gesichter sieht, die Dinge verbergen müssen und eine gewisse Fröhlichkeit auszustrahlen haben, weil Politiker, vor allem solche, die behaupteten, sich für "die Menschen" einzusetzen, sich nicht vor ein Mikrofon stellen können und sagen: Sorry Leute, aber irgendwie, na ja, wissen Sie, wenn man Systeme der Allgemeinheit rettet, muss die Allgemeinheit auch dafür bezahlen und bezahlen heißt gerade nicht, dass Sie am Ende mehr in ihrem Portemonnaie haben, sondern weniger. Das kann kein Politiker sagen. Darum sagen sie, dass Sie im nächsten Jahr irgendwie entlastet werden, ohne zu sagen, dass Ihnen die angeblich geschenkten Scheine auch wieder aus der Tasche gezogen werden müssen, denn nackten Staaten kann man nicht in die Tasche fassen.

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Was, wenn die Eltern doch recht hatten? Wenigstens ein kleines bisschen?
 
Di, 27.10.2009 |  # | (373) | 3 K | Ihr Kommentar | abgelegt: fragmente



 

1344

Am Abend kreischen Gänse am Himmel, am Morgen der erste Frost auf den Dächern der Häuser, den Scheiben der Autos, das erste Ziehen in den kalten Fingern, die die Leine halten, der Hund hat auch gar keine Lust. Ich liebe den Herbst, wie ich den Frühling liebe, den Winter und natürlich auch den Sommer, das ist wahrscheinlich mein Problem, dieses alles lieben wollen, alles gut finden wollen, das nicht festlegen, nicht polarisieren können, viel zu brav und unentschieden. Das fällt gar nicht auf. Willkommen bunte Blätter, willkommen Regen und Sturm, willkommen Melancholie.

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Nebenbei lernt man auch, was es mit "Wagalaweia" auf sich hat.

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Ich telefonierte mit jemandem und es war irgendwie unangenehm, das Telefonat, zumindest der Inhalt war nicht sehr erfreulich und wir diskutierten und stritten ein wenig und irgendwann fuhr Rainald Goetz an meinem Fenster vorbei, auf einem Fahrrad sitzend, und ich sagte: Kennen Sie Rainald Goetz? Einfach so, aus der Situation heraus und die Dame war perplex und bejahte und ich sagte: Der radelte hier gerade am Fenster vorbei. Danach war alles anders. Verrückt. Eine Auflockerungstaktik. Werde ich mir patentieren lassen, diesen Überraschungseffekt. Löst garantiert gordische Knoten™.

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Motivation sieht anders aus.

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Die wundersame Wertschöpfung: Ich gehe in den Garten, mit der Axt in der Hand, schnappe mir ein Stück herum liegendes Holz, das ich mit der Axt grob behaue, später noch mit Hobel, Feile, Schleifpapier bearbeite, es gegen Verfall behandle und das entstandene Stück Holz dann Kunst nenne. Ich finde mindestens hundert Leute, die dieses Einzelstück haben wollen und weil es hundert sind und nicht nur einer, kann ich den Preis diktieren. Eine Million, sage ich und achtzig Interessenten winken freundlich ab, zeigen mir einen Vogel. Kunstsammler P. hat einen guten Riecher und treibt das Geld auf, verspricht Investoren einen gigantischen Wertzuwachs des behauenen Holzes und einen ordentlichen Bonus auf das eingesetzte Geld: Zinsen. Ich bekomme mein Geld und lehne mich zurück, ich habe drei Stunden Arbeit und ein wenig Verschleiß meiner ohnehin bereits vorhandenen Geräte investiert und dafür einen riesigen Batzen Geld bekommen. Kann man hier noch von "verdienen" reden?

(Spinnefax!)

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Kürzlich daran gedacht, Drehbücher für Pr0n0-Filme zu schreiben. Natürlich alles ironisch gemeint. Damit der Selbstbefriediger vor dem Schirm auch was zu lachen hat. Und natürlich lehne ich Selbstbefriedigung nicht ab. Und auch Pr0n hat natürlich seine Daseinsberechtigung. Ist doch alles Pop.

(Ist natürlich alles ganz natürlich.)

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Aber, bei all der Empörung, welche Schuld tragen denn wir, die Leser (oder wie es besser hieße: die Kunden), an dieser Entseelung des Buches? [q]
 
Mi, 14.10.2009 |  # | (475) | 6 K | Ihr Kommentar | abgelegt: fragmente



 

1341

Wer kommt auf die bescheuerte Idee, Campari in eine Ginger-Ale-Flasche abzufüllen? Ist doch klar, das der Inhalt im Klo landet.

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Wenn man immer öfter das Gefühl bekommt, besser nichts zu sagen, als irgendeinen freundlichen Scheiß, das Gefühl, zwischen ein paar Zeilen Dinge zu lesen, die nicht unbedingt zu einem selbst passen, obwohl man das vom Anblick der Oberfläche her vermutet, ja, sogar gefühlt hatte. Sich bei den Verletzten, den vermeintlich Schwachen wohler fühlen, als bei den stark erscheinenden, bei den angedeuteten Meinungsmachern, den Wissenden, bei denen, die Positionen haben oder antäuschen. Lieber leise als laut und ein Gespräch auf der Parkbank erfüllt tausendmal mehr, als ein lustige Sause bis ins Morgengrauen.

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Samstag: 6:15; Sonntag 5:45. Kinder, immer was los.

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Was Sarrazin sagte, ist doch nur die Wahrheit? Auch im Spiegel TV zeigen sie die Vorzeigetürken, die sich nicht integrieren wollen, die an ihren undeutschen Traditionen festhalten und sich somit dem Deutschsein verweigern. Verhüllte Frauen, getrennt feiernde Geschlechter auf einer Hochzeitsfeier, der Bräutigam sagt in fast akzentfreiem Deutsch in die Kamera: Na ja, bei uns haben beide die Hosen an, mal mehr, mal weniger, das Fernsehprogramm, zum Beispiel, bestimme ich, über den Herd und die Küche meine Frau. Danach ein melancholisch angehauchter Kommentar aus dem Off: So sieht Integration nicht aus. Soll wohl heißen, dass alle guten Deutschen emanzipiert sind, dass es keine feste Rollenverteilung mehr gibt, bei den guten Deutschen, der Mann geht auch mal in die Küche, um zu kochen und die Frau darf auch mal was fürs Familieneinkommen tun. Ich vermute das mal. So sieht das also aus. Man kann aus jedem Pups eine Integrationsverweigerung konstruieren, man kann zehntausende Beispiele anführen, weil jeder einen kennt, der einen kennt, an den schon mal ein körperliches Zusammentreffen mit einem Integrationsunwilligen Ihrer Wahl einsetzen hatte und deswegen der Meinung ist, dass das anpassungsunfähige Gesocks hier nichts zu suchen habe, man kann Angst vor Moscheen und fremden Religionen haben und daraus wunderbar Ablehnung konstruieren. Schließlich sind alle Moslems voll krasse Taliban. Bei uns, bei den guten, echten Deutschen, mit unserem Spiegel TV und unserer Bild, die alles weiß und immer die Wahrheit sagt. Natürlich hat Sarrazin recht: Der Mensch, der in einem Staat verloren geht, integriert sich nicht. Nur über die Gründe, die Folgen, mögliche Auswege, die eigene Schuld, bitte, darüber möchten Menschen wie Sarrazin nicht reden.

(Selbst ja auch gut sein im Anklagen und Scheiße finden, aber ansonsten auch zu Hause sitzen und in sich hinein meckern. Vielleicht habe ich auch zu viele Kommentare auf Welt.de gelesen.)

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working on sunday

working on sunday

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Eigentlich wollte ich den Toast mit der Sanddorn-Hagebutten-Marmelade nach dem Toast mit der Holunder-Naschi-Marmelade essen, aber dann tat ich es umgekehrt und fand es trotzdem lecker. Immer beweglich bleiben, im Leben.

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"Angst und Schrecken in Las Vegas" gelesen. Dabei festgestellt, dass mir vor allem die kalte, präzise, intellektuelle Sprache Benns und die abgefuckte Ehrlichkeit eines Thompson liegen. Alles andere langweilt mich, mehr oder weniger.

(Das stimmt natürlich nur zum Teil, gehört aber zum Programm "Wir malen unsere Welt in schwarz und weiß")

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Unser damaliger, inzwischen verstorbener Gemeindehirte Barba Christos - Onkel Christus - kletterte bei unserem inzwischen auch verstorbenen Nachbarn Iórgos aufs Dach, wo sich zwei deutsche Touristinnen oben ohne bräunten, und der Hirte fragte, ob er vielleicht mal deren Brüste berühren dürfe. Ja ja, dürfe er. Ganz vorsichtig mit seinen "hornigen Händen", wie es bei Ringelnatz heißt, erst die erste, dann die zweite, dann die dritte, dann die vierte, und dann sagte er: "Plötzlich ist das Meer voller Joghurt, und ich habe keinen Löffel."

Harry Rowohlt in der taz
 
Mo, 12.10.2009 |  # | (323) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: fragmente



 

1336

Man redet über die Einheit. In diversen Medien wird die Einheit so richtig breit geredet. Wenn man über die Einheit redet, heißt es immer "Ost" und "West". Einheit bedeutet also, dass ein Land aus zwei Teilen besteht, die sich "Ost" und "West" nennen? Man tut sich selbst schon schwer, Kindern so etwas wie die Einheit zu erklären. "Da waren mal zwei deutsche Staaten." Da fängt das doch schon an. "Warum waren da zwei deutsche Staaten?" Und so weiter. Endlose Erklärbärerei, klar, Geschichte ist wichtig, aber. Nicht mit den vorhandenen Medien. Ich bin übrigens weder Ossi noch Wessi. Ich bin Wossi.

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Verrückte Träume, was man da alles so durcheinanderwirbelt. Sex, Blogs and Rock'n'Roll.

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Stinkende Menschen in der Straßenbahn. Man will da gar nicht mehr einsteigen. Alkohol und Nikotin, kalter Zigarettenrauch. Kürzlich kam der Nachbar vorbei und roch genauso. Rieche ich auch manchmal so? Die Liebste würde es mir sagen. "Geh mal duschen." würde sie gleich sagen, mit angeekeltem Gesicht. Sie lehnt Stinkerei ab, verständlicherweise. Deshalb bestreikt sie auch den Nahverkehr. Und während sie im beheizten Wagen durch die Gegend brummt, vielleicht eine Melodie mitsummt oder Autofahrer beschimpft, verkrieche ich mich in der letzten Ecke des hintersten Tramwagens, verziehe mich hinter meine Lektüre und tue so, als wäre ich gar nicht da. In der Straßenbahn.

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Kind2 weigert sich beharrlich, seinen Namen zu schreiben. Nur weil alle das können? Pöh. Ist ja noch gar nicht wichtig. Fingerfertigkeit kann man auch anders üben. Zum Beispiel beim Basteln von Einladungskarten. Der hat da schon mal was vorbereitet. Eine ganze Menge Einladungskarten, so dass die Eltern Angst bekommen. Natürlich alle ohne Unterschrift. Manchmal, abends im Bett, fragt man sich dann: Wird mein vierjähriges Kind ordentlich durch die Welt kommen, wenn es jetzt noch nicht einmal seinen Namen schreiben kann? Ist es möglicherweise dumm? Kopfschütteln. Natürlich gröbster Unfug, Irrsinn. So wird man nur, wenn man ständig auf Elternversammlungen, Elternstammtischen, Elternstraßengesprächen mit der permanenten Abstiegsangst der Mittelschicht gepeinigt wird: Mein Kind muss es mal besser haben!

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Durch Prenzlberg gefahren, das war irgendwie, so, huaahhaaahaaa. Dann lieber Karlshorst. Beispielsweise.

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Man muss nur genug Selbstbewusstsein tanken und schon gehört man zu den Allesrichtigmachern. Sie wissen schon, das sind die mit den perfekten Leben. Wenn man dann aber mal hinter die Fassade schaut, hach, ja. Wie schnell vergeht die Zauberei.

("Wir gehen heute zu denen da." - "Ach, sind das nicht die Alkoholablehner?" - "Genau, die. Bei denen kann man nur mit Medikamentenmissbrauch punkten." - "Ob die noch ein paar Ibo 800 haben?")

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Twitter ist, irgendwas cooles, geniales, communitymäßig interessantes sagen zu müssen. Oder man tut so gelangweilt kunstmäßig-philosophisch.
 
Mi, 07.10.2009 |  # | (377) | 2 K | Ihr Kommentar | abgelegt: fragmente



 

1328

Man könnte doch eigentlich auch per Internet wählen. Sagte sie. Och nö, sagte ich, jeder Minirouter kann doch ne Kopie von deinem Kreuzchen ziehen, wenn er will und wenn irgendein oller Mensch daneben sitzt, dann könnte der doch ganz schnell mal dein Kreuz umsetzen, von hier nach da und so weiter, och nö, das wird doch nix. Und jetzt erzähl mir nix von verschlüsselten Leitungen, doo.

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Ein Nacht mit FDP-Wählern, die sich am Pinkelbecken über soundsoviel Steuern unterhalten, abschütteln und gelb wählen gehen. Ist doch klar, sagen die, kommen die Roten, ey, müssen wir zahlen. Klar, sage ich, und alle müssen sich nen Kalle-Marx-Gedenkbart wachsen lassen. Auch die Frauen.

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Das ganze Wochenende an 89 gedacht. Das Jahr der Scheidungen, Tante, Schwester, Eltern, Land. In dieser Reihenfolge. Und ich mit Zigaretten in Rübezahls Wald und mit ner dicken Russin (Sowjetin?) zu Modern Talking tanzend. Könnte man mal was zu aufschreiben. Kalte Zeiten stehen ja bevor. Rein jahreszeittechnisch, versteht sich, denn dieses Land kann es jetzt besser.

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Frank Sinatra, AC/ DC, Roland Kaiser. Wir sind schon ne richtige Stimmungskanonade. Erst du, dann ich. Frauen. Die eine wollte immer tanzen und du tanztest, aber ich nicht. Ich sagte, dass ich so gegen eins warm werde, zwischen eins und sechs ist meine Tanzzeit, dann schaute die immer auf die Uhr und trank und ich auch und um fünf vor eins musste ich dann tanzen, zu irgendeiner unangenehmen Musik. Später dann, gegen drei, stand der Nachbar plötzlich vor mir auf der Straße, hab den gar nicht gesehen, vor trunkener Verschwommenheit und nächtlichem Natriumdampflampenlicht, und murmelte irgendwas von einem guten Morgen.

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Fuck, dachte Win, fuck, du fauler, unfähiger Mistkäfer. Mürrischer Hobbyschriftsteller frisst Tastatur, ne tolle Schlagzeile für die Bild. Oder BZ. Oder Kurier. Steht doch immer so ein Schwachsinn drin. Fuck, dachte er, und steckte sich die nächste Zigarette an. Drei Sätze seit diesem Januar, wenn das so weiter geht, müssen irgendwann die buckligen Enkel den Epos vollenden, wenn er selbst längst in der Kiste liegt und die in jedem Jahr an seinem Todestag Nachrufe auf facebook schreiben. Wahrscheinlich in so einer verkümmerten Internetsprache, die nur aus Smilies und verkrüppelten Andeutungssätzen besteht, voll ironisch. Fuck. (#Schreibmalwieder)
 
Di, 29.09.2009 |  # | (375) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: fragmente



 

1324

Wenn man so wunderbar verdreht ist: Gruppenkuscheln eklig finden und trotzdem bekuschelt werden wollen. Rein metaphorisch, jetzt.

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Während der eine sich nun ein Gedicht lesend erarbeitet und man selbst dabei ein wenig die Phantasie anregt, weil man ja womöglich begriffen haben könnte, wie man sich bestimmte Dinge merkt, statt sie stur auswendig zu lernen, hört der andere zu und bittet darum, es noch einmal vorgelesen zu bekommen und noch einmal und noch einmal, nur um Tage später zu präsentieren, dass er ein guter Merker und Zuhörer ist. So hat er sich auch schon eine Menge moderner Popsongs antrainiert, auch fremdsprachige, hin und wieder auch die weniger angenehmen.

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Überhaupt, die Jugend von heute!

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Unglaublich empört erzählte sie von ihrem Jungen, der herum geschubst und gehänselt wird, in der schicken neuen Privatschule, von diesen Kindern, die andere Kinder herum schubsen, weil sie die falsche Hose an haben, das falsche T-Shirt, weil sie den falschen Haarschnitt haben oder eine Brille. Ja, sagte dann jemand, aber warum sollten diese Kinder besser sein, als andere?

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Die Gummibären waren sein Tod.

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Vor Jahren bin ich, nach einer etwas vertrunkenen Nacht, die morgens um vier in einem Zelt endete, irgendwo in der brandenburgischen Einöde, mit diesem schrecklichen Lied geweckt worden. Kurz nach sieben. Dieses Lied geistert mir seitdem jeden Morgen nach dem Aufstehen durch den Kopf, ein unglaubliches Trauma, denn dieses Lied ist unglaublich belästigend und blöd und die versoffenen Typen, die damals dieses Lied abspielten, nur um ihre komatösen Rauschkumpane in den Wahnsinn zu treiben, sollen verflucht sein, bis an ihr Lebensende. (Jugendsünden.)

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Jemand schrieb "ich hasse das Internet" ins Internet und ich dachte "Ja." Der Punkt, an dem man aufhören sollte, sich mit diesem Ding zu beschäftigen? Nein. Aber anders betrachten, den Blickwinkel ändern, die Dinge sehen, die liebenswert sind und die Schmocks Schmocks sein lassen, die Dinge, die man nicht mag, beiseite packen und neue Wege gehen. Das geht, man kann das. Und man fühlt sich besser. Schade nur, dass das Gefühl, die Welt verändern zu können, hinter einem Berg von Nichts verschwindet und man das hin nimmt, ohne sich großartig zu wehren. (Angekommen in einem erwachsenen Hinnahmeleben, ist das jetzt schon Pathos?)

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Die Würze des Männchens ist unantoastbar.

PS: Wählen gehen, muss man ja nicht extra betonen.
 
Fr, 25.09.2009 |  # | (410) | 2 K | Ihr Kommentar | abgelegt: fragmente



 

1317

Buchkalender 876 - 1 Tag / 1Seite - 14,5 x 21 cm (2010)

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Wie einen die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel schon am frühen Morgen in den Wahnsinn treiben. Irgendein SQL-Fehler führt zu irgendeinem Rollback, aber mir ist völlig egal, aus welchen, wahrscheinlich banalen, Gründen diese digitale Mimose sich mal wieder zickig hat, mit einer Schreibmaschine wäre das nicht passiert. Allerdings, man nennt das wohl Fortschritt, wird ja alles viel leichter, haben sie mir versprochen. Trotzdem soll ich noch mindestens 35 Jahre aktiv am Kampf um Arbeitsplätze (damals war der Arbeitsplatz wenigstens noch der Kampfplatz, heute spricht man von irgendeinem Markt, der Kampfplatz sein soll, damals für den Frieden, heute kämpft man um seinen individuellen Vorteil) an digitalen Mimosen, die ständig alles leichter machen, teilnehmen und immer wird alles leichter und schneller, durch die unvermeidliche technologische Evolution, und trotzdem schenkt einem keiner Zeit, um beispielsweise einen ganzen Tag am Meer zu sitzen und nichts anderes zu tun, als sich den Wind um die Nase wehen zu lassen, nein, im Gegenteil, es wird ja behauptet, dass man insgesamt viel zu wenig Zeit mit den digitalen Mimosen verbringe und viel zu viel Urlaub hätte (wahlweise Krankheitstage etc.) Es geht ja auch gar nciht darum, faul im Bett zu liegen und sich in der Nase zu bohren, sondern allein um Zeit. Für Langeweile. Auszufüllen mit Dings und Bums, Sie wissen schon: Gedichte, Romane, epische Folkloresongs. Oder so. Aber nein, ich meckere nicht, ich stelle fest.

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photonische Schaltkreise

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Wieviel Unsinn man sich während einer Zigarettenlänge zusammenspinnen kann. Automatische online-Tageszeitungsabgraser zum Beispiel, die einem automatisch Schlagworte und häufig benutzte Wortkombinationen zu den Themen eines Tages liefern, die man zusammenfügt und daraus Drehbücher für kurze Videosequenzen fertigt, die dann frisch gedreht bei youtube veröffentlicht werden.

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Titel 13 - Unbekannter Interpret - Unbekanntes Album

Das ist doch heute Unsinn. Kennzeichnen Sie bitte Ihre Gratis-CDs. Immerhin höre ich noch ab und zu was, wobei man ja das meiste ganz umsonst im Internet hören und auch noch mixtapen kann. Unerhört, diese Kostenloskultur, dabei sagte schon meine Oma, dass nichts umsonst sei. Nichts.

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Schon wieder von einem Blogger geträumt. Der ist nebenan eingezogen. Was nicht unbedingt schlecht wäre. Prinzipiell.

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An der Tür stehen, rauchen, von rechts, der Kindige würde von Nordwest sprechen, nähern sich Wolken, man fragt sich, ob der Wetterbericht Wolken angekündigt hat oder ob das ein plötzlicher Wolkenüberfall ist, ganz unangekündigt, womöglich ein Wolkenblitzkrieg. Darf man Blitzkrieg sagen? Rammstein sagen das, in ihrem neuen Song, der genauso doof ist, wie alle anderen Songs vorher. Obwohl, die Zeile "Blitzkrieg mit dem Fleischgewehr" gefällt mir, ich mag pornografische Schweinelyrik. Immer noch rauchen, nach rechts winken und fein "Hallo." sagen. Ganz cool und lässig. Dabei fällt einem die Kippe aus der Hand, das ist uncool, gar nicht lässig, das bin ich. Immer so tun und dann doch nicht sein. Wasser läuft aus dem Auto aus, so eine Paste reinhauen, Wasser hinterher kippen, eine Viertelstunde durch das Industriegebiet kurven, dabei sehen, wie die Blitzkriegwolken dunkelrot zerstreut werden, auseinandergetrieben, eine Spätsommeroffensive im September 2009, morgen, übermorgen tolles Wetter, na, kann man noch ein bisschen an der Tür stehen und rauchen.
 
Fr, 18.09.2009 |  # | (352) | 2 K | Ihr Kommentar | abgelegt: fragmente



 

Vereinzelt

Manchmal, wenn man kurz vor der Schließung des Gehirns wegen medialer Überfüllung steht, wird man ungerecht, legt die Güte ab, die man sich über Jahre antrainierte, die Eigenschaft, all das, was man nicht mag, unkommentiert links liegen zu lassen, es einfach da sein zu lassen und gar nicht dagegen anschreien zu wollen, wie ein Marktschreier, mit sich überschlagender Stimme und Schaum vor dem geifernden Maul, ja, man fängt also an, sich zu erregen, eine leichte Röte steigt einem ins Gesicht und alle Muskeln spannen sich an und ganz sicher steigt der Adrenalinspiegel auf einen unvorstellbaren Wert, wie der eines Boxers kurz bevor er in den Ring steigt oder dem eines notorischen Pferdewetters, kurz vor seinem ersten großen Tipp und lässt einem zum Hammer greifen und alles zu Brei schlagen, was man selbst für abwegig und falsch hält. Dinge, die man in diesem Zustand der negativen Ekstase aufschreibt, sollte man in irgendeiner dunklen Ecke verstecken und am besten vergessen.

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Und nebenan zieht die Schweinegrippe ein.

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Wunder der Techniken, man sollte sich nicht gegen sie verschließen. Nicht jede Handarbeit ist sinnvoll, man kann das ja betriebswirtschaftlich betrachten, ich habe da mal eine kleine Kosten-Nutzen-Analyse gemacht, irgendwann in der Nacht, weil mich die Muskeln quälten, und dann kam auch noch der Fachmann für Maschinenbedienung an und sagte: Hey, Mann, ein kaputter Rücken macht gar kein Entzücken, also zück endlich die Brieftasche und bezahle etwas, für ein wenig mehr Zeit. Du wirst sehen, es lohnt sich. Stimmt.

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Und dann meinte er noch, ich hätte meinen Beruf verfehlt.

#

Berufung: Künstler, also so richtige Künstler, Kunstschaffende, Handwerker, also nicht die, die nur so tun und gerne reden, richtige Künstler für ihr Tun bewundern und sich sagen: Hey, das kannst du nicht. So. Ist aber auch nicht schlimm. Überhaupt, was sich ein menschliches Gehirn ausdenken, erdenken, konstruieren kann. Aus welchen Gründen auch immer sich ein Mensch lieber Gedanken darüber macht, aus einer Million Geld zwei zu machen ("Die erste Million ist immer die schwerste."), anstatt ein wenig Dampf aus dem kapitalistischen Druckkessel zu lassen und die frei gewordene Gedankenenergie der Träumerei, der Erfindung von Gedanken zu widmen. Natürlich, der Mensch lebt nicht von Kunst allein, aber bitte, kann man sich an einem Goldbarren satter sehen, als an einem Picasso?

#

Links, Rechts, Mitte. Wo gehören Sie hin? Ich bin nirgendwo. Die einen sind mir zu bräsig und verkommen, die anderen verkommen und dumm, die nächsten verkommen in ihrer Langeweile, von den übernächsten weiß man nicht, wie viel Verkommenheit, Bräsigkeit und Dummheit versteckt sind. Diese Verdrossenheit, also das Gefühl, nicht wahrgenommen zu werden, niemanden zu haben, den man wahrnehmen möchte, der sich hinstellt und sagt: Passt mal auf Leute, meine Idee ist folgende. Und dann wird auch mal wieder etwas in Frage gestellt und nicht immer alles im Konsensbrei ersoffen. Schauen Sie doch hin: Sagt der eine was, widerlegt ihn der andere, ohne Alternativen anzubieten. Die Linke will Reichtum für alle, den Reichtum aber maximal besteuern, die Grünen wollen regieren, vielleicht auch ein bisschen was mit Öko machen, die SPD weiß nicht, was sie will, Hauptsache regieren und die CDU hat mehr Kraft als Ideen. Diese andere, blau-gelbe Partei kenne ich gar nicht. Von der Wahl zur Qual, niemand steht auf, haut mit der Faust auf den Tisch oder zündet den meinetwegen auch an und schreit dann laut "Revolution! Anarchie für alle." oder so etwas. Nein, statt dessen graue Mäuse, die immer alles richtig machen, weil sie gar nichts machen, na ja, vielleicht machen sie etwas, aber nichts was der Gesellschaft auf Dauer gut tut. Ob die Piratenpartei, die mir der supi-dupi-wahl-o-mat zur Wahl vorgeschlagen hat, diese Kohlen für mich aus dem Feuer holen kann, ich bin mir nicht sicher.

Und auch: Zeit | SpOn
 
Di, 15.09.2009 |  # | (339) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: fragmente



 

Vereinzelt

Schöner Morgen. Die Fenster aufgemacht und gleich roch es, wie es immer in den Sommern im Brandenburgischen roch, wenn Oma morgens die Tür aufmachte und von draußen diese frische, feuchte Nachtluft aus dem Wald, von den Wiesen und vom See in den kleinen Bungalow strömte und die Sonne auf die Terasse schien und ich mich bereit machte, für meine Abenteuertouren durch die Wälder, über die Felder, immer am See entlang.

#

Fucking Berlin: Die Tram war eine Sardinenbüchse. Natürlich, dachte ich sofort, jetzt ist es schon wieder passiert. S-Bahnen fahren nicht mehr. Besser gesagt dreiviertel aller Züge. Berlin möchte Weltstadt sein und die Bahn schickt Provinzmanager. Davon aber gleich vier. Natürlich, super, die Gewinne in den letzten Jahren. Kann man gleich einkassieren, aber. Die Manager sind weg und die S-Bahnen Schrott. Berlin ist am Ende. Wenn es überhaupt jemals angefangen hat. Seit 1945 wurde hier kaum noch was gerissen. Ja, nee, alles Schick in Prenzlberg und in Zehlendorf scheint auch jeden Tag die Sonne, aber wie, bitte schön, wollen Sie denn heute von Zehlendorf nach Prenzlberg kommen? Sehen Sie, die Realität ist ganz einfach: Meine Heimatstadt, ein Drecknest.

#

Und die Liebste stellt fest: Je älter man wird, umso weniger Menschen kann man leiden. Wenn wir alt sind, müssen wir wohl in der Wüste leben. Wenn wir uns dann noch leiden können.

#

Hitler-Porno gegen Aids, Rumänische Faulpelze, OECD-Bildungsnotstand, Finanzdepressionskrise: Wie soll ich das meinen Kindern erklären? Und wie, um Gottes Willen, soll ich ihnen beibringen, dass auch wir Geschirr von Ikea haben? (Armutsrisiko!) Mir ist schon ganz schlecht.

#

"Was hast du eigentlich gegen die SPD? Ich habe doch immer SPD gewählt."

#

"Du hast noch einen Haufen von diesen Dingern. Von diesen ähem wie heißen die nochmal? Kann ich die wegschmeißen?"

Dings ähem na wie hießen die nochmal?

NEIN!
 
Mi, 09.09.2009 |  # | (316) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: fragmente



 

Vereinzelt

Wolkenbruch am Morgen,
vertreibt Kummer und Sorgen.
Spült den alten Dreck weg
und macht Platz für neuen,
Dreck.

Oder so ähnlich.

#

Dass es morgens noch dunkel ist und die Sonne es abends ganz eilig hat, zu verschwinden, ist irritierend. Ich bin noch nicht auf Herbst eingestellt.

#

Sich gelangweilt durchs Musikarchiv klicken. Sich gelangweilt durch die Onlinebuchhandlung schleppen. Sich ohne Suchmaschine nackt fühlen. Sich immer wieder Videos von dem neuen Diablo III anschauen, wobei man doch genau weiß, das es auf diesem Oldtimer niemals laufen wird. Das alte Ding, an dem man sich schon die Finger verbrennt, wenn man mal ein Spielchen spielt, das die Bedienung der Taste "W" erfordert. Ich gehe davon aus, dass unter dem harmlosen "W" die zur Herdplatte mutierte Grafikkarte zu finden ist, die entweder bald in Flammen aufgeht (spektakulär) oder gar nicht mehr anspringt, wenn das alte Ding angeworfen wird (langweilig). Sich gruseln bei der Vorstellung, dass der Bildschirm schwarz bleibt. Sich unwohl fühlen, angesichts dieser Abhängigkeit.

#

Poetry and Motion

#

Am unangenehmsten sind die Menschen, die ihre Urteile fällen, ohne den Verurteilten überhaupt zu kennen. Das ist auch so eine aus dem realen Leben in die Onlinewelt herein getragene Unsitte, Unmöglichkeit, zeigt aber, dass es hier eben gerade nicht viel anders ist, als dort. Sich selbst dabei ertappen, Urteile über Menschen zu fällen, die man gar nicht kennt.

(Beispielsweise diese Menschen auf den Wahlplakaten allerorten: Alles Unsympathen, wenn Sie mich fragen, die ich gar nicht wählen kann, weil mir immer schlecht wird, wenn die auf mich herab blicken, als sagten sie: Ach, komm, du willst es doch auch.)

#

Ich packe eine Bücherkiste und packe einen Bukowski ein. Und Sie?
 
Do, 03.09.2009 |  # | (426) | 9 K | Ihr Kommentar | abgelegt: fragmente



 



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Letzte Aktualisierung: 03.06.2024, 07:57


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