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Protokoll eines Unzufriedenen

U-Blogger, Befreiungsfront, Unzufriedenheit und das alles ist doch sowieso nur ein Teil des unbekannten Ganzen, von dem niemand weiß, woher es kam und wohin es uns führen wird. Deshalb protokollieren Blogger akribisch ihr tägliches Leben, so können sie später im Archiv nachblättern und sagen "Ich habe es schon immer gewusst." oder "Ich war schon auf der richtigen Spur." oder "Ich habs fotografiert." Der hier schreibende Unzufriedene gehört zu dieser Meute, allerdings weiß er nicht so richtig warum überhaupt und ob ihm der Blogpsychologe bei der Bewältigung seiner Unzufriedenheit helfen kann, ist nur noch ein weiteres fehlendes Puzzleteil im Puzzle der offenen Fragen.

Protokoll eines Unzufriedenen
 
Di, 26.09.2006 |  # | (501) | 6 K | Ihr Kommentar | abgelegt: blogosophie


bufflon   (26.09.06, 11:37)   (link)  
21:30 Uhr

Wenn ich lese, will ich mich nicht langweilen. Im Urlaub las ich Lottmann, Bukowski und am Ende sogar ein Buch von Barbara Wood und ich langweilte mich nicht dabei, keine Sekunde. Noch nicht einmal bei Barbara Wood. Und nun dieser Boccaccio. Das ist bisher noch kein Highlight. Nun gut, diese Schwarte fällt nicht so schwer wie Dantes "Göttliche Komödie", die irgendwo halb gelesen und nur zum Bruchteil verstanden im Regal verschimmelt und einer göttlichen Erleuchtung meinerseits harrt, außerdem bin ich auch erst auf Seite 60, aber irgendwie fehlt daran etwas. Allerdings kann ich schwer beschreiben, was fehlt und das macht mich nicht nur unzufrieden, sondern auch ein wenig wütend. Ich sollte den Hund nehmen und durch die Gegend schleifen, bis er nicht mehr kann, die Zunge raushängt und der Blick sagt: Bitte, geh endlich nach Hause, ich habe keinen Bock mehr auf dein Rumgerenne." Gesagt, getan. Die Herzdame verabschiedet sich in Richtung Bett und ich verschwinde in der orange-neon beleuchteten Dunkelheit, es ist immer noch warm, aber man riecht den Herbst schon.

22:30 Uhr

Der MP3-Player hat mir BT vorgeschlagen. Das macht der einfach so, obwohl er nur so ein billiger taiwanesischer ist, ich switche ihn on, denn MP3-Player schaltet man nicht einfach so an, man switcht sie on, und ohne zu fragen spielt er BT. Den kennt wahrscheinlich kaum einer, aber das ist egal, denn ich kenne ihn, genauso wie der MP3-Player mich zu kennen scheint, und das ist genau die Musik die ich jetzt hören will, nicht Green Day und nicht die Beastie Boys, BT. Der Gedanke an das Buch, das noch gelesen werden will, beschäftigt mich immer noch. Denn das, was ich eigentlich lesen möchte, gibt es scheinbar noch gar nicht. Warum schreibt eigentlich keiner einen Blogger-Roman? Ich meine jetzt nicht so eine romantische Schnulze im Stile: Er, jung und relativ attraktiv, ist einsam, fängt an zu bloggen, lernt seine Traumfrau kennen, die auch bloggt und dabei noch nicht einmal etwas dazu erfindet oder weglässt, erst virtuell, dann real und am Ende heiraten beide in einer Bar, die ein Blogger betreibt, überhaupt gibt es in diesem Roman nur Blogger. Nö, so nicht. Es müsste eher so etwas sein: Relativ unglücklicher Er, kaputtes Elternhaus, kaputte Freunde, Partyleben, bloggt darüber, aber nur, weil es in ist, lernt verschiedene Leute kennen, die alle irgendwie Blogger sind, verstrickt sich in einer Welt, die hinter ihrer Fassade nichts mehr mit der vorgeblichlen Authentizität zu tun hat, Abgründe tun sich auf, verschmähte Liebe, falsche Liebe, aber immer noch ein wenig Hoffnung, guter und schlechter Sex und am Ende gibt es nicht nur ein Finale, sondern auch noch etwas spannendes, denn hinter dieser ganzen Bloggerei steckt kein tieferer Sinn, sondern die Webzwonull-Mafia, es gibt zwar keine Toten, aber Opfer und vielleicht noch nicht mal ein ordentliches Ende. So ungefähr, das ist ja nur ein Skizze und erste Ansätze gibt es ja auch schon. Während der Kopf so schwadroniert und schon fast glüht, bin ich auch schon wieder daheim, der Hund dankt es mit einem müden Lächeln und stürzt sich mit heraus hängender Zunge auf den Wassernapf.

Und morgen vielleicht weiter.


schluesselkind   (26.09.06, 13:07)   (link)  
Das klingt doch schon mal sehr vielversprechend: Sex, Crime, Blut, enttäuschte Liebe und falsche Hoffnungen - weiter so! Wird vielleicht der erste Blogseller? ;-)


bufflon   (26.09.06, 13:29)   (link)  
Na ja, ich schreib den ja nich, ich will den nur lesen. Oder schreib ich doch irgendwas? Ich meine, in meinen Ohren würde der Satz "Ich schreib da mal nen Roman.", gesprochen aus meinem Munde völlig deplaziert klingen, dafür fehlt mir noch die Stetigkeit, ich trau mir sowas doch gar nicht zu. Jetzt bin ich nicht mehr nur unzufrieden, sondern auch noch unentschlossen. Menno.


beetfreeq   (26.09.06, 22:58)   (link)  
Irgendwie schreiben wir doch alle unseren Blogger-Roman, oder? nimmt man all unsere Blogs mit ihren Geschichten aus dem Leben, Dingen, die uns bewegen und einfach auch mal befreiender Sinnfreiheit, und packt sie in den Kontext "Kleinbloggersdorf", dann haben wir doch schon die perfekte Blogger-Soap. Da liesse sich sicher ein Roman draus machen...


nicodemus   (26.09.06, 13:36)   (link)  
Hallo Herr Büffel,

die Kuh grau, düster wie ein herbstlicher Morgen, farblos – was ist los? Nun, was soll ich Ihnen wünschen? :--))

Boccaccio wird noch besser, ist allerdings eher ein Buch auf das man sich einlassen muss – Stimmungslos um einzutauchen in die Welt eines Opportunisten, jemanden der im richtigen Moment an der entscheidenden Stelle ist. Wogegen Bukowski die imaginäre Pistole an der Schläfe ist und einem klar wird: So tief ist man doch noch nicht gesunken! Es ist der Müll der Anderen, der letztendlich doch fasziniert.


bufflon   (26.09.06, 13:46)   (link)  
Wünschen Sie mir und uns einen schönen Herbst und einen kurzen Winter. Es muss nicht immer die bunte Kuh sein, die über den Jahrmarkt der Eitelkeiten stolziert und ihre Farben aufdringlich zur Schau stellt.

Ich kann mir vorstellen, dass Boccaccio noch besser wird, es ist zu erahnen und es tut mir schon fast Leid, dass ich ihn in dieses Protokoll aufgenommen, ja, ihn hier sogar ein wenig an den Pranger gestellt habe. Mich auf ihn einzulassen, fällt mir nicht schwer, denn ein Gesamturteil kann ich erst abgeben, wenn ich das Buch ausgelesen und im Regal verstaut habe.










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