Woltersdorfer Schleuse An einem Spätfrühlings-/Frühsommermorgen, Wolken zogen unberührt von den Ärgernissen der modernen menschlichen Gesellschaft am Himmel entlang und entluden zeitweise ihre nasse Ladung (viel zu wenig bei dieser Trockenheit), während weit hinten, im Südosten die Sonne wieder fröhlich grinste und sich freute, die frischen Pfützen wieder austrocknen zu lassen, daran gedacht, mit der S3 in Richtung Erkner zu fahren. Zuerst mit der Straßenbahn zum Bahnhof Landsberger Allee - der alte Schlachthof, man erinnert sich. Früher, als wir noch ins SEZ zum Baden fuhren, standen dort immer Viehwagen mit ahnungslosem Schlachtvieh, das auf seinen letzten Gang wartete und auch Güterwagen gefüllt mit frischen, blitzeblanken Knochen und man sagte uns, dass daraus Seife hergestellt würde (wer mag, kann sich Döblin ins Gedächtnis rufen, ist aber nicht so schön wie die blinzelnde Sonne im Südosten, weit hinter den dunklen, ahnungslosen Wolken). Dann bis Ostkreuz fahren - wenn die Bahn denn fährt, das scheint in diesen Tagen oft ein wenig schwierig zu sein, - dann umsteigen in die S3 in Richtung Erkner und sich treiben lassen. Bis Rahnsdorf. Über Felder und durch Kiefernwälder Und von Rahnsdorf mit der ollen Bimmelbahn (die mit dem "Homepageöffner") bis zur Woltersdorfer Schleuse. quelle: google maps Ich glaube, das haben wir zum letzten Mal Anfang der Neunziger gemacht. Wandertag, zehnte oder elfte Klasse. Lange her. Man wird ja nicht jünger. Heute fahren wir nur noch mit dem Auto und ignorieren das Drumherum. Ein Leben voller Blickwinkelkonzentratoren. Oder wir sitzen unterm Kirschbaum und schauen faul den Wolken beim vorbeiziehen zu, während nebenan Rasen gemäht wird, mit dem blöden Benzinrasenmäher, der so laut ist, dass man sich Kopfhörer aufsetzen möchte, in denen lautes Vogelgezwitscher simuliert wird. Gerhart Hauptmann und Bahnwärter Thiel, deswegen fuhren wir nach Woltersdorf und auch nach Erkner, auch das fällt einem wieder ein, wenn man nur lange genug durch Googles Maps streift und per Streetview ein paar Ansichten checkt. An den Bahnwärter will ich mich wohl nicht mehr erinnern. Deutsch, eine meiner großen Schwächen. Neben Mathe. (Schuld waren natürlich nur die Lehrer und so, wie sich später herausstellte, und mein letztes Schulzeugnis eigentlich ein Irrtum.) Man könnte es noch einmal nachlesen, der modernen Informationsgesellschaft sei dank, knappe 50 Seiten, wenn man es ausdrucken wollte oder man hat eines dieser iPad-Dinger, mit dem man gemütlich auf der Gartenliege herumlungern (wenn der Rasenmäher des Nachbarn schweigt) und lesen und sich der Fehlinterpretationen des ungeliebten Deutschlehrers erinnern könnte ("Was wollte uns der Autor damit sagen?"). Kann man aber auch sein lassen. Aber. Eigentlich. Aber eigentlich haben wir gar keine Zeit. Wo kämen wir hin, hielten wir den Alltag einfach so mal an und wandelten unbeschwert und fröhlich auf alten Trampelpfaden durchs Dickicht vergangener Tage? Nö, der Terminkalender ist furchtbar voll, wir haben viel zu viel zu tun, hier und überall, und die Woltersdorfer Schleuse muss einfach warten. Geht nicht anders. Rennt ja auch nicht weg, hat keinen Terminkalender. Oder so. (Hoffentlich vergesse ich das nicht wieder.)
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