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![]() Im Wahn Gut, wenn man immer nur die anderen für verrückt hält. Alles ist bereit: Die Nachbarn haben reichhaltig dekoriert, ich bin immer noch der Meinung, dass Orange nicht nur die Müllabfuhr trägt, die Dame des Hauses findet Tim Wiese ansprechend (?), das große Kind wundert sich, dass Lucas Barrios als Argentinier für Paraguay spielt (das stand so nicht in den Fußballsammelkarten) und das kleinere Kind versucht sich im joga bonito, wobei er sich für eine Mischung aus Arjen Robben und Christiano Ronaldo (auch "Grinsebacke" genannt) hält. Der Wahn hat also endgültig Einzug gehalten und wenn die WM zu Ende ist, bleibt endlich mehr Zeit für den neuen Roman des Jahres "Monologe mit Hund", wird sicherlich ein Bretterknaller (Merke: Immer irgendwie Kunst mit ins Spiel bringen, dann steht man selten im Abseits.) PS: Und vielleicht noch einmal daran denken: Knapp daneben ist auch vorbei.
Was das Sparpaket für Sie bedeutet Das Wetter ist gut, es regnet nicht mehr. Menschen mit Deutschlandfahnen am Auto frühstücken auf dem Weg zur Arbeit schnell noch im Cockpit ihres Wagens, ein Schluck Kaffee aus der Alutasse, isoliert, vom Wurstbrötchen abbeißen, dazu die besten Hits aus den 80iger, 90igern und 00igern und die neuesten Hits gibt es gratis dazu. Allerdings nicht ganz, man muss unerträgliche Radiosprecher und Dauerwerbung ertragen. Zwischendurch die Nachrichten: Das Wetter ist gut, dem Land geht es schlecht. Alle müssen jetzt sparen, also vor allen Dingen die einen. Natürlich, die Idee, an Leistungen für Menschen zu sparen, die eigentlich gar nichts haben, ist grandios. Man nimmt ihnen nichts weg, man gibt ihnen einfach noch weniger. Damit ist allen geholfen. Merkel und Westerwelle lachen in die Kamera. Hahaha. Lebt eigentlich Maggie Thatcher noch? Wenigstens ist das Wetter gut und die deutsche Fußballnationalmannschaft supi in Südafrika gelandet. Der Weltmeisterschaftsauftaktsparty am Freitag steht also nichts mehr im Wege, danach vier Wochen Fußballpanik, vergesst doch einfach alles, jetzt wird erst einmal gefeiert. Mein Vater sagt immer "Brot und Spiele machen das Volk gefügig, so ist das heute immer noch". Trotzdem schaut er sich die Spiele an und fällt auch manchmal vom Sessel. Wenn es spannend wird. Brot und Spiele. Das passt aber nicht mehr, siehe oben. Weniger Brot für die Bedürftigen, ist das überhaupt noch christlich? Ich kenne mich damit leider nicht aus, ich könnte Pionierlieder singen oder auch Arbeiterlieder aus dem Agit-Prob-Buch, das in irgendeiner Kiste seiner Entdeckung durch vielleicht irgendwann auftauchende Nachfahren harrt, bei religiösen Dingen bleib ich lieber außen vor. Wobei ich wieder beim Fußball wäre. Kürzlich traf ich einen rigerosen Fußballablehner, der leider keine verwertbaren Gegenargumente vorbringen konnte. Argumente wie "Zwanzig Mann die einem Ball hinterher rennen, wie bekloppt ist das denn?" oder "Die Fans sind allesamt saufende, rechtsradikale Radaubrüder" sind so lebensfern wie dumm, die Wahrheit liegt irgendwo hinter den Bergen, bei den sieben Zwergen. Mit Fußball beschäftigen sich genauso dumme wie kluge Menschen, man muss sich einfach nur mal zu einem F-Jugend-Turnier begeben, Spieler, Trainer und zuschauende Eltern beobachten und man wird nichts anderes sehen, als uns, die Gesellschaft. Macht natürlich kaum ein Mensch. Später sprachen wir dann über das Wetter, das sich endlich sommerlich entwickelt und zum morgendlichen Picknick am See einlädt, man könnte sich ja dort und dort treffen, ein bisschen im Schatten rumsitzen und etwas essen, während die Kinder, nun ja, Fußball spielen? Das Wetter ist gut, die Hosenbünde werden weiter und die Gürtel enger, nicht bei allen, nur bei manchen, sicher den falschen. Merkel und Westerwelle lachen und sind über etwas froh, worüber, weiß keiner so genau. Miroslav Klose will explodieren, keine Ahnung, wie das aussehen soll, hoffentlich macht er dabei keinen großen Krach und den Thomas Müller dreckig, der kann nämlich Fußball spielen, obwohl er aussieht wie ein Exfreund der Liebsten. Auch so ein Kapitel. (Randzonenblogtypisch wird es hier in den nächsten Wochen sicherlich nur um Fußball gehen, von dem ich keine Ahnung habe. Behaupte ich immer.)
Wurstigkeit in Höchstform Im Prinzip bin ich gestern über folgenden, versucht witzig erscheinenden, aber doch niemals nie witzig seienden Kommentar nicht hinaus gekommen: "Haste schon gehört? Auch der Köhler steht für die Nationalmannschaft nicht mehr zur Verfügung." Zum Glück gibt es andere, die weniger wurstig klingen und einem dabei aus der Seele sprechen: Der größte Bestseller der vergangenen Jahre war Hape Kerkelings Pilgerreisenbericht mit dem klingenden Titel „Ich bin dann mal weg!“ Nach Margot Käßmann und Roland Koch nimmt ihn sich nun die dritte und wichtigste Person des öffentlichen Lebens zu Herzen. Waren die beiden ersten Fälle interessante Symbole für eine komplexe Rollensuche in unübersichtlichen Zeiten, ist dieser Rücktritt zum Heulen vor Wut und in jeder Hinsicht eine Katastrophe. Er ist illoyal, weil er der Bundeskanzlerin, die ihn gefördert und gerade einen schweren Stand hat, den Boden unter den Füssen wegzieht. Er ist feige, weil er einem unbehelligten Ruhestand der Debatte über einen Krieg den Vorrang gibt, wobei die Bundeswehrsoldaten diese Option leider nicht haben. Und er bricht das implizite Versprechen, das Staatsmänner mit der Annahme ihrer Wahl geben: Die Leute in schwierigen Zeiten nicht allein zu lassen. Köhlers Rücktritt - Der Fahnenflüchtling
Knapp daneben ist immer noch vorbei ![]() Lässt man den ganzen Hype um gerissene Bänder, gebrochene Rippen, Füße und so weiter weg, ist Fußball am Ende auch nur ein Sport. Ein paar Leute rennen mehr oder weniger motiviert über einen recht großen Platz und versuchen, ein rundes Ding in einen eckigen Kasten zu schießen, werfen darf nur Maradonna. Wissen müssen Sie das aber alles nicht, um an der diesjährigen Tipprunde teilzunehmen, einzige Voraussetzung für die Teilnahme ist die Teilnahme. So einfach ist das. Wer will, der darf - und zwar die Ergebnisse der Vorrunde, der Finalrunde und was weiß ich nicht noch alles tippen und am Ende, ja, was ist eigentlich am Ende? Ruhm und Ehre, das wird doch wohl reichen, oder?
1567 Nach dem Regen nun Sonnenschein. Doch dem Mai bin ich sauer, er hat meine Erwartungen enttäuscht. # Lost? # Menschen mögen ihre Kinder nicht, denn sie stören. # Kinder mögen ihre Eltern nicht, denn diese haben niemals Zeit für sie. Immer sind sie mit ihren eigenen Problemen beschäftigt und versuchen dabei, die Kinder nicht spüren zu lassen, dass sie stören. Kinder mögen ihre Eltern nicht, denn sie erziehen. Ständig wollen sie irgendetwas beeinflussen oder gerade nicht beeinflussen. Wie sie sich gegenseitig lieben können, bleibt ein Rätsel. Vielleicht mögen sie sich am Ende doch? # Auf ihrem aktuellen Album „Savana“ versuchen sie, sich aus ihrer Blaxploitation-Headzdrill-Ausgangssuppe etwas in Richtung einer Art „Indie-BigBeat“ freizuschwimmen. Dieses Vorhaben scheint durchaus pumpintensiv gelungen zu sein. Nun kann man allerdings durchaus geteilter Meinung sein, wenn heuer statt ausgeprägter Digi-Shaftismen eher die automatisierte Riffkraft einstiger Helmet-Meisterwerke den Unterboden stellt. Tatsächlich darf man hier aber absolut sinnstiftende Kraftmotor-Funktionalität attestieren. (PNG, aber die Musik ist ganz okay.) # Wie wir nachts dort saßen und Bier tranken und diesen unheimlich blöden und blutigen Film von Mel Gibson schauten, wie ich sagte "Pass auf, gleich kommen die Spanier." als der Jaguarmann blutend zum Meer lief und die Spanier kamen und wir uns anschauten und lachten und draußen schien der fast volle Mond und die Nachtigall sang ihr Lied zur Nacht. # Nichts ist sicher. Jeden Moment kann alles anders sein. # Laufen ist etwas für Tiere, Fußball spielt man mit Gehirn. (angeblich einer von Louis van Gaals Leitsätzen) Natürlich muss der Schöngeist dem schnöden Fußball abschwören, er muss ihn rigeros ablehnen. Geifernde, schreiende und saufende Anhänger, deren Gehirn irgendwo in der Kreisliga hängen geblieben ist und sich über Erbsengröße nicht weiter entwicklen konnte, dazu noch diese ganze Vereinsmeierei, im Großen wie im Kleinen, dieses gezwungene Miteinander und nach dem Spiel an den Grill stellen und wieder Bier trinken und alle streben nach dem großen Geld (als ginge es sonst niemals nie ums Geld, schon gar nicht in der Schöngeisterei, die sich nur mit dem Schönen und nicht mit dem Teuren beschäftigt), Prügeleien auf und neben den Plätzen und überhaupt: Fußball ist als Massenphänomen (in EM/ WM-Zeiten mit nationalistischem Charakter) überhaupt abzulehnen, da machen viel zu viele mit, wo bleibt da das Individuum? Stimmt. Grundsätzlich. Aber van Gaal hat recht. Stellt man sich einmal unvoreingenommen an einen Fußballplatz, lässt den Blick nur einmal über die FAZ auf den Rasen schweifen, beobachtet wie die Spieler eine Einheit bilden, wie sie Positionen einnehmen und wieder verlassen, wie sie rotieren, sich bewegen, um im richtigen Augenblick am richtigen Ort zu sein, was natürlich in den seltensten Fällen klappt, denn da sind ja noch elf andere, die genau das gleiche Ziel haben, nämlich den anderen Matt zu setzen, durch die gezielte Bewegung von Figuren auf einem großen Spielbrett, dann wird man erkennen, dass Fußball - wie andere Sportarten natürlich auch - mehr ist, als nur die Summe aller Bratwürste mit Bier im Stadion (heute: gesponsorte Arena) um die Ecke. Aber natürlich: Das kann jeder halten wie die Dachdecker. (In diesem Sinne: Man möge mir ein Knoten ins Taschentuch machen, nicht zu vergessen, unbedingt dies hier noch zu erwähnen und eine neue Tipprunde für Unprofessionelle einzuläuten.)
Überrollt Ein Abteil, sechs Sitze, ein Tisch und ein Passagier. Einsam am Notebook sitzend, Tasten malträtierend und in Papierkram rumwuselnd, lässt er ab und an den Blick aus dem Fenster schweifen. Das Geräusch, das Räder beim Gleiten über die Schienen verursachen, die blühenden Rapsfelder im großen weiten Draußen hinter dem Panoramafenster, dunkle Wolken, die immer dunkler werden, je weiter man nach Osten fährt und die riesigen Seen des gewaltigen Niederschlags der letzten Wochen, in diesem verregnetsten Mai aller Zeiten. Sich heimisch fühlen und denken können, eine Zeitung greifen, sie liegt ja sonst sowieso nur herum, das arme Stück, darin blättern, stöbern, man kommt ja doch so selten dazu, vor allen Dingen bei diesem Wetter, das schläfrig macht, mit seinen grauen Tagen und kalten Nächten, und melancholisch. Noch nie solche Ruhe gefühlt beim Reisen, noch nie so leicht über Dingen gestanden, noch nie so gern in diese Stadt herein gefahren, zugedeckt im grauen Nebel und bevölkert von Unbekannten, die lustig sind oder traurig, reich oder arm, schön oder hässlich, wie diese Stadt, die wirklich, wirklich die meinige ist.
Begegnung der dritten Art Mit einem freudigen Hallo begrüßte mich der befreundete Schrifststeller, als ich ihn im Warteraum der Zahnarztpraxis traf. Ich grüßte still zurück. Muss der jetzt hier sein, fragte ich mich und versuchte eine dicke Backe zu simulieren. Eigentlich war ich nur hier um irgendwie hier zu sein, im Warteraum der Zahnarztpraxis, womöglich wollte ich mir einen Termin geben lassen oder den typischen Zahnarztpraxengeruch inhalieren und mich inspirieren lassen. Der befreundete Schriftsteller begann zu reden, obwohl er doch nach jahrelanger Freundschaft hätte wissen müssen, dass ich nichts für Gespräche übrig habe, schon gar nicht in Zahnarztpraxenwartezimmern. Ich glaube, er stellte mir seinen neuen Roman vor, so ein Berlin-Ding, irgendwie hip und am Ende scheitert der Held (die Heldin?), vermutlich im Berghain, in der er (sie?) sich die Birne zudröhnt und Menschen jeden Geschlechts vögelt. Weißt du, nuschelte ich nach ein paar Minuten aus meiner simulierten Schmerzbacke heraus, typische Berlin-Romane interessieren mich genauso wenig wie Romane über die männliche Verdauung, im Gegenteil, sie bringen mein Blut zum Kochen und mein Kopf schwillt an, bis er explodiert. Wie dir bekannt sein sollte - und ich sah dabei wohl aus, wie Bruse Willis in "Stirb langsam", ganz zum Schluss, Blut verschmiert und völlig verzweifelt an einer kaputten Kippe nuckelnd - tue ich mich mit so gut wie allem schwer, vor allen mit Menschen. Aus mir heraus betrachtet gefällt mir mein Leben also ganz und gar nicht und schon allein deshalb, weil ich mir selbst schon nicht ganz passe, geht mir dein pseudoliterarisches Boheme-Geschwafel so dermaßen auf die Ketten, dass ich dir dringend raten muss, das Wartezimmer dieses meines Lieblingszahnarztes sofort und maximalem Tempo zu verlassen und dich nie - und ich meine damit nie nie nie - wieder in meiner Gegenwart zu solchen oder ähnlichen Themen zu äußern. Der sterbende Bruce Willis schien ihn überzeugt zu haben, sofort setzte er sich, die Sport-Bild in der Hand, in den Nachbarraum und verschwand aus meiner Wahrnehmungssphäre, die nun angefüllt wurde mit den wunderbaren Klängen einfachster Fahrstuhlmusik und dem einzigartigen Geruch einer Zahnarztpraxis. Aufgewacht.
1548 In einem stillen Land - eines der besseren Geschenke. Eines der besten, womöglich. Sehr empfehlenswert, wenn man schwarz/ weiß mag und Menschen, stille Menschen. # Rezepte ausdrucken, das ist doch auch irgendwie. In diesem damals™ rief man sich noch an, notierte Rezepte oder man schrieb sie einfach ab, wenn man irgendwo etwas aß, das besonders schmeckte und man sofort fragen musste, wie denn das Rezept sei. Heute gibt es Apps, die man ständig mit sich herum tragen kann. Oder man druckt sich Rezepte aus. Aber auch das ist wohl schon veraltet. # Musik lieben, das liegt in der Familie. # In den Kika-Kindernachrichten klingen die Krisen der Welt nicht mehr so schlimm, sie sind wattig-wohl eingepackt. Wenn man dann aus Versehen in die unzensierte Tagesschau-Version hinein schaut, schaudert es einen immer wieder. Wenn Menschen in gemäßigt schicken Klamotten aus gemäßigt schicken Wagen steigen und lächeln, als wäre es wichtig zu lächeln, als könnte man die Krisen der Welt einfach weglächeln, als wäre das Image so unglaublich wichtig und die Oberfläche sollte möglichst wenig zerkratzt sein, und, und, und. Nachrichtensendungen vermeide ich möglichst, es bringt ja doch nichts. Über das Leid der Menschen lässt sich besser lesen, als es durch blitzblanke Oberflächen hindurch scheinen zu sehen. # Die Hauptschule. In diesem damals™, am Gymnasium, traf ich immer wieder auf Mitschüler, die besonderen Gefallen daran fanden, auf andere geringschätzig hinab zu blicken, weil sie meinten, sich aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Form von Leistungsgruppe über sie erheben zu können. Dumme Maurer, blöde Maler, dämliche Handwerker. Natürlich funktioniert das wunderbar, wenn einem das schon immer so eingerichtert wird, vom Ingenieursvater, vom scheinintellektuellen Lehrer: Wir, hier oben, lesen. Die da unten saufen und rotzen in die Gosse. Hunde, die. Und die Statistik bestätigt diese Haltung. Je höher der Abschluss, umso höher das Einkommen, umso geringer die Arbeitslosenquote. Man kann das als gegeben ansehen und daran glauben, dass Leistung irgendwann, aus dem Bauch heraus oder meinetwegen von Gott gegeben, wachsen wird und alle Menschen glücklich werden. Man kann auch die Hauptschule abschaffen und alle Schüler in Gemeinschaftsschulen verfrachten, grundsätzliche Ansichten wird man so nicht verändern können. (Umgekehrt übrigens genauso: Dem Eliteschüler aus der bilingualen Klasse wurde gerne mal die Fresse im Sandkasten poliert, weil der da oben und die da unten waren. Das war übrigens schon im real existierenden Sozialismus so.) # Ach.com, egal - ist auch keine Lösung.
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Letzte Aktualisierung: 03.06.2024, 07:57 Links: ... Home ... Blogrolle (in progress) ... Themen ... Impressum ... Sammlerstücke ... Metametameta ... Blogger.de ... Spenden Archiviertes:
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