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"Ole, ole, ole." und am Ende Rückenschmerzen.

Früher waren die Geburtstagsfeiern bei Murmel und Bohnenstange immer der Knaller. Anwesende männliche Wesen ließen hochprozentiges in Massen fließen, um spätestens gegen Mitternacht völlig zu entgleisen, ungezügelt und ohne sich später daran erinnern zu können. Natürlich sehr zum Leidwesen der anwesenden Damen.

Murmel ist ein ehemaliger Sportler, übrig geblieben ist davon wenig, inzwischen ist er so hoch wie breit, einssechzig, Tendenz steigend und geht trotzdem seinen beiden liebsten Passionen nach: Essen und Trinken. Selbst seine jahrelange Freundin schaut ihn nur noch angewidert an, eine Umstand, der ihn rein äußerlich in keinster Weise beunruhigt. Komisch. Bohnenstange ist die ideale Ergänzung zu Murmel. Man munkelt, sie hätten gemeinsam zwei bis drei Firmen im Immobiliendschungel Berlins aufgebaut, Bohnenstange wäre der Chef und Murmel sein Fahrer. Allerdings munkelt man nur, denn eigentlich benehmen sie sich, als wäre es umgekehrt. Seine Passionen sind neben den Damen, eine Sache, die seine langjährige Freundin überhaupt nicht zu interessieren scheint, ein außerordentlich gut befüllter Grill und ebenso außerordentlich gut abgefüllte Gäste. Letzteres hatte ich vor Jahren an mir selbst erleben dürfen, die Büffelin sprach knapp zwei Wochen nicht mit mir, erinnern konnte ich mich an nichts.

Kurz vor Anpfiff. Der Garten strahlte in schwarz-rot-gold, in der Mitte ein kleiner Pavillon, die versprochene Leinwand gab es nicht, Mist, zum Glück hatte das 14"-Notebook einen Videoausgang, so dass man wenigstens die Glotze anschließen konnte. Die nicht fußballinteressierten Gäste saßen gelangweilt und mürrisch an der Tafel rum und ließen sich riesige Berge gegrillten Fleisches mehr oder weniger gut schmecken, Bohnenstange hatte ganze Arbeit geleistet, Tonnen von Fleisch besorgt und schon in der Mittagshitze mit dem Grillen angefangen, damit die mürrischen Fußballablehner ja nicht meckern können, weil sie immer den Mund voll haben. Dazu noch ein ordentliches Fässchen Bier, Kasten war früher, und die Gäste waren versorgt. Leider sahen die das nicht so, sparten nicht an Kommentaren wie: "Diese ganze Fußballkacke geht mir aufn Sack." oder "Fußball ist doch nur was für minderbemittelte Unterschichtenprolls." oder "Wo bleibt eigentlich die geistvolle Unterhaltung?". So sprachen sie und verzogen sich schnell in ihren deutschen Mittelklassewagen in ihre Mittelklassewohnungen oder Mittelklassehäuser um dort bei Chips und noch einem Fläschchen Bier die neueste Folge von "Hausmeister Krause" zu sehen. Das ist geistvolle Unterhaltung.

Die richtigen Fans waren die Absahner. Extra-Bierfässchen, leckere Fleischspieße (mit der furchtbar leckeren Knoblauchwurst, die einem am nächsten Morgen einen furchtbar trockenen Mund macht) und Kräuterschnaps in rauhen Mengen, leider gab es nicht genügend Sitzplätze, aber "Ole, ole, ole." und jubeln geht ja auch im Stehen. Bohnenstange war in seinem Element. Er war so sehr mit Grillen und Abfüllen beschäftigt, dass er kaum das Spiel verfolgen konnte. Ich auch nicht, denn Minikind war der Meinung, ständig in das halbfertige Haus rennen zu müssen, es fehlten hier und da noch Treppengeländer, ein full-time Job für Papi. Später merkte ich, dass mich die verpassten Tore nicht mal interessierten, interessante Erkenntnis. So ging das Spiel an mir und Bohnenstange vorbei, ich rannte dem Mini hinterher, er dem Sohn vom Nachbarn, sein neustes Opfer in Sachen "Oberkante Unterlippe", gegen elf hatte er gewonnen, der Nachbarssohn ging danieder. Traurig.

Kurz nach Mitternacht torkelten die letzten übrig gebliebenen Fußballjünger von dannen. Um Maxikind entbrannte ein erbitterter Streit zwischen den anwesenden jungen Damen im Alter zwischen vier und neun. Wer darf ihn mit nach Hause nehmen? Wir gewannen, vernünftig ist er ja, noch. Leider wollte er nicht laufen, darum packte ich mir die zwanzig Kilo auf die Schulter, eine schlechte Idee, insgesamt gesehen, denn der gesamte Rücken ist heute immer noch steif wie ein Brett, schnell zum Mannschaftsarzt und den Physiotherapeuten, damit ich am Mittwoch wieder spielen kann. Ach nee, bin ja gar nicht Ballack. Auf dem Heimweg trafen wir noch kurz den Tod, in einen langen schwarzen Mantel gehüllt, Kapuze auf, aber ohne Sense, gruselig. Er schwebte förmlich über dem Boden, wild entschlossen, wir hofften die ganze Zeit, dass er sich nicht umdrehen würde und wir in seine rotglühenden Augen blicken mussten. Er tat es nicht. Trotzdem ging der Rest des Wochenendes in die Hose. War wohl ein schlechtes Omen. Mist.

Togo wird übrigens Weltmeister. Die bieten doch bisher das beste Showprogramm am Rande des Spielfelds, find ich.
 
Mo, 12.06.2006 |  # | (330) | 6 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging



 
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