Y2K (...) aus dem Tagebuch "Darf ich das so notieren?" von Win K., Eintrag vom 14.05.2000 Ausgehen mit E. Um acht, sagte ich, bin ich bei dir, und so warf ich mich also frisch geduscht in Schale. Unterwegs sonnte ich mich in Phantasien, zwischendurch krabbelte es ganz furchtbar im Magen, war das ein erstes offizielles Date? Ich besorgte eine Rose, das kam mir zwar kitschig vor, aber gehörte irgendwie dazu, im daten bin ich doch unerfahren, ich hatte doch in den letzten Jahren nur Liz. Hab ich der vielleicht zu wenig Blumen mitgebracht? Meine Mutter besteht immer darauf, Frauen Blumen mitzubringen, ich hab das bis jetzt nie getan, aus Trotz. Jetzt hatte ich also eine Rose gekauft, eine riesige, duftende Rose, die aussah, als sei sie aus Porzellan, rot, mit weißen Flecken, ein wenig künstlich vielleicht, ich fühlte mich doof. Ich war pünktlich und klingelte. Nichts. Ich klingelte wieder. Nichts. Scheiße, dachte ich, scheiße. Sie hat mich versetzt. Ich rief an. Nichts. Ich setzte mich auf die Motorhaube meines Wagens, rauchte eine Zigarette und rief auf ihrem Handy an. Ich hörte es klingeln. Aha. Entweder war sie da oder sie hatte ihr Handy vergessen. Ich klingelte wieder. Nichts. Irgendwann kam ein Typ aus dem Haus, ich ging hinein und klingelte an der Tür. Nichts. Dafür hörte ich ihre Stimme. Sie sang. Sie sang, wirklich. Nicht gerade umwerfend, aber niedlich. Sie sang also, niedlich, was für ein beklopptes Wort, Kätzchen sind vielleicht niedlich, aber doch nicht Frauen. Süß? Hey, ich bin ein Kerl, was soll ich süß finden? Sie war süß. Scheiße. Irgendwann hörte sie auf zu singen und ich klingelte. Sie machte auf und erschrak ganz plötzlich. Hast du mich singen gehört? Ach, na ja, nur ein bisschen. Ich war verlegen, sie auch, ich kam rein und sie duftete so wunderbar und frisch, sie kam gerade aus der Badewanne, in der sie gesungen hatte, sie war nicht süß, sie war nicht niedlich, sie haute mich um, in diesem Moment. Baff. Sie zog sich an, obwohl ich das nicht wollte, ich behauptete, ich wäre furchtbar müde, mit einem Augenzwinkern, sie zwinkerte zurück und bestand auf angezogenem Vergnügen. Wir landeten in einer Bar in Mitte, gute Musik, gute Cocktails, da ich fuhr, trank ich wenig, sie trank dafür ordentlich, Sex on the Beach, augenzwinkernd, wir betatschten uns unterm Tisch und küssten uns übertrieben hemmungslos, nur um von den anderen Gästen dafür begafft zu werden. Liz wollte so etwas nie, dachte ich bei mir und strafte mich sofort dafür, das hier war E. und E. war scharf und süß und niedlich und sie haute mich um und ich verliebte mich gerade in sie. Scheiße. Egal. Ich nahm dann doch einen Drink, dann verschwanden wir im Sophienclub und tanzten die halbe Nacht, bis sie mich packte und raus zog, aus der tanzenden Menge, hinaus in den noch dunklen Morgen, wir küssten uns und rannten Hand in Hand zum Auto, an die Fahrt zu ihr nach Hause kann ich mich kaum erinnern, nur, dass ich ordentlich auf die Tube drückte. Sie lag neben mir, leise atmend, und schlief. Ich betrachtete sie, dann deckte ich sie zu, stand auf und zog mich an. Der Sex war gut, Wahnsinn, wir passten gut zusammen und vögelten bis zum Morgengrauen, sie schlief danach ein, in meinen Armen, selig und ruhig, und ich, ich konnte nicht einschlafen. Liz? E.? Liz? E.? Beide gingen mir durch den Kopf, ich konnte Liz nicht vergessen und gerade jetzt merkte ich, wie sehr ich sie vermisste, wie es in meiner Brust brannte, wenn ich an sie dachte, wie mein Kopf anfing zu schmerzen, alles drehte sich, ich konnte das hier nicht, noch nicht, oder nie, ich weiß es nicht, ich zog mich an und ging leise, verschwand in den hellen Morgen und fühlte mich beschissen. (...)
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