eLesen Am Verrücktesten, denke ich manchmal, sind die E-Buch-Freunde, die immer so supercheckermäßig lächeln, sobald jemand "Haptik" sagt. Wie peinlich, dass jemand eine Immaterialität anfassen will! Ich denke mir dann immer, sollen sie doch mit einem Turingtest vögeln. Peter Praschl - Lesen, Schreiben [1] Ein weiteres hartnäckiges Argument für das eBook: Man muss sich die Zimmer nicht mehr mit Bücherregalen voll stellen. Ich weiß ja auch gar nicht, was Feng-Shui-Berater oder hypermoderne Inneneinrichter zu Bücherwänden sagen, wahrscheinlich passen Bücherregale - ob nun Ikea-Billy, selbstgezimmerte Rohholzbauten oder Opas altes Echtholzbüchermöbel aus dem vorletzten Jahrhundert - überhaupt nicht in moderne Wohnkonzepte oder stören den Feng-Shui-Energiefluss. Dieses ganze gesammelte Wissen. Ein eBook-Reader befreit den Menschen doch endlich vom schrecklichen Bücherregal, ohne ihn des Lesestoffs zu berauben, ist doch supi. Natürlich fragt sich der Familienmensch, der nicht allein lebende Single ist - aber vielleicht ist der ja auch schon Randgruppe? - welche Vorteile das eBook rein familientechnisch bringen soll. Es kommt ja selten vor, dass alle Familienmitglieder gleichzeitig an einer Schwarte sitzen und sich gegenseitig vorlesen. Ach so, verstehe. Da sind dann mehrere Exemplare anzuschaffen, das kommt ja auch der Wirtschaft zugute, nicht. Wir kaufen also vier schicke eBook-Reader, weil wir ja alle leider noch irgendwie lesen, das macht dann runde 1.300 Euro, gibt es da eigentlich Rabatt für Massenbestellungen? Und dann müssen auch noch die ganzen vorhandenen Lagerbestände an Lesematerial nachgekauft werden? Oder fährt man die ersten fünf Jahre zweigleisig, schleppt Buch und Reader überall mit hin? Oder kauft man sich doch lieber für das Geld zwei- oder dreihundert echte, papierne Bücher? Und ich stelle mir das dann so vor, wie man abends mit den Kindern im Bett rumlümmelt und neben der Gute-Nacht-Geschichte kann man noch ein bisschen im Internet rumsurfen, denn so ein eBook-Reader ist doch sicher nicht nur schnöder eBook-Reader, sondern eine Multimediamaschine, mit youtube und facebook und twitter und diesem ganzen Zeug, das ist ja alles ein Muss, heutzutage, und dann zeigt man den Kindern die Erwachsenenfassung der Odyssee und die entdecken, was man mit Sprache alles anstellen kann, was ja insgesamt gesehen dann doch gar nicht mal so schlecht ist. Unentschieden, denke ich, man muss die Sache weiterhin beobachten. [Angesichts dreier Umzugskisten, voll gepackt mit meiner gesamten Kindheitsliteratur, die einem Wasserschaden zum Opfer fielen, müsst ich wohl umgehend und ausschließlich positiv dem eBook gegenüberstehen, aber.]
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