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Was, frage ich mich jedes Mal, was, um Gottes Willen, bringt Menschen dazu, sich kurz nach dem Anhalten eines Flugzeugs den Gurt vom eingepressten Leib zu reißen, mit zittrigen Fingern in die Tasche des Jackets zu langen, das allgegenwärtige mobile Telefon zu zücken und wilde Gespräche zu führen. Ist das ein Reflex, ein neu in die Gene der Menschen hinein evolutionierter Reflex, ein Reflex des neuen, postmodernen Menschen, der niemals abgeschnitten sein will von seiner peer group? (Wahlweise auch Twitter, Facebook, Mails, SMS.) Ich wünsche mir dann immer, es riefe mich jemand aus, während diese ganzen an ihren mobilen Faustkeilen herum hantierenden Menschen mit wippenden Füßen auf ihr Gepäck warten, eine freundliche Flughafensprecherinnenstimme riefe: Herr Bufflon bitte an Schalter 7, Herr Bufflon bitte an Schalter 7. Für Sie ist ein Telegramm eingegangen. Für Sie ist ein extrem wichtiges Telegramm eingegangen, das sofort gelesen werden muss. Vielen Dank.

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Schön wäre ja auch ein reitender Bote.

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Bis dahin noch niemals das Gefühl gehabt, vom Alltag völlig weggetreten zu sein. Aber wenn man dann plötzlich genau dieses Gefühl plötzlich bekommt (somewhere over the rainbow) und man auf ein paar Stunden, Tage komprimiert, sein Gehirn absichtlich mit völlig abwegigen Eindrücken überlastet, mit einer quitschenden Buntheit, einer Fülle von Verrücktheiten, dann beginnt man ganz leicht zu schweben, sich leicht zu fühlen, ganz weit weg. Dumm nur, dass auch diese bunten Pillen schnell wieder ihre Wirkung verlieren und man den grauen Tatsachen wieder ins Gesicht schauen muss. Kann. Darf.

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Tagesthemen angemacht, Tom Buhrow berichtet über irgendwelche Koalitionsverhandlungen in einem Land far far away. Man möchte lachend weinen oder weinend lachen, wenn man diese komischen Gesichter sieht, die Dinge verbergen müssen und eine gewisse Fröhlichkeit auszustrahlen haben, weil Politiker, vor allem solche, die behaupteten, sich für "die Menschen" einzusetzen, sich nicht vor ein Mikrofon stellen können und sagen: Sorry Leute, aber irgendwie, na ja, wissen Sie, wenn man Systeme der Allgemeinheit rettet, muss die Allgemeinheit auch dafür bezahlen und bezahlen heißt gerade nicht, dass Sie am Ende mehr in ihrem Portemonnaie haben, sondern weniger. Das kann kein Politiker sagen. Darum sagen sie, dass Sie im nächsten Jahr irgendwie entlastet werden, ohne zu sagen, dass Ihnen die angeblich geschenkten Scheine auch wieder aus der Tasche gezogen werden müssen, denn nackten Staaten kann man nicht in die Tasche fassen.

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Was, wenn die Eltern doch recht hatten? Wenigstens ein kleines bisschen?
 
Di, 27.10.2009 |  # | (372) | 3 K | Ihr Kommentar | abgelegt: fragmente


jean stubenzweig   (27.10.09, 14:39)   (link)  
Vielleicht sollten die Mobiltelephone wieder so groß werden wie in den Anfängen. Aber auch da hat es ein Bekannter von mir geschafft, diese überkofferradiogroßen drei und mehr Kilo als Handgepäck mitzuschleppen (B-Netz, für Anrufer nur erreichbar, wenn sie den Vorwahlbereich wußten). Aber da machte das auch noch was her.

Ich bin mittlerweile in einem Zustand angelangt, der mich angesichts dieser Menschen sofort das Programm wechseln oder ausschalten läßt.

Es kommt auf das Alter der Eltern an.


bufflon   (27.10.09, 15:45)   (link)  
Ich habe nichts gegen Mobiltelefone, im Gegenteil, ich spiele da gerne dran rum und mache und tue und trotzdem frage ich mich oft, warum man so ein Gewese um die ständige Erreichbarkeit, um die ständige Verfügbarkeit machen muss, als liefen die Geschäfte so unglaublich viel schlechter, wenn man mal anderthalb Stunden nicht erreichbar ist. Vielleicht bin ich ein Zurückgebliebener, der so etwas nicht verstehen kann, eine Schnecke, ein Ungläubiger?

In Kriegszeiten geboren, später marxistisch-leninistisch geschult, aber mit einem deutlichen Hang zur Weltoffenheit. Ich glaube schon, dass so manches, was ich früher verlachte, ein paar Wahrheiten enthält, doch, ich glaube, da etwas erkennen zu können.


damenwahl   (29.10.09, 10:14)   (link)  
Nicht nur beim raus, auch beim rein. Bis zur allerletzten Minute muß der Wichtigtuer telefonieren. Als gäbe es kein Morgen. Mir auch völlig schleierhaft, ich bleibe inzwischen immer betont lange sitzen, packe in Ruhe mein Buch aus, wenn der Flieger landet und werde dann von den umstehenden Business Leuten angeschaut wie ein Marsmännchen.
Manchmal würde ich ihnen gerne sagen: wirklich wichtige Menschen arbeiten nicht am Laptop und telefonieren nicht am Handy in der Öffentlichkeit, weil Geschäftsinformationen vertraulich sind!










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Letzte Aktualisierung: 03.06.2024, 07:57


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