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Wahlsonntag

Wir haben sie gesehen, die Nichtwähler. Lagen faul in der Sonne und tranken Kaffee und aßen Kuchen und schwatzten blaue Rauchringe in die sommerliche Herbstluft und wir Dödel, wir liefen in das Wahllokal, um etwas zu tun, was nichts verändert. Die da oben, hört man, machen doch sowieso, was sie wollen. Würdet ihr hier nicht rumsitzen und wiederkäuen und ständig euren Dünnschiss ablassen, denkt man zurück, sondern diese eine kleine, minimaldemokratische Tat wagen, ihr könntet wenigstens dasitzen, dummlabern und sagen: Die habe ich aber nicht gewählt. Ich habe die nicht gewählt, sagte ich dann, abends, während wir faul in der Sonne saßen und uns einen Grappa aus Südtirol eingossen, von dem soll man nämlich trinken, wenn einem etwas schwer im Magen liegt. Wohl bekomms.
 
Mo, 28.09.2009 |  # | (420) | 1 K | Ihr Kommentar | abgelegt: reality blogging


bufflon   (30.09.09, 10:16)   (link)  
Kleine Nachphilosophie
Wer wählen geht, macht sich schuldig. Wer nicht wählen geht, macht sich genauso schuldig. Es sei denn, man hätte etwas anderes gewählt. Wie viele von denen, die wählen gingen, wählten nur, weil sie das Gefühl hatten, wählen gehen zu müssen und setzten ihr Kreuz an eine Stelle, die von ihnen als das sogenannte "kleinere Übel" bezeichnet wird? Wie viele von denen, die nicht wählen gingen, gingen nicht wählen, weil sie nicht wussten, was sie hätten wählen sollen? Wo sind denn die Alternativen zu den fünf bis sechs Parteien, die so viel Stimmen generieren können, dass sie später im Bundestag von sich behaupten können, ein Volk zu vertreten? Wochenlang spazierte man durch die Gegend und wurde aufs heftigste beleidigt: Dumme Sprüche, hässliche Fratzen. Man hätte Strafanzeige stellen sollen. Wegen Beleidigung (des Intellekts) und Körperverletzung (debiles Grinsen, hallo?) Und dann sagt einem einer, der meint, irgendwie Oberchecker zu sein, man hätte doch nun an der Wahl teilgenommen, hätte doch sein Kreuzchen gemacht, abgestimmt. Der Wähler ist dann schuld an der Misere, weil er aus Versehen CDU gewählt hat oder irgendeine andere Partei, die ihm als das "kleinere Übel" vorkam, der Nichtwähler lehnt sich zurück und behauptet: Ich war es jedenfalls nicht. Ob das so viel besser ist?










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