Wochenend und Sonnenschein Ein Samstagmorgen ohne Frühstück ist ein verlorener Samstagmorgen, fast ein verlorenes Wochenende, im Prinzip, sollte das ausgiebige Frühstück aus Gründen nicht stattfinden können, sollte man sofort in einen Dornröschenschlaf fallen und nie wieder aufwachen, also spätestens bis zum nächsten Morgen schlafen, der dann sicherlich mit einem ausgiebigen Frühstück gesegnet ist. So begann also dieser Morgen nicht, sondern fiel einfach so vom Himmel herab, denn ein früh gestellter Wecker an einem Samstagmorgen, das ist fast eine göttliche Strafe. Gähn. Gähnende Gesichter, ein wenig leer und fad, käsig und auch angefressen, mürrisch den Zündschlüssel ins Zündschloss stecken und los geht die Fahrt. Fahren wir lange? Ja, wir fahren lange. Also mindestens, wenn nicht sogar. Schnell verschwindet die Stadt aus dem Blickwinkel, in den leeren Magen hinein gezwungen wird ein Überbrückungsfrühstück, es wird an passablen Brötchen vom Lieblingsbäcker an einem unpassenden Ort gemummelt, man hat den morgendlichen Schock der Frühe schwer verdaut und neigt deswegen zu meditativer Stille, im Radio spielen sie auch nur Mist. Hallo, Land, wir kommen jetzt und der Schnee liegt natürlich dort, wo er hingehört, auf Feldern und in Wäldern, heute Abend wird es regnen, dann ist es auch hier weg, das Weiß, aber jetzt ist es noch da und erfreut den vorbei huschenden Betrachter mit seinem morgendlichen Gräuel. Bei Fürstenwalde tauchen ein paar Hügel auf, es gibt auch eine Stelle an der Autobahn zwischen Dresden und Bautzen, die sieht genau so aus, in meinem nächsten Leben werde ich Landschaftsfotograf, ziehe mit Objektiven gefüllter Tasche durch die einsamen Wälder und wünsche Fuchs und Hase eine gute Nacht. An LKW vorbei schiebt man den müden Wagen, mit müden Augen, wenigstens scheint die Sonne, dann sieht die Oder-Metropole Frankfurt nicht ganz so grau aus, ach ja, diese großstädtischen Vorurteile gegenüber allem anderen, diese kleinbürgerlichen Bildnisse von der Unvollkommenheit der Dinge außerhalb seines eigenen Dunstkreises, auch ich habe schon einmal Menschen nach ihrem Autokennzeichen beurteilt, nun werfe jemand bitte den ersten Stein. Die Jungs aus Eisenhüttenstadt, nein, ich verkneife mir meine Bemerkung, ich will doch gar nicht so sein, vielleicht sollte man eher hingehen und sagen, aber, man kann sich nicht um alles kümmern. Und während der Ball läuft und unermüdlich gerannt wird, setzt man zur Analyse an, das Spiel, die Menschen, überhaupt alles wird analysiert und eingeordnet, vielleicht kann man es noch einmal verwenden. Später kickt man selbst, immer noch müde und zerknirscht vom falschen Frühstück, lustlos auf dem verschneiten Bolzplatz mit der Zukunft des deutschen Fußballs herum, dahinten irgendwo fließt die Oder, in der gebrochenes Eis schwimmt, große, dicke Eisschollen, die langsam in der Mitte treiben („Bootsmann auf der Scholle“), auf der Brücke steht jemand und macht ein Foto, denn das Licht ist gut und das Motiv sehr winterlich, hinter der Oder liegt Polen und hinter Polen kommt dann eine ganz andere Welt, fern und verschneit und viel Gas in der Erde und in Rohren, das noch mehr Geld bringen soll und da man dort nicht hin möchte, dreht man um, am Wendepunkt und macht sich auf den Weg in Richtung Ende eines Tages, der hoffentlich wacher endet, als er angefangen hat.
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