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![]() Sonntag, letztens, aufgeschrieben Kunstvoll will man klingen und klingt am Ende wie eine Mischung aus Charlotte Roche, Friedrich Nietzsche und Theodor Fontane. Sagt zumindest die FAZ und die muss es wissen. Dabei sollte man gar nicht klingen, sondern das Leben genießen, sonntags beispielsweise. Um sieben aufstehen, kaum das der Morgen graut, und denken: Ach, mir graut es schon vor morgen. Also das Heute genießen. Die Blätter der Büsche hinterm Haus werden gelb, der Baum gegenüber wird rot, vor Scham, weil er so nackt herum oder auch nur, weil der Herbst vor der Tür steht ("Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da ..."). Dabei riecht es doch gerade so schön nach Frühling. Aber die Gänse ziehen, schnattern dabei, als wäre der Vogelzug die einfachste Sache der Welt, nur ein bisschen durch die Gegend fliegen, düsen, jetten, meilenweit, ohne Rast und ohne Pause. Alles ganz easy. Na gut, ein wenig riecht es doch schon nach Schnee. (Auf der Festplatte ein Foto, das einen Waldbrand irgendwo an der Mittelmeerküste zeigen könnte.) Immer wieder, alle paar Wochen, kriecht man durch die Natur (den Garten), der man ein wenig Form und Kultur abgerungen hat (meint man), ein paar künstlich gezüchtete und gepflanzte Pflanzen, umgeben von ein paar Steinen und Steinchen, und die Natur hat nichts Besseres zu tun, als den ihr mühsam abgenommenen Raum wieder zurück zu erobern, sich wieder zurück zu holen, was Menschenhand ihr nahm. Am liebsten sind mir dabei die Brennnesseln, sehr verwurzelt, widerstandsfähig, zäh und man kann sie wieder mit drei N schreiben und sie sind so gesund, behauptet jedenfalls das allwissende Internetz, aber auch meine Oma schon. Wichtig ist: Handschuhe tragen, sonst weint man einen ganzen Sonntag lang. (Viel zu wenig gelesen, viel zu selten Selbstgespräche.) Es wird sowieso viel zu viel geweint. Der Mann kann damit auch gar nicht umgehen, wenn Menschen anfangen in Telefone zu schluchzen (vorzugsweise Frauen), wenn Stimmen anfangen zu zittern, Worte verschluckt werden, ja, wo soll er dann hin, der hilflose Mann, einfach auflegen? Ähm, nein, das verbietet die Höflichkeit, der Anstand, er hört also zu. Um dieses dann aber zu verarbeiten, die Traurigkeit der Dinge, die man weder ändern, noch ins rechte Licht rücken kann, hat man (in der christlich-jüdischen Gemeinschaft, sagt man doch heute so) den Sonntag erfunden, der den vom Alltag Traumatisierten Zeit geben soll, sich zu sammeln, irgendwas zu finden (Gott, Garten, Frühschoppen), sich mit Dingen zu beschäftigen (Stuttgart, Hartz, Bundesliga) und so weiter. Auszeit. Oder doch nicht. (Wohl dem, der ein gemütliches Sitzmöbel hat.)
1687 Der rasierte Mann. Arbeitstitel eines Romanfragments. Ein Wiedergänger stolpert durch die post-postmoderne Welt und versteht nicht, dass es Frauen gibt, die von Nasen- bis Zehenspitze komplett enthaarte Männer irgendwie anziehend finden. # Politik, ist die Rache der Sith. # Die digitale Welt. Je länger man in ihr lebt, umso deutlicher muss einem werden, wie komplex, unübersichtlich, intransparent und sicher auch gefährlich diese Welt ist. Beispiel: Mein Telefon weiß auch ohne aktiviertes GPS immer genau, wo ich bin. Natürlich nicht auf den Meter genau, aber immerhin so genau, dass ich sowohl real als auch auf dem Bildschirm des Telefons die nächste zu überquerende Seitenstraße sehen kann (augmented reality?). Realität und virtuelle Welt überlagern sich also, ohne mein Zutun. Und wenn das Telefon schon weiß, wo genau ich bin, dann können das doch auch andere wissen? Und so wird man paranoid. Überhaupt: Das Leben verlagert sich immer weiter in diese digitale, virtuelle Welt. Kontoauszüge, Rechnungen, wichtige und weniger wichtige Informationen, alles mögliche wird nur noch digital ausgetauscht (Kostengründe! - als würde nunmehr alles billiger), in virtuellen Postfächern gesammelt, in unbeschreibbaren Wolken gespeichert und verarbeitet, nichts ist mehr physisch greifbar, man kann es nicht mehr aus dem Schrank holen und in die Hand nehmen, erfahrbar machen, nachschlagen, alles findet nur noch zwischen Bildschirm und Tastatur und Telefonleitungen statt. Und was bleibt vom Menschen, wenn alles in diese Welt transferiert ist? (Natürlich mag ich diese Welt, ihre Unbegrenztheit, die Fülle an Möglichkeiten, die einzigartig sind, wenn man mit ihnen umgehen kann. Trotzdem bleibt immer ein mulmiges Gefühl, wenn man sie hier und da betritt und sich fragt, welche Spuren man hinterlässt und welche Schlüsse andere daraus ziehen. Siehe auch und auch.) # Das Kind, dass sich auf Lomographie spezialisierte. Sehen, wie er die Welt wohl sieht. (Ganz schön quer.) # Wenn man morgens um sechs die Oranienburger entlang läuft, scheint es so, als wäre hier nie etwas gewesen. Keine Sauftouren, kein Straßenstrich, keine belebten Bars und Clubs, keine Touristengruppen auf der Suche nach dem touristischen Zentrum Berlins, das irgendwo am Hackeschen Markt vermutet wird, nichts deutet auf buntes, wildes Treiben hin, übrig geblieben sind nur ein paar Autos mit Menschen auf dem Weg ins Büro, ein paar Polizisten vor der Synagoge, ein paar einsame Gestalten, die still den Gehweg entlangmarschieren, ein paar Vögel, die sich vom Monbijou-Park in Richtung Sonnenaufgang aufmachen, um ihr Tagesgeschäft zu erledigen. Dieses Berlin, wie es einem gefallen kann, der die Einsamkeit liebt und auch - aus unerfindlichen Gründen - diese Stadt. # Na ja, doch ganz schön plemplem, so innerlich.
Kultur ist auch nur ein Wort Viele Jahre versuchten sie mit den Standortfaktoren Clubkultur, Komasaufen und Kreativgedöns Berlin als Party-Metropole zu positionieren, als Abschlepp- und Abhott-Location für die Jugend der Welt. Zu guter Letzt pries Bonmot-Bürgermeister Wowereit höchstselbst seine Stadt mit dem Slogan "arm, aber sexy" einer geizigen, geifernden Besucherschar an. Ein Motto wie für einen Flatrate-Puff. Die Wahrheit - Die Rache der Spanier
Im Kreis laufen Tage, an denen man schon kurz nach dem Aufwachen von komischsten Gedanken getrieben wird. Liegt wohl am falsch gestellten Wecker. Und nachts schrieb jemand eine SMS, dass es immer noch schön warm sei, am Mittelmeer, nur stürme es ab und zu ein wenig. Schöne Vorstellung, rauschende Brandung, warmer Wind. Wäre es doch nur auf Rügen so. Draußen ist es zappenduster, ginge man hinaus, verschluckte einen das schwarze Loch des Spätsommers, Frühherbstes, wie immer man diese Übergangszeit nennen möchte. Altweibersommer, Spinnen im Haar. Achso, man hat ja doch nach draußen zu gehen. Der Hund knurrt bereits vorwurfsvoll und man vergleicht Tier und Kinder, beide sind bisweilen mürrisch. Man kennt das von sich selbst. Und Nachrichten ermüden, hört man sich sagen, die ganze Welt ermüdet manchmal, gut ist sie aber nicht, die Welt und die steigende Wahrnehmungslosigkeit, man wird teilnahmslos und wer teilnahmslos ist, schließt sich aus. Aber, könnten wir nur den ganzen Tag im Bett liegen, statt dieses zu tun oder jenes, statt Telefonhörer abzunehmen - wobei das ein Anachronismus ist, denn niemand nimmt mehr Telefonhörer ab oder dreht Wählscheiben, man telefoniert mit Tastaturen, ohne Kabel, vorbei, die schöne alte Zeit - und dumm zu labern, statt eins und eins zusammen zu zählen und auf korrekte Rechtschreibung zu achten, statt Spaten zu schwingen und Schubkarren zu schieben, statt zu jammern, dass man nicht mehr im Bett liegen könnte um sich Dingen zu widmen, für die man den Helm auch mal absetzen kann. Verträumt aus dem Fenster schauen, während der Staubsauger läuft. Auf den Haselnussbäumen hinterm Haus hüpft ein einsames Eichhörnchen hin und her und hin und her, eifrig rennt und springt es durchs Gebüsch, immer auf der Suche nach einer leckeren Nuss, von denen es hier reichlich gibt. Es hat einen fröhlichen Gesichtsausdruck, das Eichhörnchen, keine Sorgenfalten auf der Stirn, keine Augenringe, keine ausgebeulten Tränensäcke, kein graues Haar im buschigen Schwanz. Ach, denkt man, wäre ich doch nur ein putziges kleines Eichhörnchen, ich würde Nüsse knacken und Nietzsche lesen, durch Wipfel streifen und Eichhorndamen nachstellen, um mit der schönsten einen Kobel zu bauen, in dem man dann liegend Regentage verbringen kann. Und am Ende landet man wieder dort, wo man schon ist.
Mal was sagen dürfen Man wird doch wohl noch was sagen dürfen, schreits direkt vom Käseblatt und die Käseblattverkäuferin hat sich auch schon prächtig geschmückt, heute trägt sie ein besonders glitzerndes Piercing im Dekolleté, ja, Männer schauen da hin, das liegt in ihrer Natur. Ansonsten ist sie kein Blickfang, Mann muss ihr nicht ins Gesicht schauen, anders als einst Chantal K. Wird man doch wohl noch mal sagen dürfen. Ich allerdings kaufe kein Käseblatt, sage ich und gehe weiter zum besagten Bäcker, da gibt es Käsebrötchen und die sind lecker. Das ist Samstagmorgenpoesie. Statt nun aber dieses Buch zu lesen ("Deutschland schafft an" oder so ähnlich), von einem, der doch schon immer unbequeme Wahrheiten schonungslos aussprach ("Man braucht keine Heizungen, nur warme Pullover!"), die ja sonst niemand aussprechen darf, weil alles so politisch korrekt sein muss heutzutage (und früher alles besser war), begebe ich mich zum lokalen Fußballverein (auch so eine Spinnertruppe), nur mal so, um ne Wurst zu essen und doof in die Gegend zu schauen und zu quatschen, zum Beispiel mit einem von den guten Migranten, einem Engländer, der sich zwar irgendwann mal eine Englandfahne aufs Bein schweißen ließ, aber sonst ganz passabel deutsch spricht. Und beklaut hat er mich auch noch nicht. Flucht in die Muckibude, wo sich die Elite trifft, die endlich aussprechen darf, was so lange nicht gesagt werden konnte. Schlecht integrierte Migranten riechen schlecht und dumm sind sie sowieso, das muss so sein, wenn man aus wüstener Einöde stammt und nicht aus dem Land der flatscreengestählten Intelligenzbolzen, die in Vierraumvollkomfortwohnungen (elfter Stock im Elfgeschosser) wohnen und nicht in Höhlen, in denen höchstens finsternes Mittelalter ("Die wissen doch nichma watn Mülleimer iss") herrscht. Und jeder packt eine Geschichte aus, die jedes Vorurteil untermauert, jeder kennt einen, der einen kennt, dem schon dieses oder jenes widerfahren ist, alles schreckliche Geschichten, von schrecklichen Menschen und selbst in der FAZ kommentiert man schon wie auf Welt.de, willkommen in Deutschland, denk ich dann und versuche wegzurennen, auf einem Laufband, wohlgemerkt.
1667 Der M. ist nicht wie Frau B., obwohl er ihr wie aus dem Gesicht geschnitten scheint. Doch anders als Frau B. ist der M. kommunikativ eher zurückhaltend, zumindest in fremder Umgebung. Das hat er wohl vom Vater, sagten auch schon einige. Der wiederum behauptet, eine Kommunikationsstörung bei sich nicht erkennen zu können, er kommuniziert eben nur, wenn er will und dann auch nur mit ausgewählten Personen. Und manchmal will er gar nicht. (Wobei man nun einwenden könnte, dass man ja gar nicht nicht kommunizieren könne, wie einem mal gelehrt wurde, aber was wussten die schon vom M. und Herrn B.) Der M. jedenfalls ist also anders, so wie alle anderen anders sind, außer denen, die sich gern in großen Gruppen zusammen finden, um großflächig zu kommunizieren und auch herabzublicken, auf die anderen, die anders sind. (Neueste Regel im rauschenden Blätterwald: Irgendein dämlicher Sarrazin findet sich immer.) Allerdings sollte man das alles nicht überbewerten, neue Situationen schüchtern Menschen immer ein wenig ein, wir analysieren das noch einmal in zwei, drei Monaten. (Vererbungskryptik, Familienpolitik im Kleinen, man fragt sich ja schon manchmal, wo so manches Verhalten herkommt, wenn es nicht dem üblichen Umgang miteinander entspricht.) # Menschen, die von sich behaupten, mit irgendwelchen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verwandt zu sein. Man glaubt die Geschichten ja erst einmal. # In einem anderen Leben werde ich Wetterbeobachter. Ich sitze von früh bis spät in der Spitze eines kleinen Turms - ein gemütliches Plätzchen mit Rundumblick, vor allem aufs Meer - und wenn das Wetter wenig zu bieten hat, vervollständige ich meine Aufzeichnungen, gleiche sie mit den Aufzeichnungen anderer Wetterbeobachter und mit den neuesten Erkenntnissen der Wetterbeobachtungswissenschaft ab, ziehe meine eigenen Schlüsse und abends steige ich die lange Wendeltreppe hinab, glücklich und zufrieden, mit Vorfreude auf den nächsten Tag, der auch wieder das eine oder andere Wetter bieten wird. # Statistik, auch so ein beklopptes Hobby. # ![]() (Sie wissen schon, Gregor Samsa und so.) # Wie gerne ich doch "Moby Dick" las und dabei ab und zu aufs Meer schaute, auch in der Hoffnung, vielleicht einen Wal blasen zu sehen oder einen verrückten Kapitän, auf der Suche nach seinem Schicksal.
Wolkenkuckukcksheim Ach, wunderbare Stille. Was soll man auch sagen, nach so vielen Tagen? Nur Intimes gäbe es zu berichten, Dinge, die ich in mein kleines rotes Buch geschrieben hätte, das verschlossen im Schrank liegt, hinten links, irgendwo, hätte ich etwas aufgeschrieben. Habe ich aber nicht. Im Prinzip nichts anderes getan, als Vier zu sein. Versteckt, hinter den sieben Bergen, bei sieben netten kleinen Zwergen, sogar ein Schneewittchen hat sich mit uns versteckt, eine Prinzessin, hübsch anzusehen, aber gefährlich, wie schöne Frauen nun einmal sind. Fragen Sie mich, ich weiß Bescheid, in einer Festung habe ich die Eine versteckt, denn auf die Eine muss man ganz besonders aufpassen, sonst kommt sie noch abhanden. ![]() Schön war es, in Wolkenkuckucksheim, im Geheimversteck der Familie B., farbenfroh, warm und abgeschieden, weit weg von Gut und Böse, nicht einmal die Bild schaffte es dorthin, nur ein paar versprengte Gestalten aus der fernen Heimat, die Unvermeidlichen, mit denen der Zugang zum Meer geteilt werden musste, dazu noch ein paar ausgehungerte Katzen, zirpemde Grillen nach Sonnenuntergang, ein paar Mücken, sonst nichts. Sternenhimmel, brechende Wellen, ein bisschen Wein, ein bisschen Weib, ein bisschen Gesang, liegen, lesen, lachen, ach, war es nicht schön, in Wolkenkuckucksheim? ![]() Und ab jetzt wieder alles anders. Wie gehabt.
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![]() ![]() (geborgt bei flickr)
Online seit: 08.02.2006
Letzte Aktualisierung: 03.06.2024, 07:57 Links: ... Home ... Blogrolle (in progress) ... Themen ... Impressum ... Sammlerstücke ... Metametameta ... Blogger.de ... Spenden Archiviertes:
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