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Farbig

Grau. Farblos. Und dann das Cubix am Alex. Eine große Leinwand, darauf ein Berlinale-Dauerprogramm. Nee, denke ich, auch damit kann ich nichts anfangen und mir fällt Benn ein, der über Kunst und Kulturbetrieb sprach, das passt hier irgendwie. Diese Differenz zwischen Künstlern und dem Trara, das gern um sie herum veranstaltet wird. Ich sehe das Kino, die Bilder auf der Leinwand (es ist wohl eher so ein großer Flatscreen, aber Leinwand kommt mir passender vor) und ich sehe die uninteressierten Gesichter der Menschen an der Haltestelle. Gierig schauen sie nach einer Bahn, sie wollen unbedingt einen Platz ergattern, sitzen, schwatzen, ich höre sie allerdings nicht, denn ich schaue in das aufgeschlagene Buch auf meinen Knien oder aus dem Fenster und forme in Gedanken einen Blogbeitrag. So ist das inzwischen.

Vor dem Cubix sitzen, stehen Interessenten. Sollen sie, denke ich. Sollen sie begeistert sein, diskutieren, toll finden oder ablehnen, dafür ist Freiheit ja da. Nicht meine Welt. Ist das Ignoranz? Dummheit? Hat sich inzwischen Kleingeist in meine Hirnwindungen geschlichen? Wie sieht überhaupt meine Welt aus? Eingeschränkt. Zeitlich, sowieso. Und sonst? Ich komme ins Grübeln. Da gibt es nicht viel. Jedenfalls aus Sicht der Erlebnisgesellschaft, mein Leben ist kein Adventurepark, immer alles neu, neu, neu. Und immer mehr, viel mehr. Neu sind vielleicht die Anwandlungen der Kinder. Oder der Liebsten. Eine Krankheit vielleicht. Schwer oder nicht schwer? Väter sollten immer besorgt sein. Überhaupt, Vater, immer noch komisch. Was wird von einem erwartet? Und dann: Ärgern die dich in der Schule? Nein? Dann ist gut, denn sonst hätte ich wohl eingreifen müssen. Würdest du das wollen? Ein schwieriger Punkt. Diese und andere wichtige Überlegungen lassen nicht viel Platz für mehr. Stundenlange Besuche irgendwo, wasweißich, Galerien, Bibliotheken, schlendern und langsam sein. Ärgerlich, manchmal, und dann ab und an eine kleine Depression. Und dann stürzt man sich in Arbeit. Erledigt sogar solche, die man wochenlang vor sich hin schob, vor allem unangenehme. Ein gutes Gefühl stellt sich ein, du hast etwas getan. Wenigstens das. Ein wenig Farbe füllt inzwischen das Bild und die Bahn rauscht weiter über die altbekannten Schienen.
 
Mi, 13.02.2008 |  # | (492) | 4 K | Ihr Kommentar | abgelegt: haltestellenkino



 
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Letzte Aktualisierung: 03.06.2024, 07:57


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