Hier, Berlin Schon am Morgen hat sich dieses unbeschreibliche Berlin-Gefühl eingestellt. Eine Mischung aus Euphorie und Melancholie, herbstlich, Erinnerungen an Novembertage, die Welt scheint von einer dünnen Schneeschicht überzogen, obwohl bereits Vögel fröhlich vom Frühling singen und die Luft von einer frühlingshaften Lauigkeit erfüllt ist. Einen Großteil des Lebens in dieser Stadt verbracht, das bedeutet Zerrissenheit, gleichzeitige Liebe und Abneigung, Freude und Trauer. Ständig ist man versucht, auch nur jeden Anflug von Feindlichkeit gegen diese Stadt rigeros abzuwehren, sich schützend vor sie zu stellen, es ist doch alles nicht so schlimm, jedenfalls nicht schlimmer als anderswo, was Sie immer gegen Berlin haben, manchmal kommt es mir so vor, als gäbe es einen kollektiven, unterbewussten Beißreflex, wütende Ablehnung als Resultat engstirniger, kleinbürgerlicher Spießigkeit, aber das ist auch nur so ein Gefühl. Auf der anderen Seite gibt es diese ganz eigene Abneigung gegen diese Stadt, gegen alles andere, gegen jedes hier und jetzt, gegen Menschen, die nur so tun, als wären sie das, was sie vorgeben zu sein, Flüchtlinge, Gestrandete, von sich selbst Überzeugte, Menschen, die mir sagen, wie ich zu sein habe und dann dieses ständige müssen, müssen, müssen, das einem hier so oft vorgehalten wird und die Hektik auf den Bahnhöfen und dazu diese panische Angst, man könnte am Ende etwas verpassen oder gar out of order am Rande der Gesellschaft enden, in Neukölln oder Reinickendorf oder Marzahn. So ist das hier. Das ist das Berlin-Gefühl. Und dann Bloggen: Man regt sich auf oder erlebt irgendwas, das einen irgendwie nur persönlich interessiert und was sonst kaum einer hören will oder freut sich über die kleinen Alltäglichkeiten oder oder oder. Und dann bloggt man einfach drauf los. Irgendwie.* Das stimmt auch heute noch und morgen auch und am Ende zählt das ganz eigene Gefühl, völlig abgehoben von allem anderen, unwichtig das, was andere scheinbar von einem erwarten, aber vielleicht erwartet auch niemand mehr etwas, ja, das wäre das Beste: Keine Erwartungshaltung, hinnehmen, was hingenommen werden kann und darf und alles andere ignorieren, ohne dabei die Offenheit zu verlieren, die ja doch notwendig ist, um neue, schöne, bewegende Dinge zu entdecken. Und jetzt weiter mit heiterer Musik (nein, aber nein, das ist hier keine Beerdigung).
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(geborgt bei flickr)
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Letzte Aktualisierung: 03.06.2024, 07:57 Links: ... Home ... Blogrolle (in progress) ... Themen ... Impressum ... Sammlerstücke ... Metametameta ... Blogger.de ... Spenden Archiviertes:
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