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Hafen der Glückseligkeit

Eigentlich wollte ich diesen riesigen Beitrag mit dem Song "The Joker" einleiten, Sie wissen schon "Some people call me the space cowboy, yeah" und so, allerdings wusste ich nicht so recht, warum eigentlich. Schließlich geht es nicht um den "Gangster of Love", sondern um die Wiederentdeckung des Schrebergartens, ja, im wesentlichen um: Holzkohlenentschleunigung. Oder so.

Der Boden ist ziemlich trocken, die Erde verklumpt in von der Sonneneinstrahlung ungeschützen Ecken zu dicken Brocken, trotzdem wuchert in diesem Jahr der Löwenzahn wie verrückt, aus dessen Blüten könnte man auch Löwenzahnhonig herstellen, so jedenfalls behaupte ich es gegenüber den Kindern. Alles sprießt, wächst und gedeiht, Ackerbau ohne Viehzucht, die zwei Rebstöcke am Haus, für sie muss ich mir noch etwas einfallen lassen, anders beschneiden vielleicht, aber das auch erst im Herbst, Gartenschläuche schlängeln sich wie Riesenschlangen über den kargen Borden. Die Liebste stiefelt wie verrückt durch ihre selbstgestalteten Beete, alles ist liebevoll angerichtet, Steinmosaike auf Sand, mit einer gestalterischen Kreativität, die mir oftmals fehlt, Gartenkünstlerin. Ein Kräutergarten fehlt, der könnte doch hier hin kommen, ein sonniges Plätzchen für Tomaten und gut, dass die Hecke so hoch ist, da können wir in Ruhe rumliegen und ungestört lachen oder weinen oder so.


Als mich die Liebste im Winter vor zwei Jahren durch unzählige Kleingartenanlagen schleppte und von Idylle und Entspannung schwärmte, von einem Plätzchen an der Sonne, nur für uns und Urlaub von der Großstadt in der Großstadt, da maulte ich gequält herum und mochte diese Idee überhaupt nicht. Niemals. Vereinsmeierei, erzwungenes Beisammensein mit anderen, Nachbarn und Zäune, Maschendrahtzaun und Knallerbsenstrauch, unsinnige Verpflichtungen, kleinbürgerliche Piefigkeit schreckten mich ab, außerdem noch eine feste Bindung und dann müssten wir Gemüse anbauen und Obstbäume beschneiden und überhaupt stank mir diese ganze Kleingärtnerei, weil ich von Vorurteilen zehrte, mein schwarz/ weiß - Bild pflegte ich beflissen. Die Macht der Frauen, denke ich mir manchmal, sie ist nicht nur verführerisch, Mann beugt sich ihr und merkt dann oft, wie gut und weise manche Entscheidungen doch war, mir geht es jedenfalls oft so, hinterher bin ich ganz still und leise und freue mich, dass ich nur so ein kleines bisschen rebelliert habe. Und dann lobe ich und bedanke mich.


Nun liege ich also unter dem Apfelbaum und lese Zeitung, das Radio läuft und die Kinder spielen Cowboy und Indianer oder Fußball oder rennen durch Wasserpfützen, ab und zu segeln weiße Blütenblätter herab, mitten in den Bauchnabel oder in die Haare, es schneit, es schneit, höre ich helle Kinderstimmen und wir sehen lustig aus, irgendwo wird Rasen gemäht oder gegrillt oder laut gelacht, na und? Vorurteile haben sich bestätigt, man meiert sich so durch, im Verein, bei der Gartensuche wurden wir beobachtet und begutachtet. Wollt ihr das? Könnt ihr das? Assessment center im Vereinsheim, bei nem Bierchen und nem Kurzen, am Ende der obligatorische Handschlag und heute regt sich der Vorsitzende über die Beat-Musik auf, die aus der nahen Schule schallt, Bandproben am Wochenende, irgendwas mit Schlagzeug, Bass und Gitarre, yeah. Es gibt sie, die piefigen Kleinbürger, die Zaunwarte, die penibel auf die Einhaltung von Ruhezeiten achten und überhaupt Regeln, na ja, gibt es ja auch im Straßenverkehr und überall sonstwo, wir bewegen uns durch eine geregelte Welt. Trotzdem ziehen wir nun oft und regelmäßig ein, in unseren Hafen, unseren ganz persönlichen Kollwitzplatz, nur für uns allein, lassen die anderen anders sein, liegen herum und trinken Bier, wie kleine Spießer, oder Kaffee mit Latte, harken den Boden und mähen den Rasen (Kein englischer!) und ab und zu lassen wir uns zu einer Wasserschlacht hinreißen, mit Wasserbomben und Wasserpistolen und lautem Jauchzen, natürlich nur außerhalb der Ruhezeiten. Schließlich halten wir uns an die Regeln.
 
Mi, 02.05.2007 |  # | (570) | 7 K | Ihr Kommentar | abgelegt: blogosophie



 
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